1067
Staaten. Sollte aber ein solcher Währungsbund
auch wirklich zustandekommen, so wäre doch kaum
Gewähr dafür geboten, daß der internationale
Vertrag zu Zeiten internationaler Verwicklungen,
also dann, wenn gesicherte volkswirtschaftliche
Verhältnisse besonders wünschenswert wären, auch
gehalten würde. Schon die Möglichkeit, daß sich
daraus Gefahren ableiten könnten, würde die
finanzielle Mobilmachung erschweren. Und schließ-
lich kann man diejenigen, die immer noch mit
Angst und Bangen daran denken, daß in Zukunft
einmal zu wenig Gold für Währungszwecke zur
Verfügung stehen würde, damit beruhigen, daß
man ihnen sagt, bei eintretender Goldknappheit,
die jedenfalls erst in ferner Zukunft, wenn über-
haupt, zu erwarten ist, würde es bedeutend leichter
sein als heute, eine bimetallistische Weltwährung
einzuführen, wenn vorher alle Länder zur Gold=
währung übergegangen sind.
IV. Die staatliche Ordnung des Geld- und
Münzwesens in Deutschland. Als 1871 das
Deutsche Reich geschaffen werden sollte, gab es in
seinem Gebiet einschließlich Elsaß-Lothringen
sieben verschiedene Münzsysteme, und dazu kam
ein ungemein bedenkliches Papiergeldwesen; mehr
als 140 Arten papierener Wertzeichen, Banknote,
Papiergeld befanden sich damals im Deutschen
Reich im Umlauf. Schon bei der Gründung des
Norddeutschen Bundes erkannte man es als eine
der wichtigsten Aufgaben, nunmehr im deutschen
Gebiet, so weit wie möglich neben dem Maß= und
Gewichtssystem auch das Münzwesen einheitlich
zu ordnen und feste Grundsätze zu normieren über
die Emission von fundiertem und unfundiertem
Papiergeld. Die diesbezüglichen Bestimmungen
der Verfassung des Norddeutschen Bundes wurden
in der Verfassung des Deutschen Reichs wieder-
holt. Praktisch und theoretisch suchte man der
Neuordnung des deutschen Geldwesens vorzu-
arbeiten, praktisch insbesondere dadurch, daß man
der Papiergeldausgabe energische Schranken zog
durch das Gesetz über die Ausgabe von Banknoten
vom 27. März 1870 und durch das Gesetz über
die Ausgabe von Papiergeld vom 16. Juni 1870.
Sodann suchte man theoretisch durch eine „Enquete
über die bei der Ordnung des Münzwesens in
Betracht kommenden Verhältnisse“ die nötigen
Unterlagen für die Münzreform zu erhalten. Das
Resultat der vereinten Bemühungen war zunächst
ein Gesetz betreffend die Ausprägung von Reichs-
goldmünzen, das am 4. Dez. 1871 veröffentlicht
wurde und in dem man schon insofern die Gold-
währung erklärte, als die Ausprägung von Reichs-
goldmünzen zu 10 und 20 dAl. sowie die Ein-
ziehung der bisherigen Goldmünzen angeordnet
wurde, wobei der Reichskanzler die Ermächtigung
erhielt, die bisherigen groben Silbermünzen der
Bundesstaaten einzuziehen, die fernere Ausprägung
von andern Goldmünzen sowie aller groben Silber-
münzen untersagt wurde und den neuen Reichs-
goldmünzen nach dem Wertverhältnis von 15 / 1
Währungsfrage
und Geldwesen. 10 68
von Gold zum Silber die Eigenschaft gesetzlichen
Zahlmittels beigelegt wurde. Es folgte alsbald
das entscheidende Münzgesetz vom 9. Juli 1873,
dessen Zweck nach den Motiven war, „im An-
schluß an das Gesetz vom 4. Dez. 1871 die Aus-
prägung der nicht in Gold herzustellenden Münzen
des Marksystems anzuordnen und die gesamte
künftige Münzverfassung Deutschlands auf der
Grundlage der Reichsgoldwährung und Mark-
rechnung definitiv zu regeln“. Dieses Münzgesetz
hat sich im großen ganzen unzweifelhaft bewährt,
wenn auch wiederholt Anderungen, teils Ver-
besserungen teils Verschlechterungen, im Lauf der
Jahre vorgenommen wurden, bis dann schließlich
auf Wunsch des Reichstags die verschiedenartigen,
bisher das Münzwesen regelnden Gesetze in einem
neuen Münzgesetz vom 1. Juni 1909 zusammen-
gefaßt und geordnet wurden. Der grundlegende
5 1 dieses also jetzt in Geltung befindlichen Ge-
setzes lautet: „Im Deutschen Reich gilt die Gold-
währung, ihre Rechnungseinheit bildet die Mark,
welche in 100 Pfennige eingeteilt wird.“ Von
den Einzelbestimmungen der gegenwärtigen deut-
schen Münzgesetzgebung hebe ich folgendes hervor:
Als Reichsmünzen sollen ausgeprägt werden: 1) als
Goldmünzen Zwanzigmarkstücke und Zehnmark-
stücke, 2) als Silbermünzen Fünfmarkstücke, Drei-
mark., Zweimark-, Einemark= und Fünfzigpfennig-
stücke, 3) als Nickelmünzen Fünfundzwanzig-
pfennig-, Zehnpfennig= und Fünfpfennigstücke,
4) als Kupfermünzen Zweipfennig= und Ein-
pfennigstücke.
Bei Ausprägung der Goldmünzen werden aus
einem Kilogramm feinen Goldes 139 1/8 Zwanzig-
markstücke und 279 Zehnmarkstücke, bei Aus-
prägung der Silbermünzen aus einem Kilogramm
feinen Silbers 40 Fünfmarkstücke, 66 2/8 Drei-
markstücke, 100 Zweimarkstücke, 200 Einemark-
stücke und 400 Fünfzigpfennigstücke ausgeprägt.
Das Mischverhältnis beträgt bei Goldmünzen
900 Teile Gold und 100 Teile Kupfer, bei
Silbermünzen 900 Teile Silber und 100 Teile
Kupfer. Nach einer im Juni 1909 im Reichs-
anzeiger veröffentlichten Ubersicht waren Ende
Mai 1909 im Umlauf:
Doppelkronen= 3 786 462 720 M
Kronen. .. 689 079 840 „
Jünfmarkstücken 253 067 330 „
Dreimarkstücken 32 159 139 ,
Zweimarkstücken 300 840 502 „
281 875 685 .
92 168 325.
59 356 509.
Einemarkstücken
Jünfzigpfennigstücken
Zehnpfennigstücken
Fünspfennigstücken 29 765 353 „
Kupfermünzen. 20 487 019 „
Dem Bundesrat liegt es ob, das Verfahren bei
den Ausprägungen zu regeln. Er soll die voll-
ständige Genauigkeit der Münzen nach Gehalt
und Gewicht sicherstellen. Die Münzen werden
für Rechnung des Reichs in den Münzstätten der-
jenigen Bundesstaaten, welche sich dazu bereit