Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Einnahmen sind als selbständige Schulkasse zu 
verwalten und für Lehrmittel usw. zu verwenden. 
Zum Gehalt der Lehrer und zu Schulhausbauten 
leistet in weniger vermöglichen Gemeinden der 
Staat einen Zuschuß. 
Privatunterricht kann von für befähigt erklärten 
und hierzu ermächtigten Lehrern erteilt werden; 
die Kinder sind zu den öffentlichen Prüfungen 
regelmäßig beizuziehen. Privatunterrichtsanstalten 
bedürfen der Genehmigung des Oberschulrats. 
Über die Entlassungsfähigkeit aus dem Privat- 
unterricht hat der Ortsschulrat auf gleiche Weise 
wie über die Entlassung aus dem öffentlichen 
Unterricht zu erkennen. 
Fortbildungsschulen sind in allen Schulgemein- 
den einzurichten; die aus der Volksschule Ent- 
lassenen sind 2 Jahre zu deren Besuch verpflichtet, 
wenn sie nicht eine höhere Lehranstalt oder ge- 
werbliche Fortbildungsschule besuchen, oder andern 
genügenden Unterricht erhalten. Der Unterricht 
ist jährlich 40mal in 2 Wochenstunden für männ- 
liche und weibliche Jugend getrennt in der Regel 
am Werktag zu erteilen. Wo keine Fortbildungs- 
schule besteht, tritt die Verpflichtung zu drei- 
jährigem Besuch der Sonntagsschule mit wenig- 
stens 40 (bei einklassigen Schulen 20) Stunden 
ein. Wegen Verletzung der Pflichten dieser Schul- 
angehörigen kann eine Schulstrafe erkannt wer- 
den; bei groben Verfehlungen innerhalb der 
Schule kann der Lehrer Arrest bis zu 2 Stun- 
den verhängen. Für jede Unterrichtsstunde er- 
hält der Lehrer 1 Al. Schülern der Fortbildungs- 
und Sonntagsschulen ist der Besuch der Wirts- 
häuser untersagt. 
Wo an Volksschulen nur eine Lehrstelle besteht, 
muß sie mit einem ständigen Lehrer, wo zwei be- 
stehen, muß bei mehr als 130 Schülern auch die 
zweite mit einem ständigen Lehrer besetzt werden; 
bei 3—5 Lehrstellen kann eine, bei mehr als fünf 
noch eine weitere mit einem unständigen Lehrer 
besetzt werden. Bei mehr als 60 Schülern müssen 
zwei, bei mehr als 140 Schülern drei Lehrstellen 
errichtet werden; bei jeder weiteren Steigerung 
um 70 ist die Zahl der Lehrer um einen zu ver- 
mehren. Abteilungsunterricht muß eingeführt wer- 
den bei einklassigen Volksschulen, wenn die Schüler- 
zahl über 40, bei mehrklassigen, wenn sie über 60 
steigt; die Wochenstunden sollen in der Regel nicht 
weniger als 34 betragen. Die Lehrer und Lehre- 
rinnen sind zu 30 und bei Abteilungsunterricht 
gegen besondere Belohnung zu 34 Wochenstunden 
verpflichtet. Zur Bildung von Kandidaten der 
Volksschulstellen werden vom Staat eigne An- 
stalten errichtet, an denen der Unterricht unentgelt- 
lich erteilt wird. Zur Fortbildung sind besondere 
Kurse, Konferenzen, Lesegesellschaften mit Unter- 
stützung des Staats einzurichten. Das Ernen- 
nungsrecht zu den ständigen Lehrstellen steht dem 
Oberschulrat, wo Standesherren und Ritterguts- 
W dieses hergebracht haben, das Bestätigungs- 
recht zu. 
Württemberg. 
  
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Die örtliche Aussicht über die Volksschulen auf 
dem Gebiet der Schulpflege steht dem Ortsschul- 
rat zu. In seinen Geschäftskreis fallen: Sorge 
für Durchführung der Gesetze, Anträge betreffend 
Gebäude, Ausstattung der Schulräume, Anregung 
organisatorischer Maßnahmen, Schulhaushalt, 
Vermittlung bei Streitigkeiten zwischen Lehrern 
und Eltern, Vertretung bei den Prüfungen, Be- 
schwerden über dienstliche Verfehlungen der Lehrer 
beim Bezirksschulaufseher. Soweit es keiner Be- 
ratung und Entschließung durch den Ortsschulrat 
bedarf, wird die örtliche Aufsicht über die Volks- 
schule im Namen des Ortsschulrats von dem mit- 
vorsitzenden Ortsgeistlichen ausgeübt. An die 
Stelle des Ortsgeistlichen tritt, vo dem Orts- 
chulrat der Vorstand einer sieben= oder mehr- 
klassigen Volksschule angehört, dieser Vorstand. 
Umfaßt die Volksschule eines Bekenntnisses drei 
oder mehr Klassen, so wird vom Oberschulrat ein 
Lehrer der Schule, der bei sieben und mehr Klassen 
die Befähigung zum Amt eines Bezirksschulauf- 
sehers besitzen muß, als Schulvorstand bestellt. 
Für die Schulen jedes Bekenntnisses ist ein be- 
sonderer Ortsschulrat zu bestellen. Mitglieder des 
Ortsschulrats sind: der Ortsgeistliche des Bekennt- 
nisses, dem die Lehrer der zu beaufsichtigenden 
Schule angehören; der Ortsvorsteher bzw. in 
großen und mittleren Städten das mit Bericht- 
erstattung in Schulangelegenheiten betraute Mit- 
glied des Gemeinderats; Lehrer, und zwar bei 
einklassigen Schulen der Lehrer, bei zweiklassigen 
der dienstälteste ständige Lehrer, bei drei= bis 
sechsklassigen der Schulvorstand und der dienst- 
älteste der übrigen ständigen Lehrer, bei sieben- 
und mehrklassigen der Schulvorstand und von den 
übrigen ständigen Lehrern und Lehrerinnen ge- 
wählte Vertreter; der Schularzt; eine Anzahl von 
Vertretern der Schulgemeinde, die derjenigen der 
übrigen Mitglieder ohne den Ortsvorstand gleich- 
kommt. Die Vertreter der Lehrerschaft werden 
von den ständigen Lehrern und Lehrerinnen mit 
verhältnismäßiger Stimmenmehrheit auf 3 Jahre 
gewählt. Bei freiwilligen Konfessionsschulen wird 
der Ortsschulrat aus dem geistlichen Vorstand der 
Ortskirchengemeinde als Vorsitzendem, den Lehrern 
der Konfessionsschule und der entsprechenden An- 
zahl von Konfessionsgenossen bestellt. Die Ge- 
schäfte des Ortsschulrats werden geleitet in Ge- 
meinden mit ein= bis sechsklassigen Schulen von 
dem Ortsgeistlichen und dem Ortsvorsteher, in 
Gemeinden mit sieben-oder mehrklassigen Schulen 
vom Ortsvorsteher und dem Schulvorstand. In 
den kleineren Städten und Landgemeinden wie 
auch soweit es sich um Disziplinarsachen gegen 
Lehrer handelt, in den großen und mittleren Städten 
steht über den Ortsschulräten zunächst das ge- 
meinschaftliche Oberamt in Schulsachen; im übrigen 
unterstehen die Ortsschulräte in den großen und 
mittleren Städten dem Oberschulrat unmittelbar. 
Zur Ausfsicht über eine größere Anzahl von Schulen 
wird ein Bezirksschulaufseher (Bezirksschulinspek- 
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