1225
Einnahmen sind als selbständige Schulkasse zu
verwalten und für Lehrmittel usw. zu verwenden.
Zum Gehalt der Lehrer und zu Schulhausbauten
leistet in weniger vermöglichen Gemeinden der
Staat einen Zuschuß.
Privatunterricht kann von für befähigt erklärten
und hierzu ermächtigten Lehrern erteilt werden;
die Kinder sind zu den öffentlichen Prüfungen
regelmäßig beizuziehen. Privatunterrichtsanstalten
bedürfen der Genehmigung des Oberschulrats.
Über die Entlassungsfähigkeit aus dem Privat-
unterricht hat der Ortsschulrat auf gleiche Weise
wie über die Entlassung aus dem öffentlichen
Unterricht zu erkennen.
Fortbildungsschulen sind in allen Schulgemein-
den einzurichten; die aus der Volksschule Ent-
lassenen sind 2 Jahre zu deren Besuch verpflichtet,
wenn sie nicht eine höhere Lehranstalt oder ge-
werbliche Fortbildungsschule besuchen, oder andern
genügenden Unterricht erhalten. Der Unterricht
ist jährlich 40mal in 2 Wochenstunden für männ-
liche und weibliche Jugend getrennt in der Regel
am Werktag zu erteilen. Wo keine Fortbildungs-
schule besteht, tritt die Verpflichtung zu drei-
jährigem Besuch der Sonntagsschule mit wenig-
stens 40 (bei einklassigen Schulen 20) Stunden
ein. Wegen Verletzung der Pflichten dieser Schul-
angehörigen kann eine Schulstrafe erkannt wer-
den; bei groben Verfehlungen innerhalb der
Schule kann der Lehrer Arrest bis zu 2 Stun-
den verhängen. Für jede Unterrichtsstunde er-
hält der Lehrer 1 Al. Schülern der Fortbildungs-
und Sonntagsschulen ist der Besuch der Wirts-
häuser untersagt.
Wo an Volksschulen nur eine Lehrstelle besteht,
muß sie mit einem ständigen Lehrer, wo zwei be-
stehen, muß bei mehr als 130 Schülern auch die
zweite mit einem ständigen Lehrer besetzt werden;
bei 3—5 Lehrstellen kann eine, bei mehr als fünf
noch eine weitere mit einem unständigen Lehrer
besetzt werden. Bei mehr als 60 Schülern müssen
zwei, bei mehr als 140 Schülern drei Lehrstellen
errichtet werden; bei jeder weiteren Steigerung
um 70 ist die Zahl der Lehrer um einen zu ver-
mehren. Abteilungsunterricht muß eingeführt wer-
den bei einklassigen Volksschulen, wenn die Schüler-
zahl über 40, bei mehrklassigen, wenn sie über 60
steigt; die Wochenstunden sollen in der Regel nicht
weniger als 34 betragen. Die Lehrer und Lehre-
rinnen sind zu 30 und bei Abteilungsunterricht
gegen besondere Belohnung zu 34 Wochenstunden
verpflichtet. Zur Bildung von Kandidaten der
Volksschulstellen werden vom Staat eigne An-
stalten errichtet, an denen der Unterricht unentgelt-
lich erteilt wird. Zur Fortbildung sind besondere
Kurse, Konferenzen, Lesegesellschaften mit Unter-
stützung des Staats einzurichten. Das Ernen-
nungsrecht zu den ständigen Lehrstellen steht dem
Oberschulrat, wo Standesherren und Ritterguts-
W dieses hergebracht haben, das Bestätigungs-
recht zu.
Württemberg.
1226
Die örtliche Aussicht über die Volksschulen auf
dem Gebiet der Schulpflege steht dem Ortsschul-
rat zu. In seinen Geschäftskreis fallen: Sorge
für Durchführung der Gesetze, Anträge betreffend
Gebäude, Ausstattung der Schulräume, Anregung
organisatorischer Maßnahmen, Schulhaushalt,
Vermittlung bei Streitigkeiten zwischen Lehrern
und Eltern, Vertretung bei den Prüfungen, Be-
schwerden über dienstliche Verfehlungen der Lehrer
beim Bezirksschulaufseher. Soweit es keiner Be-
ratung und Entschließung durch den Ortsschulrat
bedarf, wird die örtliche Aufsicht über die Volks-
schule im Namen des Ortsschulrats von dem mit-
vorsitzenden Ortsgeistlichen ausgeübt. An die
Stelle des Ortsgeistlichen tritt, vo dem Orts-
chulrat der Vorstand einer sieben= oder mehr-
klassigen Volksschule angehört, dieser Vorstand.
Umfaßt die Volksschule eines Bekenntnisses drei
oder mehr Klassen, so wird vom Oberschulrat ein
Lehrer der Schule, der bei sieben und mehr Klassen
die Befähigung zum Amt eines Bezirksschulauf-
sehers besitzen muß, als Schulvorstand bestellt.
Für die Schulen jedes Bekenntnisses ist ein be-
sonderer Ortsschulrat zu bestellen. Mitglieder des
Ortsschulrats sind: der Ortsgeistliche des Bekennt-
nisses, dem die Lehrer der zu beaufsichtigenden
Schule angehören; der Ortsvorsteher bzw. in
großen und mittleren Städten das mit Bericht-
erstattung in Schulangelegenheiten betraute Mit-
glied des Gemeinderats; Lehrer, und zwar bei
einklassigen Schulen der Lehrer, bei zweiklassigen
der dienstälteste ständige Lehrer, bei drei= bis
sechsklassigen der Schulvorstand und der dienst-
älteste der übrigen ständigen Lehrer, bei sieben-
und mehrklassigen der Schulvorstand und von den
übrigen ständigen Lehrern und Lehrerinnen ge-
wählte Vertreter; der Schularzt; eine Anzahl von
Vertretern der Schulgemeinde, die derjenigen der
übrigen Mitglieder ohne den Ortsvorstand gleich-
kommt. Die Vertreter der Lehrerschaft werden
von den ständigen Lehrern und Lehrerinnen mit
verhältnismäßiger Stimmenmehrheit auf 3 Jahre
gewählt. Bei freiwilligen Konfessionsschulen wird
der Ortsschulrat aus dem geistlichen Vorstand der
Ortskirchengemeinde als Vorsitzendem, den Lehrern
der Konfessionsschule und der entsprechenden An-
zahl von Konfessionsgenossen bestellt. Die Ge-
schäfte des Ortsschulrats werden geleitet in Ge-
meinden mit ein= bis sechsklassigen Schulen von
dem Ortsgeistlichen und dem Ortsvorsteher, in
Gemeinden mit sieben-oder mehrklassigen Schulen
vom Ortsvorsteher und dem Schulvorstand. In
den kleineren Städten und Landgemeinden wie
auch soweit es sich um Disziplinarsachen gegen
Lehrer handelt, in den großen und mittleren Städten
steht über den Ortsschulräten zunächst das ge-
meinschaftliche Oberamt in Schulsachen; im übrigen
unterstehen die Ortsschulräte in den großen und
mittleren Städten dem Oberschulrat unmittelbar.
Zur Ausfsicht über eine größere Anzahl von Schulen
wird ein Bezirksschulaufseher (Bezirksschulinspek-
—