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licher Unternehmungen dar. Der Kreis der
zulässigen Unternehmungen ist in den
Gesetzen im einzelnen bezeichnet; sie können die
Wasserbenutzung wie den Wasserschutz betreffen.
Nach dem sächsischen Wassergesetz von 1909 können
Wassergenossenschaften gebildet werden: 1) zur
Be- oder Entwässerung von Grundstücken; 2) zur
Berichtigung eines fließenden Gewässers; 3) zur
Errichtung von Anlagen gegen Hochwassergefahr;
4) zur Anlegung von Sammelbecken. Ahnlich der
preußische Entwurf von 1906, der weiter als
Gegenstand genossenschaftlicher Unternehmungen
die Herstellung von Wasserstraßen beifügt. Die
Wassergenossenschaften haben insofern einen realen
Charakter, als die Mitgliedschaft das Eigentum
an einem Grundstück voraussetzt und mit dem
Grundstück auf jeden Erwerber übergeht. Die
Wassergenossenschaften haben juristische Per-
sönlichkeit; sie können auf ihren Namen Rechte
erwerben, Pflichten übernehmen und Prozesse
führen. Die Errichtung setzt eine Vereinbarung der
Genossen (Satzung, Statut) voraus, wodurch die
Rechtsverhältnisse der Genossenschaft
insoweit bestimmt werden, als dies nicht schon im
Gesetz geschehen ist. Insbesondere sind anzugeben
der Zweck der Genossenschaft, ihr Name und Sitz,
die Bedingungen für die Aufnahme neuer und
das Ausscheiden bisheriger Mitglieder, die Rechte
und Pflichten der Genossen, die Art der Bestellung
der Genossenschaftsorgane, ihre Rechte und Pflich-
ten, die Voraussetzung der Auflösung der Genossen-
schaft, die Art der Liquidation usw. Haben die
Genossen zu den Zwecken der Genossenschaft nur
beschränkt beizutragen, so ist nach § 114 des sächsi-
schen Wassergesetzes dem Namen der Genossenschaft
beizusetzen „mit beschränkter Beitragspflicht“.
2. Das französische Gesetz über die Syndikats-
genossenschaften von 1865 und das preußische
Gesetz über die Wassergenossenschaften von 1879
lassen freie Wassergenossenschaften zu. Das Cha-
rakteristische solcher ist, daß sie zu ihrer Entstehung
einer obrigkeitlichen Ermächtigung nicht bedürfen
und ihre Geschäftsführung einer behördlichen Auf-
sicht nicht untersteht. Sie können sich bilden auch
für solche Unternehmungen, an denen ein öffent-
liches Interesse nicht besteht. Zu ihrer Bildung
bedarf es der schriftlichen, in Preußen der gericht-
lichen oder notariellen Beurkundung des Genossen-
schaftsvertrags. Ein Auszug daraus ist amtlich
bekannt zu machen, womit die Gepnossenschaft
juristische Persönlichkeit erlangt. Diese ist privat-
rechtlichen Charakters; Streitigkeiten zwischen der
Genossenschaft und den Genossen werden vor den
bürgerlichen Gerichten ausgetragen und die Bei-
träge wie Forderungen des bürgerlichen Rechts
beigetrieben und gesichert. Die freien Genossen-
schaften haben in der Praxis wenig Anklang ge-
sunden; die neueren Wassergesetze haben sie nicht
aufgenommen.
3. Viel wichtiger als die freien sind die in den
neueren Wassergesetzen allein vorkommenden er-
S
Wasserrecht.
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mächtigten (autorisierten) Wassergenossenschaf-
ten, von manchen Gesetzen als öffentliche bezeich-
net. Sie setzen eine Unternehmung von öffentlichem
oder gemeinwirtschaftlichem Nutzen voraus. Auch
das französische Gesetz von 1865 und das preußische
von 1879 kennen neben den freien solche ermächtigte
(öffentliche) Genossenschaften. Zu ihrer Bildung
bedarf es der Genehmigung der Staatsbehörde.
Rechtsfähigkeit erlangen sie mit der Genehmigung.
Ihre Geschäftsführung unterliegt der Beaufsichti-
gung durch die Verwaltungsbehörde, sowohl was die
Ausführung der Unternehmung als auch ihr Rech-
nungswesen anbelangt. Die Beiträge der Genossen
werden in der Regel wie öffentliche Abgaben be-
handelt; sie haften als öffentliche Last auf den
Grundstücken. Die satzungsmäßig festgesetzten und
von der Behörde genehmigten Beiträge werden
nach Art der Gemeindeabgaben beigetrieben. Die
Gesetze geben der Aufsichtsbehörde das Recht, ihren
Anordnungen durch Geldstrasen Nachdruck zu
geben. Nach dem sächsischen Gesetz (§ 100) kann
die Aufsichtsbehörde bei beharrlicher Weigerung
auf Kosten der Genossenschaft das Nötigevornehmen
lassen. Der Beitritt als Mitglied beruht auch bei
den ermächtigten Genossenschaften in der Regel
auf freier Entschließung. Kann jedoch eine Unter-
nehmung von überwiegendem öffentlichem Nutzen
zweckmäßig nur durch Zusammenschluß aller Be-
teiligten durchgeführt werden, so gestatten die
Gesetze einen Beitrittszwang. Voraussetzung ist,
daß eine qualifizierte Mehrheit die Bildung der
Genossenschaft beschließt. Die Gesetze geben den
ermächtigten Genossenschaften Zwangsbefugnisse
und Enteignungsrechte auch gegen Dritte. Die
ermächtigten Genossenschaften gelten regelmäßig
als juristische Personen des öffentlichen Rechts.
Streitigkeiten mit ihren Mitgliedern werden im
Verwaltungsweg oder im Weg des Verwaltungs-
streitverfahrens ausgetragen. Eine Ausnahmemacht
Württemberg, das die ermächtigten Genossen-
schaften als juristische Personen des privaten Rechts
behandelt. Doch können sie bei erheblichem volks-
wirtschaftlichem Nutzen auf Ansuchen durch könig-
liche Entschließung als öffentliche anerkannt werden.
4. Das Wassergenossenschaftswesen ist ähnlich
auch in der ausländischen Gesetzgebung ge-
regelt; so namentlich in der österreichischen Wasser-
gesetzgebung von 1869.
VII. Wasserhücher. Nachösterreichischem Vor-
bild von 1869 schreiben die neueren Wassergesetze
die Führung von Wasserbüchern (Wasserrechts-
büchern, Wasserkatastern) vor. Das Wasserbuch
zerfällt in der Regel in zwei Teile: eine kartogra-
phische Darstellung des Gewässers mit Beschreibung
der vorhandenen Anlagen und eine Aufzeichnung
der daran bestehenden Eigentums- und Nutzungs-
rechte, Unterhaltungspflichten usw. Die auf die
Rechtsverhältnisse bezüglichen Urkunden sind bei-
gefügt. Das Wasserbuch wird bald nur für die
öffentlichen bald für alle Wasserläufe geführt.
Einzutragen sind jedenfalls Rechtsverhältnisse, die