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steht; vgl. St. P. O. 8 51. Dieselben Angehörigen
einer Partei sind auch im Zivilprozeß zur Ver-
weigerung der Aussage berechtigt, jedoch mit der
Beschränkung, daß das Zeugnis nicht verweigert
werden darf: über die Errichtung und den Inhalt
eines Rechtsgeschäfts, bei dessen Errichtung der
Angehörige als Zeuge zugezogen war; über Ge-
burten, Verheiratungen oder Sterbefälle von Fa-
miliengliedern; über Tatsachen, welche die durch
das Familienverhältnis bedingten Vermögens-
angelegenheiten betreffen; über diejenigen auf das
streitige Rechtsverhältnis sich beziehenden Hand-
lungen, welche von den Angehörigen selbst als
Rechtsvorgänger oder Vertreter einer Partei vor-
genommen sein sollen (3.P.O. 8§ 383, 385).
1) Endlich kann im Strafprozeß der Zeuge die
Auskunft auf einzelne Fragen verweigern, deren
Beantwortung ihm selbst oder einem (der unter e
bezeichneten) Angehörigen die Gefahr strafrecht-
licher Verfolgung zuziehen würde; St. P.O. 8 54.
Wesentlich weiter geht die Z. P. O. § 384, indem
sie das Zeugnis zu verweigern gestattet: über
Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder
dessen Angehörigen einen unmittelbaren vermögens-
rechtlichen Schaden verursachen würde, vorbehalt-
lich der Beschränkungen des § 385 (vgl. unter e);
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen
oder dessen Angehörigen zur Unehre gereichen oder
die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen
würde; über Fragen, welche der Zeuge nicht würde
beantworten können, ohne ein Kunst= oder Ge-
werbegeheimnis zu offenbaren.
8) Die Tatsache, auf welche der Zeuge die Ver-
weigerung des Zeugnisses stützt, ist auf Verlangen
glaubhaft zu machen; St. P. O. 8 55, Z. P.
§ 386. Zur Glaubhaftmachung soll nach K. A.
851 die Versicherung an Eides Statt genügen. Die
Angehörigen sollen vor der Vernehmung über ihr
Recht zur Verweigerung des Zeugnisses von der
Behörde belehrt werden; St. P.O. 8 51, Z. P. O.
§ 383. Nach K.A. 8§ 54 soll diese Belehrung
auch den übrigen zur Verweigerung des Zeugnisses
berechtigten Personen (s. oben unter c bis e) zu-
teil werden. Zeugen, die das Zeugnis verweigern
dürfen, können dieses Recht noch während oder
nach der Vernehmung geltend machen, sowie einen
Verzicht darauf jederzeit widerrufen. Hat der
Zeuge schon ausgesagt, so darf der Inhalt seiner
Aussage im weiteren Verfahren nicht berück-
sichtigt werden; so der Entwurf der neuen St. P.O.
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5. Eidespflicht. In der Regel muß jede
Zeugenaussage beeidigt werden; nur ausnahms-
weise muß oder darf die Beeidigung unterbleiben.
Diese Beeidigungsregel enthält eine Ausnahme
von dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung,
weil sie eine formelle Garantie für die Glaub-
würdigkeit der Zeugenaussagen darstellt. In den
Ausnahmen von der Beeidigungspflicht lassen sich
Reste der gemeinrechtlichen Beweistheorie von den
unfähigen und verdächtigen Zeugen erkennen.
Zeugenbeweis ufw.
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Strafprozeß und Zivilprozeß zeigen eine verschie-
dene Behandlung der Eidespflicht.
a) Unbeeidigt sind zu vernehmen Personen,
welche zur Zeit der Vernehmung das 16. Lebens-
jahr noch nicht vollendet oder wegen mangelnder
Verstandesreife oder wegen Verstandesschwäche von
dem Wesen und der Bedeutung des Eids keine
genügende Vorstellung haben, sowie Personen,
welche nach den Bestimmungen der Strafsgesetze
unfähig sind, als Zeugen eidlich vernommen zu
werden; außerdem im Strafprozeß Personen,
welche hinsichtlich der den Gegenstand der Unter-
suchung bildenden Tat als Teilnehmer, Begün-
stiger oder Hehler verdächtig oder bereits verurteilt
sind; St. P.O. 8 56, Z.P.O. 8 393 Ziff. 1 u. 2.
Ferner können Angehörige des Beschuldigten, welche
zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind,
auch nach ihrer Vernehmung die Beeidigung des
Zeugnisses verweigern, worüber sie belehrt werden
müssen; St. P. O. § 57. Noch weiter geht K. A.
§ 57, wo dieses Recht auf alle zur Verweigerung
des Jaugnifss berechtigten Personen ausgedehnt
w
ird.
b) Nach richterlichem Ermessen können unver-
eidigt bleiben: die zur Verweigerung des Zeug-
nisses berechtigten Angehörigen des Beschuldigten
oder einer Partei, welche von diesem Recht keinen
Gebrauch machen; im Zivilprozeß außerdem:
Personen, welche das Zeugnis über Fragen, deren
Beantwortung ihnen oder einem Angehörigen
einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden
verursachen oder zur Unehre gereichen oder die Ge-
fahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde,
abzulehnen befugt sind, aber von dieser Befugnis
O. keinen Gebrauch machen; sowie Personen, welche
bei dem Ausgang des Rechtsstreits unmittelbar
beteiligt sind; St. P. O. § 57, Z.P.O. § 393
Ziff. 3 und 4. Erheblich weiter geht K.A. zur
neuen St. P.O. 8§ 59; danach sollen nach richter-
lichem Ermessen unvereidigt bleiben: der Verletzte;
Angehörige des Verdächtigen oder des Verletzten;
Zeugen, die wegen Geisteskrankheit oder Geistes-
schwäche entmündigt sind; jeder Zeuge hinsichtlich
der Auskunft auf solche Fragen, deren Beant-
wortung ihm oder einem seiner Angehörigen die
Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung hätte zuziehen
oder zur Unehre hätte gereichen können.
c) Im Zivilprozeß unterbleibt die Beeidigung
des Zeugen, wenn die Parteien darauf verzichten;
Z.P.O. 8 391 Abs. 2. Im geltenden Straf-
prozeß ist den Prozeßbeteiligten ein entsprechender
Einfluß auf die Unterlassung der Zeugenbeeidigung
nicht eingeräumt. Dagegen enthält der Entwurf
der neuen St.P.O. folgende, von der Reichstags-
kommission gebilligte Vorschrift: § 236 a I(Entw.
§ 60] „Die Vereidigung der Zeugen unterbleibt
in Sachen, die vor den Amtsgerichten verhandelt
werden, soweit sie nicht von dem Vorsitzenden für
erforderlich erachtet oder von einem Mitglied des
Gerichts oder einem Prozeßbeteiligten verlangt
wird; die anwesenden Prozeßbeteiligten sind zu