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mit Ol ist im Interesse der leichteren Reinigung
sehr praktisch. Neuerliche Versuche, den Fußboden
von Zeit zu Zeit mit Stauböl zu tränken und da-
durch die Staubentwicklung zu verhindern, haben
gute Resultate ergeben. Die Fenster müssen mög-
lichst hoch und breit sein, ihre gesamte Lichtfläche
soll mindestens ½ der Fußbodenfläche des Schul-
zimmers betragen. Die Lage nach Osten oder
Süden gilt als die beste, gegen direkte Sonnen-
strahlen schützen Vorhänge aus ungebleichter Lein-
wand. Das Licht falle den Kindern nur von einer
Seite zu, und zwar wird durch die Aufstellung
der Schülertische bewirkt, daß es von links ein-
fällt. Die Fenster sind mit Vorrichtungen ver-
sehen, durch welche sich die Lüstung auch während
der Schulstunden herbeiführen läßt, ohne daß die
Kinder direkt von der Zugluft getroffen werden.
Dochist diese Lüstung meist unzureichend künstliche
Ventilationseinrichtungen erscheinen für Schul-
zimmer unbedingt erforderlich. Die Heizungsvor-
richtung gewährleiste eine gleichmäßige Luftwärme,
ohne daß die Luft dadurch zu trocken wird. Für
die Bänke und Pulte ergibt sich die Schwierigkeit,
daß sie zugleich Stehen und Sitzen, letzteres auch
in der Schreibhaltung ermöglichen sollen. Am
meisten in Aufnahme kommen in letzter Zeit zwei-
sitzige Bänke, die für das Sitzen beim Schreiben
berechnet sind (also Minusdistanz besitzen). Sollen
die Schüler stehen, so treten sie neben die Bank.
Die Höhe der Bankteile muß derart bemessen sein,
daß die Kinder bequem sitzen können und ihre Ge-
sundheit keinen Schaden leidet. Die Bänke sind
mit Tintenfässern zu versehen. Riegel und Haken,
um die UÜberkleider der Kinder aufzubewahren,
sind, wenn irgend möglich, nicht im Schulzimmer
selbst, sondern im Korridor oder einem besondern
Kleiderzimmer anzubringen. Die Zugänge zu den
Klassenzimmern müssen hell, breit, luftig und
feuersicher sein. Holztreppen und Holzfußböden
sind also in größeren Schulhäusern zu vermeiden.
Vielklassige Schulhäuser enthalten außer den
Klassenzimmern häufig noch eine Aula für die
Schulfeste, ein Lehrerzimmer, ein Kartenzimmer,
einen Raum für den physikalischen und chemi-
schen Unterricht, einen Zeichensaal. Letzterer und
ein besonderer Raum für Handarbeitsunterricht
sind in Frankreich für jede vier= und mehr-
klassige Schule Vorschrift. Neuerdings sind in
manchen Schulen Badeanlagen eingerichtet. Wo
der Haushaltungsunterricht der Mädchen und der
Handfertigkeitsunterricht der Knaben fakultativ
oder obligatorisch erteilt wird, sind die Schul-
häuser mit Arbeitsräumen dafür versehen. Das
Bestreben, im Interesse der Geldersparnis mög-
lichst große Schulhäuser zu errichten, ist vom
Standpunkt der Schule aus bedauerlich. Zu jeder
Schule gehören dann noch die nötige Anzahl von
Aborten, und zwar für Knaben und Mädchen ge-
trennt. Ein Spiel= und Turnplat ist fast überall
vorhanden. Turnhallen finden sich namentlich an
den Stadtschulen für das Turnen im Winter. Ein
Volksschulen.
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Schulgarten ist nur selten vorhanden, obgleich
seine Wichtigkeit namentlich für Stadtschulen als
erwiesen betrachtet werden kann. Mit den meisten
Schulen ist eine Lehrerwohnung verbunden, oft
sind mehrere vorhanden. Es ist empfehlenswert,
die Wohn= und Schulräume so weit als möglich
zu trennen. Daß das Schulhaus und alle seine
Nebenanlagen peinlich sauber gehalten werden
müssen, ist vom hygienischen und ästhetischen
Standpunkt aus selbstverständlich. Gegenwärtig
macht sich das Bestreben geltend, es auch zweck-
entsprechend zu schmücken und so auf die Bildung
des Schönheitssinns der Kinder einzuwirken. Lehr-
und Lernmittel sind in den einzelnen Staaten sehr
verschieden. Was in dieser Hinsicht notwendig ist,
läßt sich nicht ohne weiteres feststellen.
9. Die Errichtung und Unterhaltung der
Volksschulen ist in der Regel Sache der Ge-
meinden. Die preußische Verfassung von 1850
schreibt darüber in § 25 vor: „Die Mittel zur
Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung der
öffentlichen Volksschule werden von den Gemeinden
und im Fall des nachgewiesenen Unvermögens er-
gänzungsweise vom Staat aufgebracht. Die auf
besondern Rechtstiteln beruhenden Verpflichtungen
Dritter bleiben bestehen.“ Das Volksschulunter-
haltungsgesetz vom 28. Juli 1906 hat für seinen
Geltungsbereich (also für die ganze Monarchie
mit Ausnahme der Provinzen Posen und West-
preußen) die Volksschulunterhaltung einheitlich den
bürgerlichen Gemeinden und selbständigen Guts-
bezirken überwiesen. In Posen und Westpreußen
sind noch die Schulsozietäten, d. h. die Gesamtheit
der Hausväter, Träger der Schullast. Der Staat
leistetim Bedürfnisfall Ergänzungszuschüsse. Wenn
einer Gemeinde nachweisbar dadurch Mehraus-
gaben für das Volksschulwesen erwachsen, daß Per-
sonen zugezogen sind, die in einer andern Ge-
meinde im Betrieb von Berg-oder Hüttenwerken,
Steinbrüchen, Ziegeleien, Fabriken oder Eisen-
bahnen beschäftigt werden, und diese Mehraus-
gaben einen erheblichen Umfang erreichen und eine
unbillige Mehrbelastung herbeiführen, so kann die
Gemeinde nach einem Gesetz vom 24. Juli 1906
von der sog. Betriebsgemeinde einen angemessenen
Zuschuß verlangen. Diese Bestimmung hat in
vielen Fällen, namentlich in den Industriegegen-
den, außerordentlich günstig gewirkt.
Auch die Aufwendungen des Staats für die
Volksschulen sind in den letzten Jahrzehnten rasch
gestiegen. 1871 gab der preußische Staat nur
1 426 000 Taler für das gesamte Volksschulwesen
aus. Dafür betrugen auch die Lehrergehälter in
Preußen durchschnittlich nur 264 Taler; nur
28 % der Lehrerstellen waren mit mehr als 300
Talern Gehalt dotiert. Durch Falks rastlose Be-
mühungen um die finanzielle Besserstellung der
preußischen Lehrer wurden die Staatszuschüsse für
die Volksschule bis 1877 auf 6 474,000 Taler
erhöht. Unter dem Ministerium Goßler übernahm
der Staat einen Beitrag von 600 Al zu dem