Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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von Vouvry am Genfer See mit 950 m Druck- 
höhe. In Deutschland hat das größte Gefälle 
das Kraftwerk der Stadt Nordhausen am Harz 
mit 192 m. Große Talsperren und Sammelbecken 
sind bereits vorhanden in den Vogesen, an der 
Wupper und Ruhr, bei Solingen, Ennepe,. Heim- 
bach im Rheinland und in Schlesien (Marklissa. 
Mauer). Große Kraftwerke finden sich am Ober- 
rhein: Rheinfelden (16800 PS), Laufenburg 
(50 000 P8), Wyhlen-Augst (30 000 PS), ferner 
bei Rheinau, Eglisau usw. In großem Maßstab 
sind Wasserwerke ausgeführt in der Schweiz, in 
Italien, in Frankreich, Schweden, Norwegen und 
in Amerika. In Rußland ist die Wasserkraft- 
nutzung nur wenig entwickelt. In England sind 
die Wasserkräfte nicht groß und ihr Ausbau leidet 
unter der Konkurrenz der Kohle. 
II. Zur Abwendung von Waseerschäden wer- 
den manchmal schon im Ursprungsgebiet des 
Wasserlaufs Waldhegungen und Aufforstungen, 
Querschlitze, Sickerlöcher, Sammelweiher, Tal- 
sperren u. dgl. zwecks Verlangsamung des Wasser- 
ablaufs angewendet, zur Verhinderung von Über- 
schwemmungen Dämme (Deiche), zur Wiederab- 
leitung von angesammeltem Wasser Sielbauten 
angelegt. Der Verhinderung von Überschwem- 
mungen dienen auch Flußkorrektionen, Durchstiche, 
Baggerungen. Ferner gehören in das Gebiet des 
Wasserschutzes die Trockenlegung von Nebenarmen 
der Wasserläufe, die Trockenlegung von Mooren, 
Moosen, Sümpfen usw. 
III. Zur Unterstützung der Staatsbehörden 
mittels Begutachtung wasserwirtschaftlicher und 
wasserrechtlicher Fragen sind neuerlich in verschie- 
denen Staaten Wasserwirkschaftsräte gebildet 
worden, zuweilen auch Wasserkammern genannt. 
Ihre Mitglieder werden teils von der Staatsbe- 
hörde ernannt, teils von den Interessenvertre- 
tungen der Landwirtschaft, des Handels, der In- 
dustrie, des Gewerbes usw. gewählt. Sie haben 
nur beratende Stimme und werden von der Be- 
hörde nach Bedarf einberufen. 
Literatur. Zeitschrift für die ges. W. (1906 ff); 
Schweizerische W., Zentralorgan für Wasserrecht 
usw. (1908 ff); Der Hydrotekt (1902 ff); Hagen, 
Handbuch der Wasserbaukunst (10 Bde, 1869 ff); 
Möller, Grundriß des Wasserbaus (2 Bde, 1906); 
Weyrauch, Der Wasserbau (1908); Suppän, Was- 
serstraßen (19t02); Mattern, Die Ausnutzung der 
Wasserkräfte (19j08); Mayr, Die Verwertung der 
Wasserkräfte (1909); v. Samson-Himmelstierna, 
Die W. als Voraussetzung für Kultur u. Frieden 
(1903). Zehnter.)] 
Wechsel, Wechselrecht. 1. Entstehung 
und Entwicklung. Die Heimat des Wechsels 
ist Italien, das bereits im frühen Mittelalter den 
Mittelpunkt des Welthandels bildete. Schon durch 
seine Lage am Mittelländischen Meer war es be- 
rufen, den Handelsverkehr zwischen dem Orient 
und den Ländern Curopas zu vermitteln. Bereits 
im 12. Jahrh. hatten italienische Kaufleute und 
Handelsgesellschaften in Frankreich, Spanien, 
Wechsel usw. 
  
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Deutschland, Polen und England ständige Zweig- 
niederlassungen (Kommanditen) gegründet, von 
welchen mit den Hauptniederlassungen ein reger 
Handelsverkehr betrieben wurde. Dieser Verkehr 
brachte von selbst eine fortschreitende Ausbildung 
der Hilfsmittel des Handels mit sich, so daß schon 
zur damaligen Zeit bei der italienischen Kauf- 
mannschaft eine durchgebildete kaufmännische 
Buch= und Rechnungsführung und ein völlig or- 
ganisierter Geschäftsverkehr bestand. Die Vielge- 
staltigkeit des zu damaliger Zeit bestehenden Münz- 
wesens, das nicht nur in den einzelnen Ländern, 
sondern auch in den größeren Städten desselben 
Landes verschieden war, die Beschwernisse und 
Gefahren der Ubersendung des baren Gelds nach 
entfernt liegenden Ländern, mit denen Italien in 
Geschäftsverkehr stand, endlich der Zeitverlust und 
die Unbestimmtheit der Dauer bei solchen Geld- 
versendungen mußten mit der Zeit zu zweckdien- 
licheren Einrichtungen führen, die an die Stelle 
der Barübermittlung briefliche Anweisungen zur 
Zahlung treten ließen. Vermittelt wurde dieser 
Verkehr durch die Geldwechsler (campsores, in 
Deutschland Bankierer genannt, weil sie auf den 
Märkten und öffentlichen Plätzen ihr Geschäft auf 
Bänken und Tischen betrieben). Die Kampsoren 
befanden sich nicht allein in den italienischen 
Städten, sondern hatten auch an den meisten aus- 
wärtigen Plätzen ihre Filialen oder Kontore. 
Ursprünglich bestand ihr Geschäft (cambium) 
darin, daß sie fremde Münze gegen Münze der 
Landeswährung oder gegen ungemünztes Edel- 
metall umtauschten, umwechselten (cambiare 
= tauschen, wechseln). Mit der Weiterentwicklung 
des auswärtigen Handelsverkehrs trat dieser Hand- 
wechsel an Bedeutung zurück, und als Hauptge- 
geschäft trat die Vermittlung der Zahlung durch 
schriftliche Anweisung an die auswärtigen Kom- 
manditen hervor. Das Geld, das der Kaufmann 
an einem auswärtigen Platz zu zahlen hatte, wurde 
nicht mehr in bar nach dort versandt und von dem 
auswärtigen Geldwechsler in Landesmünze um- 
gewechselt, sondern der Kaufmann erhielt von dem 
einheimischen Kampsor (Trassant) gegen Zahlung 
der einzusendenden Summe (Valuta) einen Brief 
(Wechselbrief, litera di cambio) an den aus- 
wärtigen Wechsler oder sonstigen Geschäftsmann 
(Trassat), der in dem Brief angewiesen wurde, 
die betreffende Summe Gelds in der dortigen 
Münzsorte an den in dem Brief benannten In- 
haber (Remittent) zu zahlen. Wurde vom Tras- 
saten die Summe nicht gezahlt, dann war der 
Trassant verpflichtet, die Valuta sofort an den 
Nehmer des Wechsels zurückzuzahlen und allen 
Schaden zu erstatten. 
Da die Wechsler nicht an allen auswärtigen 
Handeleplätzen Geschäftsverbindungen besaßen, 
die es ihnen ermöglichten, sofort überallhin solche 
Wechselbriefe abzugeben, so wurden nach Art der 
Warenmessen an den Haupthandelsplätzen be- 
sondere Wechselmessen eingerichtet, auf welchen die 
 
	        
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