Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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18 Jahre alten Heeresangehörigen und die 18 
Jahre alten Inhaber von akademischen oder lite- 
rarischen, im Land erworbenen Graden. Bei der 
Naturalisation genießen die Hispano-Amerikaner 
Vergünstigungen vor den sonstigen Fremden. Ver- 
fassungsänderungen müssen, falls sie von einer 
Zweidrittelmehrheit der Nationalversammlung an- 
genommen werden, noch überdies einer eigens zu 
wählenden „Verfassunggebenden Versammlung“ 
(ein Abgeordneter auf 15.000 Einwohner) zur 
Annahme vorgelegt werden. 
Die Rechtspflege wird durch den Höchsten 
Gerichtshof, 6 Appellhöfe und 26 Gerichte erster 
Instanz ausgeübt; die Richter, die auf 4 Jahre 
gewählt werden (die des obersten Gerichts und der 
Appellhöfe vom Volk, die der Gerichte erster In- 
stanz von der Regierung aus drei vom Hoöchsten 
Gericht vorgeschlagenen Kandidaten), müssen 
21 Jahre alt, Advokaten und weltlichen Stands 
sein; sie sind persönlich für Gesetzesverletzungen 
verantwortlich. In allen Munizipien gibt es 
Friedensrichter, die mündlich in geringfügigeren 
Angelegenheiten urteilen und vom Volk ihres 
richterlichen Bezirks gewählt werden. 
Die überwiegende Mehrzahl der Bewohner 
bekennt sich zur katholischen Kirche, die aber 
nicht Staatskirche ist; es besteht volle Religions- 
freiheit im Innern der gottesdienstlichen Gebäude. 
Die Zahl der Protestanten beträgt an 2300. Die 
Verfassung (Art. 25) verbietet die Errichtung 
klösterlicher Kongregationen und jeder Art von 
monastischen Institutionen und Vereinigungen. 
Die katholische Kirche untersteht dem Erzbischof 
von Guatemala, der zugleich Metropolit der 
Kirchenprovinz Guatemala ist, die ganz Zentral- 
amerika außer Panama umfaßt. 
Der Unterricht ist in den Volksschulen obli- 
gatorisch, in den Staatsschulen rein weltlich und 
unentgeltlich; jeder Bewohner der Republik kann 
in privaten Anstalten Unterricht geben und emp- 
fangen. 1908 gab es 1330 staatliche Volks- 
schulen, 128 private Volks= und Mittelschulen, 
6 Lehrerseminare, 55 Land-, 13 Spezialschulen, 
eine von der deutschen Regierung unterstützte 
deutsche Schule, ein Musikkonservatorium, eine 
Kunstschule. Schulen für Rechtswissenschaft, Me- 
dizin, Technik und ein Nationales Zentralinstitut, 
dessen akademische Grade in Zentralamerika an- 
erkannt werden, ferner 2 kirchliche Kollegien und 
2 Akademien. 
Die Finanzen sind seit der 1898 einsetzen- 
den wirtschaftlichen Krise (infolge des Sinkens des 
Kaffees, auf dessen Kultur das ganze wirtschaft- 
liche Leben zu einseitig aufgebaut ist) so zerrüttet, 
daß ein finanzielles Protektorat der Union bevor- 
steht (lein Abkommen des Staats mit amerikani- 
schen Finanzleuten über eine Anleihe, wodurch die 
Schuldverbindlichkeiten gegenüber dem Ausland 
geregelt werden sollen, wurde im Frühjahr 1911 
angekündigt); die Ausgaben sind im Budget 
1910/11 auf 36,95 Mill. Papierpesos (à 0,62 M) 
Zentralamerika. 
  
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veranschlagt (davon 22 Mill. für öffentl. Schuld); 
die äußere Staatsschuld belief sich Ende 1908 auf 
87,8, die der rückständigen Zinsen Ende 1910 
auf43,9, die innere Schuld 1909 auf 44,6 Mill. M. 
Der Handef führte 1909 für 5 251 317 Gold- 
pesos (à 4,2 M) ein (hauptsächlich aus den Ver- 
einigten Staaten, Deutschland und Großbritan- 
nien), für 10 079219 Goldpesos aus (Kaffee 
8816274, Häute und Felle 334 611, Holz 
263.573, Bananen 229 567 Pesos); von der 
Ausfuhr gingen 1908 fast ¾ nach Deutschland, 
u¼ nach den Vereinigten Staaten, ½ nach Groß- 
britannien. 1908 liefen 624 Schiffe (266 ameri- 
kanisch, 131 deutsch, 86 britisch) in den Häfen 
(an der atlantischen Seite besonders Puerto Bar- 
rios und Livingston, an der pazifischen San Jose, 
Champerico und Ocos) der Republik ein; die 
eigne Handelsflotte zählte 1909 nur 5 Segler 
mit 1270 Tonnen netto. In Betrieb waren 1909 
an 700 km Eisenbahnen, 280 Post-, 208 Tele- 
graphen (6750 km Linien), 280 Telephon- 
anstalten. Dem Geldverkehr dienen sechs Noten- 
banken. Münzeinheit ist der Goldpeso, doch gibt 
es fast nur Papier= und Nickelgeld. Neben den 
gebräuchlichen alten spanischen Maßen und Ge- 
wichten besteht gesetzlich das metrische System. 
Die Armee zerfällt in das stehende Heer (nomi- 
nelle Stärke 56 915) und die Reserve (29 439 
Offiziere und Mann), doch ist die (unbekannte) 
Zahl der wirklich unter den Waffen befindlichen 
Mannschaften viel geringer. Alle wehrfähigen 
Weißen und Mischlinge, die weniger als 50 Pesos 
jährliche Steuern zahlen, sind, sofern sie nicht 
einzige Söhne usw. oder höhere Beamte sind, vom 
18. bis 25. Lebensjahr im stehenden, vom 26. 
bis 50. Lebensjahr in der Miliz dienstpflichtig. 
— Die Kriegsflagge ist vertikal gestreift: Blau, 
Weiß, Blau, und führt das Nationalwappen (in 
hellblauem Feld über gekreuzten Degen und von 
einem grünen Lorbeerkranz umgeben eine weiße 
Rolle mit den Worten: Libertad 15 de Sept. 
de 1815, auf deren oberem Rand ein rotgrüner 
Papagei sitzt); die Handelsflagge ist ohne Wappen- 
child. 
3. Honduras. Nach der Verfassung von 1894 
liegt die gesetzgebende Gewalt bei einem Kongreß, 
der alle Jahre am 1. Jan. zu einer 60/90 Tage 
dauernden Session in der Hauptstadt zusammen- 
tritt und aus 42 direkt vom Volk auf 4 Jahre 
gewählten Mitgliedern (je 1 auf 10 000 Ein- 
wohner) besteht; zu außerordentlichen Tagen kann 
der Kongreß durch die Exekutivgewalt einberufen 
werden. Wahlberechtigt und wählbar ist jeder 
21 Jahre alte Bürger von Honduras, diejenigen, 
die lesen und schreiben können und verheiratet sind, 
bereits mit 18 Jahren. Die Befugnisse des Kon- 
gresses sind analog denen der übrigen zentral- 
amerikanischen Volksvertretungen (s. oben, Costa 
Rico), also hauptsächlich Erlassung, Abänderung 
und Abschaffung von Gesetzen, Prüfung und Be- 
stätigung der Wahlen der höheren Exekutiv= und
	        
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