Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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1074 und 1075 wiederholt er jene Vorschriften 
(vgl. c. 15 D. 81), aber er versteht es auch — 
und darin liegt der Fortschritt — trotz des Wider- 
stands des unsittlichen Klerus, deren allgemeines 
Bekanntwerden und Durchführung mittels Rund- 
schreiben an die Bischöse, durch Synoden, die 
seine Legaten in allen Ländern abhalten, sowie 
durch direktes Einwirken auf Fürsten und Volk 
im großen und ganzen zu sichern. Wenn Gregor 
im Kampf gegen den Konkubinat immerhin nur 
die Gesetze früherer Päpste wiederholt hat, ander- 
seits auch durch seine Anordnungen die Beobach- 
tung des Zölibatsgebots nicht dauernd durchgesetzt 
worden ist, so bleibt es doch sein unbestreitbares 
Verdienst, „durch seine energischen Bemühungen 
das Rechtsbewußtsein innerhalb der Kirche hin- 
sichtlich des Zölibats umgestaltet und damit seine 
Verordnungen vor der Beseitigung durch eine ent- 
gegenstehende Praxis, wie es mit denen Leos I. 
und Gregors I. geschehen war, bewahrt zu haben“ 
(Hinschius, System des katholischen Kirchenrechts 
1 154). Und darin liegt der große dauernde Er- 
folg seines Kampfes für den Zölibat. 
5. Der Abschluß der Gesetzgebung. 
An dem rechtlichen Charakter der trotz aller Ver- 
bote seitens eines Majoristen eingegangenen Ehe 
wurde auch durch die Gesetzgebung der Reform- 
päpste nichts geändert. Eine solche Ehe blieb nach 
wie vor, wenn auch unerlaubt, so doch gültig. 
Sie zog zwar Verlust von Amt und Pfründe, 
eventuell noch weitere Strafen nach sich (vgl. Syn- 
ode von Melfi a. 1089 c. 12 (— c. 10 D. 321, 
die dem Landesfürsten gestattet, die Frau eines 
Subdiakons zur Sklavin zu machen), an ihrem 
rechtlichen Bestand war aber nicht zu zweifeln. 
Die Reformpartei tat dies zwar schon längst, aber 
die Nichtigkeit der Majoristenehe war vom 
Gesetzgeber bisher noch nicht ausgesprochen. Das 
Konzil von Reims 1119 c. 5 und insbesondere 
das 1. Lateranense 1123 c. 7 u. 21 (= c. 8 
D. 27) scheinen dann allerdings die Nichtigkeit 
der Ehe der Geistlichen vom Subdiakon aufwärts 
vorauszusetzen (c. 8 D. 27: presbyteris, dia- 
conis, subdiaconis et monachis concubinas 
habere seu matrimonia contrahere penitus 
interdicimus, contracta qduoque matrimonia 
ab huiusmodi personis disiungi et personas 
ad poenitentiam redigi debere iusta sacrorum 
canonum diffinitiones iudicamus), ohne dies 
jedoch scharf hervorzuheben. Ja die Synoden zu 
Clermont 1130 und Reims 1131 wiederholen 
sogar nur die frühere Strafe der Entziehung des 
Amts und das Verbot, dem Gottesdienst verhei- 
rateter Kleriker beizuwohnen, ohne die Frage der 
Gültigkeit der Ehen auch nur zu berühren. Erst 
das 2. Lateranense 1139 hat dann, der Synode 
von Pisa (1135) folgend, in c. 7 klar und be- 
stimmt die rechtliche Ungültigkeit der Majoristen- 
ehe ausgesprochen: statuimus, quatenus epi- 
scopi, diaconi, subdiaconi, regulares canonici 
atque conversi professi, qui sanctum trans- 
Zölibat. 
  
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gredientes propositum uxores sibi copulare 
praesumpserint. separentur. Huinsmodi nam-- 
due copulationem quam contra ecclesiasticam 
regulam constat esse contractam, matri- 
monium non esse censemus (c. 40 C. 27 
d. 1). Damit war die Gesetzgebung bezüglich der 
Zölibatspflicht der Majoristen endgültig abge- 
schlossen. Das Dekretalenrecht hat dann alle diese 
Bestimmungen wiederholt bestätigt und die sich 
daraus ergebenden Rechtsverhältnisse genau ge- 
regelt (vol. Decr. Greg. I 17; III 3; IV 6; 
Lib. Sext. 1 11; III 2). Und auch das Triden- 
tinum hat hieran nichts geändert, sondern alle die 
mit dem Anathem bedroht, welche die Gültigkeit 
der Mojoristenehe behaupten (Sess. XXIV de 
sacr. matr. c. 9). 
Auch die Frage der Zölibatsverpflichtung der 
Minoristen kam im Dekretalen= bzw. Triden- 
tinischen Recht zum Abschluß. Frühere Synoden 
hatten teilweise ganz allgemein den Klerikern, also 
auch den Minoristen, oder auch diesen ausdrücklich 
die Ehe verboten (vgl. die erwähnten Synoden 
von Karthago 419, Epaon 517, Pavia 1022). 
Indessen erlangten diese und ähnliche Bestim- 
mungen niemals allgemeine Geltung, indem, wie 
wir sahen, andere Synoden diese Anordnungen 
milderten, den Zölibat auf die Weihen vom Dia- 
konat oder Subdiakonat aufwärts beschränkten, ja 
ausdrücklich den Minoristen die Ehe gestatteten 
(3. B. 2. Toledo 527/531 c. 1 = c. 5 D. 28; 
vgl. auch c. 14 [Leo IX. 1054] D. 32). Das 
Dekretalenrecht hat dann die Minoristenehe zwar 
als gültig und erlaubt anerkannt, aber den ver- 
heirateten Minoristen die geistlichen Standes- 
privilegien vorenthalten, weil sie mit der Ehe- 
schließung wieder in den Laienstand zurücktreten 
C. 7 Innoz. III. 9 Honor. III.]) X. 3, 3). Doch 
milderte Bonifazius VIII. dies insofern, als er 
sie ausnahmsweise bei Mangel geeigneter unver- 
heirateter Kleriker zu den Funktionen der niederen 
Weihen zuließ und ihnen dann das privilegium 
kori und canonis gewährte, falls sie nur eine Ehe 
und diese mit einer Jungfrau eingegangen hätten, 
also nicht ex defectu sacramenti irregulär ge- 
worden seien, und Tonfur und geistliches Gewand 
trügen (c. un. in VI/6 3, 2). Diese Anordnung 
erneuerte dann schließlich das Tridentinum, ver- 
langte aber noch zugleich, daß der verheiratete 
Minorist im Dienst einer bestimmten Kirche oder 
eines Bischofs stehen müsse (Sess. XXIII, c. 6 
u. 17). — Eine andere Stellung nehmen“ indes 
die Minoristen ein, die ein kirchliches Amt (oftl- 
cium) oder ein Benefizium besitzen. In der 
älteren Zeit bestand für Benefiziaten auch ohne 
eine höhere Weihe das Zölibatsgebot in gleichem 
Umfang wie für die Majoristen (vgl. z. B. Syn- 
ode von Tours 1056 c. 7). Seit dem Dekre- 
talenrecht ist aber solchen Klerikern die Eingehung 
der Ehe gestattet, nur verlieren sie mit der Ehe- 
schließung ipso iure Amt bzw. Benefizium (c. 1. 
2. 3. 5 X. 3, 3).
	        
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