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rungen (§ 5) die Strafverfolgung von Amts wegen
(sonst nur auf Antrag) eintritt und daß eine
öffentliche Klage von der Staatsanwaltschaft nur
dann erhoben wird, wenn dies im öffentlichen
Interesse liegt, im übrigen die Strafverfolgung
nur im Weg der Privatklage geschieht. In den
meisten Fällen der Verurteilung kann außerdem
die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung
bzw. des verfügenden Teils des Urteils angeordnet
werden (§ 18). Berechtigt zur Anstellung der
Unterlassungsklage ist jeder Mitbewerber selbst
ohne Nachweis irgend einer Schädigung; in den
Fällen des 8 1 (unrichtige Angaben tatsächlicher
Art) sind zur Klage berechtigt auch Verbände zur
Förderung gewerblicher Interessen, soweit die Ver-
bände als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
klagen können; zur Schadensklage ist jeder ge-
schädigte Mitbewerber berechtigt. Für die Klage
aus § 1, Unterlassungs= wie Schadensklage, ist
ausschließlich zuständig das Gericht, in dessen Be-
zirk der Beklagte seine gewerbliche Niederlassung
oder in Ermanglung einer solchen seinen Wohnsitz
hat; im übrigen regelt sich die Zuständigkeit nach
den allgemeinen Bestimmungen. Soweit in erster
Instanz die Landgerichte zuständig sind, ist die
Verhandlung und Entscheidung der Kammer für
Handelssachen (8 15) überwiesen. In letzter In-
stanz (§ 8 des Einf. Ges. z. Ger.Verf.Ges.) ent-
scheidet das Reichsgericht.
Was die Wirkung des Gesetzes vom 27. Maie
1896 anlangt, so ist dasselbe zweifellos in er-
freulichem Maß vorbeugend wirksam gewesen: die
aufdringlichsten und widerwärtigsten Formen des
unlautern Wettbewerbs sind aus den Schau-
fenstern der Läden und aus den Inseratenspalten
der Zeitungen verschwunden. Alsbald nach dem
Inkrafttreten des Gesetzes wurde aber die Klage
laut, daß die Rechtsprechung in manchen Fällen
nicht den erwarteten Schutz gegen unlautern Wett-
bewerb gewähre. Teilweise erklärt sich die ein-
getretene Enttäuschung aus der unzureichenden Er-
kenntnis, daß das Gesetz lediglich gegen unlautere,
nicht gegen bloß unbequeme Konkurrenz sich richtet
und richten kann. Erschwert wurde die Wirksam-
keit des Gesetzes auch dadurch, daß die durch den
unlautern Wettbewerb geschädigten geschäftlichen
und gewerblichen Kreise, einer in Deutschland weit
verbreiteten Gepflogenheit entsprechend, ein straf-
rechtliches Vorgehen seitens der Behörden in
manchen Fällen beantragen, wo sie auf Grund der
zivilrechtlichen Bestimmungen des Gesetzes sich
selbst helfen sollten. Anderseits läßt sich jedoch
nicht verkennen, daß eine allzu formalistische und
enge Handhabung des Gesetzes vom 27. Mai
1896 dasselbe für die Bekämpfung des unlautern
Wettbewerbs nicht immer so wirksam hat werden
lassen, wie man hoffen durfte. Aus der Mitte
kaufmännischer und gewerblicher Körperschaften
wurde wiederholt eine Anderung bzw. Verschär-
fung des Gesetzes für notwendig erklärt, insbeson-
dere der Erlaß von Bestimmungen gegen das Aus-
Wettbewerb,
unlauterer. 1118
verkaufsunwesen, nachdem das Reichsgericht den
Nachschub von Waren bei Ausverkäufen für zu-
lässig erklärt hatte. Auch im Reichstag sind,
namentlich von der Zentrumsfraktion, wiederholt
Anträge auf Abänderung des Gesetzes gestellt
worden.
Eine Novelle zum Gesetz gegen den unlautern
Wettbewerb vom 7. Juni 1909 trifft nun ins-
besondere die Auswüchse im Ausverkaufswesen.
Aus einer Konkursmasse herrührende Waren, die
nicht mehr zur Masse gehören, dürfen nicht als
„Konkursware“ oder in ähnlich irre leitender
Weisebezeichnet werden. Vor= und Nachschieben von
Waren bei Ausverkäufen ist strafbar. Über Zahl,
Zeit und Dauer der Inventur= und Sarson-
ausverkäufe kann die höhere Verwaltungsbehörde
besondere Bestimmungen erlassen. Quantitäts-
und Herkunftsverschleierungen werden bestraft.
Der Strasschutz ist mehrfach verschärft. Neu ist
auch das Schmiergelderverbot. Der Empfänger
und Anbieter von Schmiergeldern ist strafbar;
das Empfangene oder dessen Wert verfällt dem
Staat. Verschärft ist auch die Haftung des Ge-
schäftsinhabers für den Angestellten. Landwirt-
schaftliche Erzeugnisse gelten als Waren, land-
wirtschaftliche Leistungen und Interessen als gewerb-
liche. Die Landwirtschaft wird auch bezüglich der
Angaben über „Ursprung von Waren“ und
„Menge der Vorräte“ in den Spezialbestim-
mungen mehr geschützt als früher. Von besonderer
Bedeutung ist, daß die Novelle auch die sog.
Generalklausel enthält, d. h. die allgemeine
Bestimmung, wonach bei Wettbewerbshandlungen,
die gegen die guten Sitten verstoßen, auf Unter-
lassung und Schadenersatz geklagt werden kann.
Damit ist die Möglichkeit gegeben, den unlautern
Wettbewerb in allen seinen Erscheinungsformen
zu treffen. Auch die Handhabung des § 826 des
B. G. B. ist für die Bekämpfung des unlautern
Wettbewerbs von Bedeutung geworden.
Was die Nachbarländer anlangt, so wurde
in Osterreich im Jahr 1906 seitens der Regierung
dem Abgeordnetenhaus ein Gesetzentwurf vorgelegt,
der die Bekämpfung des unlautern Wettbewerbs
behandelt (2596 der Beilage zu den stenogr. Pro-
tokollen des Abgeordnetenhauses, XVII. Session,
1906), der Entwurf blieb jedoch unerledigt und
wurde in den darauf folgenden Sessionen nicht
mehr eingebracht. In der Schweiz bestehen kan-
tonale Gesetze gegen den unlautern Wettbewerb.
In den Niederlanden besteht kein Spezialgesetz
gegen oneerlyke concurrentie, doch liegt der
Zweiten Kammer ein Gesetzentwurf zur Ergän-
zung des B.G.B. vor, welcher die Schadensersatz-
pflicht „aus unrechtmäßiger Tat“ ganz im Geist
der französischen Jurisprudenz regelt. Literarisch
ist dort in der Bekämpfung des unlautern Wett-
bewerbs besonders der Leidener Advokat Dr Aal-
berse, Mitglied der Zweiten Kammer, hervor-
getreten. In Belgien, wo der Genter Advokat
Eeckhout eine preisgekrönte Denkschrift über den