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selbst, das Wechselpapier und die auf demselben
befindlichen Vermerke sind für die Rechte und Ver-
bindlichkeiten aus dem Wechsel maßgebend, ohne
Rücksicht auf Verhältnisse, die außerhalb des
Wechsels liegen.
3. Wechselfähigkeit. Es leuchtet ein, daß
einerseits die Leichtigkeit, durch den Wechsel sich
ein Zahlungsmittel zu verschaffen, ohne die Her-
gabe des baren Geldes zu empfinden, anderseits
die in dem Wechsel ruhende Strenge der Ver-
pflichtung große Gefahren für diejenigen Klassen
der Bevölkerung, die mit dem Geschäfts= und
Handelsverkehr weniger vertraut sind, mit sich
führen. Sehr leicht kann auch die Unkenntnis und
Unerfahrenheit dahin führen, zu wucherischen und
betrüglichen Wechselgeschäften mißbraucht zu wer-
den. Daher war die Fähigkeit, wechselmäßige
Verbindlichkeiten einzugehen (passive Wechsel-
fähigkeit, im Gegensatz zu der aktiven Wechsel-
sähigkeit, d.h. der Fähigkeit, Rechte aus einem
Wechsel zu erwerben, die jedem zusteht), in den
alten Wechselforderungen vielfach nur auf Kauf-
leute und die Angehörigen der gebildeten Stände
beschränkt. Das jetzt geltende Recht hat diese Ein-
schränkungen beseitigt und den Grundsatz der all-
gemeinen Wechselfähigkeit aufgenommen. Danach
ist jeder wechselfähig, der sich durch Vertrag ver-
pflichten kann. Auch juristische Personen, Kor-
porationen, Handelsgesellschaften sind wechsel-
fähig, indem sie durch ihre Vertreter ihre Unter-
schrift geben. Nicht wechselfähig dagegen sind
Minderjährige, da sie sich durch Verträge nicht
verpflichten können. Soweit sie durch Vormund
und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung sich
verpflichten können, sind sie unter vormundschaft-
licher Mitwirkung auch wechselfähig, und zwar ist
nicht erforderlich, daß diese Mitwirkung aus dem
Wechsel hervorgeht. Wenn der Minderjährige
selbständig ein Handelsgeschäft betreibt, so ist er,
ebenso wie er in betreff der Handelsgeschäfte ver-
tragsfähig ist, für die letzteren auch wechselfähig.
Ehefrauen sind an sich nicht vertragsunfähig, des-
halb auch nicht unfähig, Wechselverbindlichkeiten
einzugehen. Soweit sie aber durch die ehelichen
Güterverhältnisse in der Verfügung über ihr Ver-
mögen beschränkt, also an die Zustimmung ihres
Mannes gebunden sind, gilt dies auch bezüglich
der Wechselverbindlichkeiten. Wenn die Ehefrau
Handelsfrau ist, bedarf sie zur Eingehung von
Wechselverbindlichkeiten, die sich auf ihr Handels-
geschäft beziehen und von ihr in ihrer Eigenschaft
als Handelsfrau eingegangen sind, der Zustimmung
des Ehemannes nicht. Großjährige Hauskinder
sind an sich wechselfähig; jedoch kann ihr Ver-
mögen auch aus Wechselverbindlichkeiten nur in-
soweit in Anspruch genommen werden, als dadurch
die Rechte des Hausvaters nicht berührt werden.
Andernfalls ist die Zustimmung des Hausvaters
zur Wechselerklärung erforderlich. Eine solche Zu-
stimmung, die nicht gerade ausdrücklich erklärt zu
werden braucht, ist z. B. darin zu finden, daß der
Wechsel usw.
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Vater auf das Hauskind trassiert oder indossiert.
Im übrigen regelt sich die Frage, ob jemand
wechselfähig ist oder nicht, nach dem Recht des-
jenigen Staats, dem er als Staatsbürger an-
gehört, evtl. weiter nach dem Recht des Domizils.
4. Volkswirtschaftliche Bedeutung.
Wie bereits erwähnt, hat der Wechsel im Handels-
verkehr eine so große Bedeutung erlangt wie kein
anderes Handelspapier. Er dient als internatio-
nales Geldpapier zur Ersparung von Geldumtausch
und Geldtransport zwischen den einzelnen Staaten
und Ländern, zur Erleichterung der Kredite, indem
er dem Gläubiger ermöglicht, dem Schuldner
Kredit zu geben, trotzdem aber sofort seine Forde-
rung (durch Indossament) zu realisieren. Er bildet
ferner aber auch wie eine Ware den Gegenstand
von Kauf und Verkauf. Vermittelt wird der
Wechselverkehr zwischen den verschiedenen Ländern
durch die Bank und die Börse. Im allgemeinen
vollzieht derselbe sich nicht in der Art, daß ein
Kaufmann, der im Ausland Zahlungen zu leisten
hat, Wechsel auf das Ausland ausstellt oder
Wechsel, die im Ausland zahlbar sind, an der
Börse verkauft, sondern in der Weise, daß er sich
von einem inländischen Bankhaus einen von diesem
selbst ausgestellten Wechsel auf das Ausland geben
läßt (Bankwechsel), den das inländische Bankhaus
dann seinerseits durch Handelswechsel deckt, die es
von Kunden übernimmt oder an der Börse kauft.
So kommt es, daß der Wechsel wie jedes andere
Wertpapier einen Markt= oder Börsenpreis hat,
der durch die Kursnotierungen oder Kurszettel der
Börse festgestellt wird. Man versteht hiernach
unter Wechselkurs den Marktpreis, den ein auf
einen andern Zahlungsort ausgestellter Wechsel
am Kaufort hat. Dieser Kurs ist veränderlich,
und auf das Steigen und Sinken desselben wirken
verschiedene Umstände ein. Zunächst kommt, wie
bei jeder Ware, auch hier Angebot und Nachfrage
in Betracht. Der Kurs steigt bei größerer Nach-
frage und sinkt bei größerem Angebot. Sind von
einem Ort oder einem Land nach einem andern
Ort oder Land mehr Wechsel gesucht als an-
geboten — und das ist stets der Fall, sobald nach
dem letzteren Ort mehr Zahlungen geleistet werden
müssen als von diesem nach dem letzteren —, dann
steigt der Kurs, umgekehrt sinkt er. Das hat zur
Folge, daß in Ländern, die mehr importieren als
exportieren, der Kurs höher ist als in Ländern,
die mehr exportieren, da nach den Exportländern
mehr Zahlungen geleistet werden müssen, mithin
in denjenigen Ländern, nach welchen exportiert ist,
die Nachfrage nach Wechseln, die in dem Export-
land zahlbar sind, größer ist. Auf die Höhe des
Wechselkurses ist ferner auch der Münzkurs der
ausländischen Münze von Einfluß, und mit dem
Steigen und Sinken des Münzkurses ist regel-
mäßig auch ein Steigen und Sinken des Wechsel-
kurses verbunden. Wird die Valuta des Wechsels
nach dem Verhältnis des innern Werts zweier
Münzwährungen festgesetzt, so wird dies „Pari