Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Staaten. Sollte aber ein solcher Währungsbund 
auch wirklich zustandekommen, so wäre doch kaum 
Gewähr dafür geboten, daß der internationale 
Vertrag zu Zeiten internationaler Verwicklungen, 
also dann, wenn gesicherte volkswirtschaftliche 
Verhältnisse besonders wünschenswert wären, auch 
gehalten würde. Schon die Möglichkeit, daß sich 
daraus Gefahren ableiten könnten, würde die 
finanzielle Mobilmachung erschweren. Und schließ- 
lich kann man diejenigen, die immer noch mit 
Angst und Bangen daran denken, daß in Zukunft 
einmal zu wenig Gold für Währungszwecke zur 
Verfügung stehen würde, damit beruhigen, daß 
man ihnen sagt, bei eintretender Goldknappheit, 
die jedenfalls erst in ferner Zukunft, wenn über- 
haupt, zu erwarten ist, würde es bedeutend leichter 
sein als heute, eine bimetallistische Weltwährung 
einzuführen, wenn vorher alle Länder zur Gold= 
währung übergegangen sind. 
IV. Die staatliche Ordnung des Geld- und 
Münzwesens in Deutschland. Als 1871 das 
Deutsche Reich geschaffen werden sollte, gab es in 
seinem Gebiet einschließlich Elsaß-Lothringen 
sieben verschiedene Münzsysteme, und dazu kam 
ein ungemein bedenkliches Papiergeldwesen; mehr 
als 140 Arten papierener Wertzeichen, Banknote, 
Papiergeld befanden sich damals im Deutschen 
Reich im Umlauf. Schon bei der Gründung des 
Norddeutschen Bundes erkannte man es als eine 
der wichtigsten Aufgaben, nunmehr im deutschen 
Gebiet, so weit wie möglich neben dem Maß= und 
Gewichtssystem auch das Münzwesen einheitlich 
zu ordnen und feste Grundsätze zu normieren über 
die Emission von fundiertem und unfundiertem 
Papiergeld. Die diesbezüglichen Bestimmungen 
der Verfassung des Norddeutschen Bundes wurden 
in der Verfassung des Deutschen Reichs wieder- 
holt. Praktisch und theoretisch suchte man der 
Neuordnung des deutschen Geldwesens vorzu- 
arbeiten, praktisch insbesondere dadurch, daß man 
der Papiergeldausgabe energische Schranken zog 
durch das Gesetz über die Ausgabe von Banknoten 
vom 27. März 1870 und durch das Gesetz über 
die Ausgabe von Papiergeld vom 16. Juni 1870. 
Sodann suchte man theoretisch durch eine „Enquete 
über die bei der Ordnung des Münzwesens in 
Betracht kommenden Verhältnisse“ die nötigen 
Unterlagen für die Münzreform zu erhalten. Das 
Resultat der vereinten Bemühungen war zunächst 
ein Gesetz betreffend die Ausprägung von Reichs- 
goldmünzen, das am 4. Dez. 1871 veröffentlicht 
wurde und in dem man schon insofern die Gold- 
währung erklärte, als die Ausprägung von Reichs- 
goldmünzen zu 10 und 20 dAl. sowie die Ein- 
ziehung der bisherigen Goldmünzen angeordnet 
wurde, wobei der Reichskanzler die Ermächtigung 
erhielt, die bisherigen groben Silbermünzen der 
Bundesstaaten einzuziehen, die fernere Ausprägung 
von andern Goldmünzen sowie aller groben Silber- 
münzen untersagt wurde und den neuen Reichs- 
goldmünzen nach dem Wertverhältnis von 15 / 1 
Währungsfrage 
  
  
und Geldwesen. 10 68 
von Gold zum Silber die Eigenschaft gesetzlichen 
Zahlmittels beigelegt wurde. Es folgte alsbald 
das entscheidende Münzgesetz vom 9. Juli 1873, 
dessen Zweck nach den Motiven war, „im An- 
schluß an das Gesetz vom 4. Dez. 1871 die Aus- 
prägung der nicht in Gold herzustellenden Münzen 
des Marksystems anzuordnen und die gesamte 
künftige Münzverfassung Deutschlands auf der 
Grundlage der Reichsgoldwährung und Mark- 
rechnung definitiv zu regeln“. Dieses Münzgesetz 
hat sich im großen ganzen unzweifelhaft bewährt, 
wenn auch wiederholt Anderungen, teils Ver- 
besserungen teils Verschlechterungen, im Lauf der 
Jahre vorgenommen wurden, bis dann schließlich 
auf Wunsch des Reichstags die verschiedenartigen, 
bisher das Münzwesen regelnden Gesetze in einem 
neuen Münzgesetz vom 1. Juni 1909 zusammen- 
gefaßt und geordnet wurden. Der grundlegende 
5 1 dieses also jetzt in Geltung befindlichen Ge- 
setzes lautet: „Im Deutschen Reich gilt die Gold- 
währung, ihre Rechnungseinheit bildet die Mark, 
welche in 100 Pfennige eingeteilt wird.“ Von 
den Einzelbestimmungen der gegenwärtigen deut- 
schen Münzgesetzgebung hebe ich folgendes hervor: 
Als Reichsmünzen sollen ausgeprägt werden: 1) als 
Goldmünzen Zwanzigmarkstücke und Zehnmark- 
stücke, 2) als Silbermünzen Fünfmarkstücke, Drei- 
mark., Zweimark-, Einemark= und Fünfzigpfennig- 
stücke, 3) als Nickelmünzen Fünfundzwanzig- 
pfennig-, Zehnpfennig= und Fünfpfennigstücke, 
4) als Kupfermünzen Zweipfennig= und Ein- 
pfennigstücke. 
Bei Ausprägung der Goldmünzen werden aus 
einem Kilogramm feinen Goldes 139 1/8 Zwanzig- 
markstücke und 279 Zehnmarkstücke, bei Aus- 
prägung der Silbermünzen aus einem Kilogramm 
feinen Silbers 40 Fünfmarkstücke, 66 2/8 Drei- 
markstücke, 100 Zweimarkstücke, 200 Einemark- 
stücke und 400 Fünfzigpfennigstücke ausgeprägt. 
Das Mischverhältnis beträgt bei Goldmünzen 
900 Teile Gold und 100 Teile Kupfer, bei 
Silbermünzen 900 Teile Silber und 100 Teile 
Kupfer. Nach einer im Juni 1909 im Reichs- 
anzeiger veröffentlichten Ubersicht waren Ende 
Mai 1909 im Umlauf: 
Doppelkronen= 3 786 462 720 M 
Kronen. .. 689 079 840 „ 
Jünfmarkstücken 253 067 330 „ 
Dreimarkstücken 32 159 139 , 
Zweimarkstücken 300 840 502 „ 
281 875 685 . 
92 168 325. 
59 356 509. 
Einemarkstücken 
Jünfzigpfennigstücken 
Zehnpfennigstücken 
Fünspfennigstücken 29 765 353 „ 
Kupfermünzen. 20 487 019 „ 
Dem Bundesrat liegt es ob, das Verfahren bei 
den Ausprägungen zu regeln. Er soll die voll- 
ständige Genauigkeit der Münzen nach Gehalt 
und Gewicht sicherstellen. Die Münzen werden 
für Rechnung des Reichs in den Münzstätten der- 
jenigen Bundesstaaten, welche sich dazu bereit
	        
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