Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

1069 Währungsfrage 
erklären, ausgeprägt. Das Verfahren bei der Aus- 
prägung, die Anzahlung der Münzen unterliegen 
der Aussicht des Reichs. 
Heute gibt es noch sechs Münzstätten: Berlin 
(A), München (D), Moldenhütte bei Freiberg in 
Sachsen (E). Stuttgart (F), Karlsruhe (G6) und 
Hamburg (J). Privatpersonen haben das Recht — 
im Wesen der Währung liegt das ja begründet —, 
auf diesen Münzstätten Zwanzigmarkstücke für ihre 
Rechnung ausprägen zu lassen. Die für solche 
Ausprägungen zu erhebende Gebühr wird vom 
Reichskanzler mit Zustimmung des Bundesrats 
festgestellt, darf aber den Betrag von 14 M auf 
das Kilogramm feinen Goldes nicht übersteigen. 
Der Unterschied zwischen dieser Gebühr und der 
Vergütung, welche die Münzstätte für die Aus- 
prägung in Anspruch nimmt, fließt in die Reichs- 
kasse. Er muß für alle deutschen Münzstätten der- 
selbe sein. Tatsächlich erheben die Münzstätten 
nur die Selbstkosten unter Berücksichtigung der 
Verpflichtung des Reichs zur Einziehung abge- 
nutzter Goldmünzen. Der Gesamtbetrag der 
Silbermünzen sollte ursprünglich 10 M, zurzeit 
bis auf weiteres 20 A., derjenige der Nickel= und 
Kupfermünzen 2½ AMI für den Kopf der Be- 
völkerung des Reichs nicht übersteigen. Niemand 
ist verpflichtet, Silbermünzen im Betrag von mehr 
als 20 à1, Nickel= und Kupfermünzen im Betrag 
von mehr als 1 X in Zahlung zu nehmen. Der 
Bundesrat ist befugt, einzuziehende Münzen außer 
Kurs zu setzen, die zur Aufrechterhaltung eines 
geregelten Geldumlaufs erforderlichen polizeilichen 
Vorschriften zu erlassen, den Wert zu bestimmen, 
über welchen hinaus fremde Gold= und Silber- 
münzen nicht in Zahlung angeboten und gegeben 
werden dürfen, sowie den Umlauf fremder Münzen 
gänzlich zu untersagen. Auch kann der Bundesrat 
bestimmen, ob ausländische Münzen von Reichs- 
oder Landeskassen zu einem öffentlich bekannt zu 
machenden Kurs im Inlandsverkehr in Zahlung 
genommen werden dürfen, in solchem Fall auch 
den Kure festzusetzen. 
Das Münzwesen in den meisten Schutzgebieten 
ist geordnet durch eine „Verordnung des Reichs- 
kanzlers betreffend das Geldwesen der Schutz- 
gebiete außer Deutschostafrika und Kiautschou" 
vom 1. Febr. 1905. Laut dieser Verordnung gilt 
in den Schutzgebieten außer Deutsch-Ostafrika und 
Kiautschou die Reichsmarkrechnung. Gesetzliche 
Zahlungsmittel sind die sämtlichen Münzen, die 
auf Grundreichsgesetzlicher Bestimmung im Reichs- 
gebiet gesetzliche Zahlungsmittel sind, jedoch mit 
der Maßgabe, daß neben den Reichsgoldmünzen 
und den Talern auch die Reichssilbermünzen für 
jeden Betrag in Zahlung genommen werden 
müssen und daß die Nickel= und Kupfermünzen 
sowohl im Privatverkehr als auch im Verkehr mit 
den amtlichen Kassen gesetzliches Zahlungsmittel 
bis zum Betrag von 5 N sind. Im deutsch- 
ostafrikanischen Schutzgebiet mußte Rücksicht ge- 
nommen werden auf die Tatsache, daß dort seit 
  
und Geldwesen. 1070 
Beginn der 1870er Jahre infolge der lebhaften 
Handelsbeziehungen Ostafrikas zu Indien der 
Maria-Theresientaler und der amerikanische Gold- 
dollar nach und nach ersetzt worden sind durch 
Silber= und Kupfermünzen des indischen Münz- 
systems. Deshalb und aus andern Erwägungen 
hat man im deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiet 
Rupienwährung auf Goldbasis durchzuführen ver- 
sucht. Und im Schutzgebiet von Kiautschou endlich 
hat man das chinesische Geldwesen unverändert 
beibehalten. Dort ist wie in allen chinesischen 
Hafenplätzen der mexikanische Dollar die im Ver- 
kehr vorherrschende Währungsmünze. 
Hinsichtlich der Reglung des Papiergeldwesens 
in Deutschland ist heute in erster Linie maßgebend: 
das Gesetz betreffend die Ausgabe von Reichs- 
kassenscheinen vom 30. April 1875, wonach der 
Reichskanzler ermächtigt ist, Reichskassenscheine 
zum Gesamtbetrag von 120 Mill. M in Ab- 
schnitten zu 5 und 10 M ausfertigen zu lassen 
und unter die Bundesstaaten nach dem Maßstab 
ihrer durch die Zählung vom 1. Dez. 1871 fest- 
gestellten Bevölkerung zu verteilen. Die Reichs- 
kassenscheine sind nur „uneigentliches“ Papiergeld, 
denn nicht nur findet im Privatverkehr kein 
Zwang zu ihrer Annahme statt, sondern alle Kassen 
des Reichs und sämtlicher Bundesstaaten sind 
verpflichtet, die Reichskassenscheine nach ihrem 
Nennwert in Zahlung zu nehmen. Von der 
Reichshauptkasse müssen die Reichskassenscheine für 
Rechnung des Reichs jederzeit auf Erfordern gegen 
bares Geld eingelöst werden. 
Gemäß Art. 3 des Gesetzes betreffend Ande- 
rung des Banknotengesetzes vom 1. Juni 1909: 
„Die Noten der Reichsbank sind gesetzliches Zah- 
lungsmittel“, haben die Reichsbanknoten gesetz- 
lichen Kurs (legal tender) beigelegt erhalten. 
Man ging dabei von der Erwägung aus, daß es 
zweckmäßig sei, durch Gesetz dem tatsächlichen Zu- 
stand Ausdruck zu verleihen, daß die Banknoten 
jederzeit als Zahlungsmittel angenommen werden, 
damit eine sichere rechtliche Grundlage geschaffen 
werde für kritische Zeiten, um dadurch auch indirekt 
in den Tagen der Not den Goldbestand des Reichs 
zu schützen. Selbstverständlich ist durch diese Be- 
stimmung an der Einlösungspflicht der Reichs- 
banknoten nichts geändert. (§ 18 des Bankgesetzes 
vom 14. April 1875: Die Reichsbank ist ver- 
pflichtet, ihre Noten a. bei ihrer Hauptkasse in 
Berlin sofort auf Präsentation, b. bei ihren 
Zweiganstalten, soweit es deren Barbestände und 
Geldbedürfnisse gestatten, dem Inhaber gegen 
deutsche Goldmünzen einzulösen.) Mithin sind 
also auch die Reichsbanknoten keineswegs eigent- 
liches Papiergeld, aber daß sie mit zum „Ver- 
kehrsgeld“ gehören, wird man nicht bezweifeln 
dürfen. 
Literatur. Aus der viele Tausende umfassenden 
Münz-, Geld-, Währungsliteratur nenne ich hier 
nur noch die folgenden Schriften: Luschlin v. Eben- 
greuth, Allgemeine Münzkunde u. Geldgeschichte
	        
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