1063 Währungsfrage
münze gleich den sonstigen Silbermünzen, den
Nickel- und Kupfermünzen.
3. Die Silberwährung. Nur Silber ist
Währungsgeld, Silber ist frei ausprägbar und
Silbermünzen allein sind gesetzliches Zahlungs-
mittel, wie das z. B. der Fall ist in Persien und
in China.
4. Die Doppelwährung. Gold und Sil-
ber sind frei ausprägbar, die Münzen aus beiden
Metallen sind volles gesetzliches Zahlungsmittel
und können sich in dieser Eigenschaft in einem
auf einer angenommenen Wertrelation zwischen
Gold und Silber beruhenden Neunwertsverhält-
nis gegenseitig vertreten. Zwar pflegt man zu
sagen, daß in den Ländern der lateinischen Münz-
union: Belgien, Frankreich, Italien, Schweiz,
Griechenland, Doppelwährung bestehe, das ist aber
nur cum grano Salis richtig, weil dort die freie
Silberprägung aufgehoben ist. Gesetzliches Zah-
lungsmittel sind aber im lateinischen Münzbunde
Goldmünzen und die silbernen Fünffrankstücke.
5. Die Parallelwährung. Gold und
Silber sind frei ausprägbar. Die Münzen aus
beiden Metallen sind gesetzliches Zahlungsmittel,
sie stehen jedoch zueinander nicht in einem gesetzlich
festgelegten Verhältnis und können sich daher auch
in der Eigenschaft als gesetzliche Zahlungsmittel
gegenseitig nicht vertreten, so daß alle Zahlungs-
verpflichtungen etwa auf Goldgeld oder auf Silber-
geld lauten müssen.
6. Die Papierwährung. Diese haben
wir dort, wo Papiergeld zum allgemeinen gesetz-
lichen Zahlungsmittel erklärt ist, ohne daß die
Einlösung dieses Geldes in Münzen gewährleistet
wird, wo also Papiergeld Zwangskurs hat. Es
handelt sich hier schließlich lediglich um eine Fort-
setzung der früheren fiskalischen Politik der Münz-
verschlechterung. Der Staat „reguliert“ das Geld-
wesen nicht im Interesse der Volks wirtschaft,
sondern im Interesse der staatswirtschaftlichen
Bedürfnisse. Die Assignatenwirtschaft Frankreichs
zur Zeit der ersten Revolution und manche andere
Beispiele ähnlicher Art haben das deutlich gezeigt,
was auch vernünftige volkswirtschaftliche Uber-
legung sofort deutlich macht, daß eigentliches
Papiergeld auf die Dauer für ein Land verderb-
lich sein muß, zumal die erheblichen unberechen-
baren Schwankungen des Geldwerts dem wirt-
schaftlichen Leben den Charakter des Spiels auf-
drücken müssen.
Die beiden Edelmetalle Gold und Silber bilden
seit Jahrtausenden den Geldstoff katexochen, daß
aber in neuerer Zeit immer mehr das Gold
Aleinherrschaft anstrebte, wurde schon in der vor-
hergehenden Darstellung berührt. Ohne Kampf
ließ sich aber das Silbergeld nicht vom Währungs-
thron stoßen, und dieser Kampf bildet den Inhalt
der sog. Währungsstreitigkeiten. Als Ausgangs-
punkt für die Betrachtung des Streits nimmt man
und Geldwesen. 1064
Durchschnittszahlen für längere Perioden von
1501 bis 1910.
— —————.
2225 2 225 2#5
— ———#
150/20 10, 25 | 1 1 1
152 11 6 0 14.12 „ 1875/80 17.81
1541¼0 11,30 178½1800 15,09 1881/85 18.,63
561/80 1150 1561 18860 21,16
1581/1600%11.80 1811/20 15,51 1891/95 26,32
1601/20 12.25 182180 15,80 1896/1900 33,54
1621/6%%4.00 183¼ 15.75 1901|05 36,12
1641/60 1450 L8 1006 30,54
66½8015 15, 41 1907 31.24
1681/1700%00 1856s60 713.90 1908 38.67
1201/20 1521 186 15.410 1909 39,71
2½41018 1 1 1910 338.23
Die durch diese Zahlen deutlich gemachte Ent-
wertung des Silbers und damit natürlich auch des
Silbergeldes mußte aus manchen Ursachen beun-
ruhigen. Schon 1895 wies Lexis in einem Vortrag,
den er in der Dresdener Gehe-Stiftung hielt, dar-
auf hin, daß die Silberkurantmünzen in Deutsch-
land, die jedermann zu ihrem Nennwert von 3 M
annehmen müsse, innerlich nur noch 1,35 M wert
seien, und dem Bestand an deutschen Talern im
Betrag von etwa 400 Mill. M nominell entspräche
ein Metallgehalt von nur noch 180 Mill. M.
Dazu komme ferner noch, daß wir auch 480 Mill. AI
in Silberscheidemünzen besäßen, die in noch höherem
Grad unterwertig seien, als die Taler und deren
Metallwerte jetzt auf 194 Mill. A gesunken seien.
Demnach schlössen also die im Deutschen Reich
vorhandenen 880 Mill. M Silbergeld einen Kredit-
wert von nicht weniger als 506 Mill. N ein. Mit
dem weiteren Sinken des Silberpreises verschlech-
terten sich diese Verhältnisse in den folgenden
Jahren noch wesentlich. Aber nicht nur wurden
die silbernen Kurant- und Scheidemünzen ent-
wertet, sondern man glaubte auch noch über andere,
volkswirtschaftlich bedeutsame Folgen der Silber-
entwertung klagen zu müssen. Der Silberbergbau
gehe in seinem Wert immer mehr zurück, manche
Privatwirtschaften seien durch Entwertung ihrer
silbernen Schmucksachen und Geräte arg geschädigt
worden, insbesondere aber klagte man, daß die
Ausfuhr nach Silberländern durch die Gold-
währung erschwert sei. Der Exporteur müsse mit
Gold bezahlen, erhalte selbst aber nur minder-
wertiges Silber. Und eine diesem Argument ent-
sprechende Ergänzung vom Standpunkt des Im-
ports machten sich insbesondere die Agrarier zu
nutze, infolge Sinkens des Silberwerls seien Ge-
treide exportierende Silberländer für ihre Getreide-
ausfuhr prämiiert, die Not der Landwirtschaft er-
kläre sich mit aus dieser Tatsache. Auch das
glaubte man befürchten zu müssen, daß bei allge-
meiner Durchführung der Goldwährung eine Ver-
teuerung des Geldes durch Goldknappheit, d. h.
allgemeine Preisreduzierung früher oder später zu
erwarten sei, wovon wiederum insbesondere die
landwirtschaftlichen Interessenten glaubten betroffen
am besten eine statistische Darstellung des Wert- zu werden. Man glaubte aus solchen Befürch-
verhältnisses zwischen Silber und Gold.
tungen den Schluß ziehen zu müssen, daß der