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missionsweise von den Franziskanern aus Lügde
Gottesdienst gehalten. 1853 genehmigte das
Waldecksche Konsistorium den regelmäßigen sonn-
täglichen Gottesdienst; durch Verordnung der
fürstlichen Regierung vom 21. März 1861 wurde
die Pfarrei Pyrmont geschaffen und der bis dahin
für die Katholiken des Fürstentums Pyrmont be-
stehende protestantische Pfarrzwang aufgehoben
(das Recht zur Führung von Kirchenbüchern er-
hielt die Pfarrei erst 1869). Kirchenrechtlich gilt
Pyrmont als Missionspfarrei.
Die Oberaufsicht über die katholischen Ange-
legenheiten lag zuerst in den Händen des fürstlichen
(lutherischen) Konsistoriums, sie ging 1861 auf
die fürstliche Regierung, Abteilung des Innern,
1869 auf den an Stelle dieser Behörde tretenden
Landesdirektor über. Die bischöfliche Behörde
schlägt bei der Anstellung der Pfarrer der waldeck-
schen Regierung für Arolsen zwei, für Eppe, Korbach
und Pyrmont je einen Kandidaten vor. Die Regie-
rung hat bei jeder Anstellung das Einspruchsrecht.
Der Kandidat muß eidlich die Beobachtung der
Verfassung geloben. Das Diensteinkommen der
Pfarrer ist geregelt durch Gesetz vom 20. Jan.
1902 und durch Vereinbarung des Bischofs und
der Regierung vom Febr. 1910; es setzt sich zu-
sammen aus den Erträgnissen kirchlicher Fonds,
im Weg der Kirchensteuer erhobenen Beiträgen
der Pfarrgemeinden und Zuschüssen des Staats
und der fürstlichen Domänenkammer.
Weibliche Ordensniederlassungen bestehen in
Arolsen (von Vinzentinerinnen aus Paderborn
geleitete Kommunikantenanstalt St Marienstift),
Bad Wildungen (von Franziskanerinnen aus
Olwpe geleitetes Pflege= und Logierhaus Liborius-
haus) und Pyrmont (von Franziskanerinnen ge-
leitetes St Georgsstift). Über die Zulassung
von Orden gibt es keine staatlichen Bestimmungen.
Zu den im Fürstentum wohnenden Katholiken
kommen im Sommer noch zahlreiche polnische
Saisonarbeiter, in Pyrmont und Bad Wildungen
auch eine große Anzahl Kurgäste. Außer den vier
Pfarr= und drei Filialkirchen gibt es noch drei
Hauskapellen.
Die evangelische Kirche besitzt seit 1873 eine
Synodalverfassung (neu publiziert 19. Sept.
1901), vorher hatte sie eine reine Konsistorial=
verfassung. Die Verhältnisse der von der Landes-
kirche getrennten „Altlutheraner“ sind durch Gesetz
vom 26. März 1866 geordnet.
Die öffentlichen, von den politischen Gemeinden
zu unterhaltenden Volksschulen sind nach der
Schulordnung vom 9. Juli 1855 sämtlich kon-
fessionell. An Orten mit konfessionell gemischter
Bevölkerung kann die konfessionelle Minderheit
die Errichtung einer öffentlichen Volksschule ihrer
Konfession auf Kosten der politischen Gemeinde
dann verlangen, wenn ihr während der letzten zehn
Jahre durchschnittlich mindestens 50 schulpflichtige
Kinder angehörten. Bestand jedoch an einem Ort
mit konfessionell gemischter Bevölkerung für die
Warenzeichenschutz — Wasserrecht.
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konfessionelle Minderheit, trotz geringerer Kinder-
zahl, zur Zeit des Inkrafttretens der Schulord-=
nung von 1855 eine von der politischen Gemeinde
unterhaltene öffentliche konfessionelle Schule, so
hat die konfessionelle Minderheit ein Anrecht auf
den Fortbestand dieser Schule. Katholische öffent-
liche Volksschulen gibt es schon seit Mitte des
17. Jahrh. drei, in Eppe (1910: 70 Kinder, hier
auch eine von 7 Kindern besuchte öffentliche evan-
gelische Volksschule), in Hillershausen (42 Kinder)
und in Nieder-Schleidern (16 Kinder). Außerdem
gibt es im Fürstentum noch zwei katholische Volks-
schulen, die zwar gegenwärtig, nachdem sie eine
Zeitlang reine Privatschulen waren, den Charakter
öffentlicher Schulen tragen, aber von den be-
treffenden katholischen Kirchengemeinden zu unter-
halten sind (fürstliche Verordnung vom 9. Juli
1855, Interpretation der Schulordnung), nämlich
in Arolsen (seit 1845, 1910: 81 Kinder) und in
Pyrmont (seit 1862, 49 Kinder). Die Arolser
katholische Schule wird voraussichtlich in kurzem
wegen zehnjährigen Vorhandenseins von 50 Kin-
dern von der Stadt bzw. dem Schulverband
übernommen werden. Eine private katholische
Volksschule soll 1912 in Korbach (40 katholische
Kinder) errichtet werden. Im Ortsschulvorstand
führt der Ortsgeistliche den Vorsitz. Auch dem
Kreisschulvorstand gehört ein Geistlicher an. Die
Leitung und Verwaltung der öffentlichen Volks-
schulen, der Privatunterrichts= und Erziehungs-
anstalten untersteht dem Landesdirektor, das höhere
Schulwesen dem preußischen Provinzialschulkolle-
gium zu Kassel.
Literatur. Curtze, Gesch. u. Beschreibung des
Fürstentums W. (1850); Curtze u. Hahn, Beiträge
zur Gesch. W.s u. Pyrmonts (4 Bde, 1864/74);
A. Wagner, Gesch. W.s u. Pyrmonts (1888); Hoff-
meister, Histor.-genealog. Handbuch über alle Gra-
fen u. Fürsten von W. u. Pyrmont (1883); Löwe,
Heimatskunde von W. (1887); Boettcher, Staats-
recht des Fürstentums W. III, 2. Halbbd von Mar-
quardsens Handbuch des öffentl. Rechts (1884);
Lange, Landesprivatrecht der Fürstentümer W. u.
Pyrmont (1910, Erg.-Bd VIII zu Dernburg, Das
bürgerl. Recht). V. Schultze, Wische Reformations-
gesch. (1902, protest.); Bessen, Gesch. des Bistums
Paderborn (2 Bde, 1820); Freisen, Staat u. kath.
Kirche in den deutschen Bundesstaaten I (1906)
283 ff. (Sacher.)]
Warenzeichenschutz s. Patentrecht.
Wasserrecht. I. Geschichte. Geltende Ge-
setzgebung. Unter Wasserrecht wird hier ver-
standen der Inbegriff der auf die Binnen-
gewässer bezüglichen Rechtsnormen. Es ge-
hört teils dem Privatrecht, teils dem öffentlichen
Recht an.
1. Imrömischen Recht stand der öffentlich-
rechtliche Gesichtspunkt im Vordergrund. Alle
ständig fließenden natürlichen Wasserläufe waren
öffentliche Gewässer und standen unter Aussicht
des Staats im Gemeingebrauch. Die nicht ständig
fließenden und die geschlossenen Gewässer gehörten