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führen (so insbesondere Hinschius I 162 f). Die
Regierungen haben daher auch jene Vorschläge
entschieden abgelehnt.
Etwas wesentlich anderes ist es aber, welche
Bedeutung die staatliche Gesetzgebung den Zöli-
batsgesetzen für den bürgerlichen Bereich beimißt.
Erkennt er das impedimentum ordinis an, dann
ist auch zivilrechtlich die von einem Majoristen
eingegangene Ehe nichtig. Auf diesem Standpunkt
stehen heute nur noch Osterreich (Osterr. B.G.B.
#§ 63. Auch beim Austritt aus der katholischen
Kirche, weil an der Lehre vom character in-
delebilis festgehalten wird. Vgl. insbesondere die
Plenarentscheidung des k. k. obersten Gerichtshofs
in Wien vom 7. April 1891: Sammlung XXIX,
Nr 13 701) und Spanien (Côdigo civil art. 83,4),
bis zur Einführung des Bürgerlichen Gesetz-
buchs (1900), das, wie bereits das preußische
Allgemeine Landrecht, bei Aufzählung der Ehe-
hindernisse das impedimentum ordinis übergeht,
auch noch Bayern, Baden, Sachsen und die ge-
meinrechtlichen Teile Deutschlands, sowie bis 1894
Ungarn. Der Code civil erwähnt zwar auch dieses
Ehehindernis nicht, doch hatte sich eine neuerdings
wieder aufgegebene (vgl. Entscheidung des Kassa-
tionshofs vom 23. März 1888) Praxis gegen die
Gültigkeit der Ehen der Geistlichen ausgesprochen.
Die konfessionslosen modernen Gesetzgebungen (so
insbesondere in den Niederlanden, Italien und die
deutsche Reichsgesetzgebung) ignorieren dagegen
. prinzipiell den Zölibat und das impedimentum
ordinis, sehen daher die von einem Kleriker ge-
schlossene Ehe als gültig an.
Die Literatur über den Z. ist eine sehr um-
fangreiche. Abgesehen von den Lehr= u. Handbüchern
des Kirchenrechts, die teilweise sehr ausführliche
Darstellungen aufweisen (so Hinschius 1 144 ff,
Scherer 1 370 ff u. II 364 ff, Wernz 1, Nr 196 ff u. 4e
IV, Nr 387 ffS, seien erwähnt Loening, Geschichte des
deutschen Kirchenrechts 1 174 ff u. II 316 ff; (W.
Volks, Der Z. (1841); A. Roskoväny, Coelibatus
et Breviarium I/X (1861ff; überaus reiche Quellen-
sammlung); F. Laurin, Der Z. der Geistlichen nach
kanonischem Recht (1880); IJ. Freisen, Geschichte
des kanonischen Eherechts (1888) 719ff; Schiwietz,
Das morgenländische Mönchtum 1 (1904) 348 ff;
Grisar, Geschichte Roms u. der Päpste im Mittel-
alter 1 (1901) 760 ff; F. Granjon, Apergu histo-
rique sur le mariage des pretres. (1901);
E. Vacandard, Les origines du célibat ecclés., in
Revue du clergé française XLI (1905) 252 ff;
H. C. Lea, History of Sacerdotal Celibacy in the
christian Church (1907); A. Scharnagl, Das
feierliche Gelübde als Ehehindernis (1908) 25 ff;
K. Lougear, Das Ehehindernis der ordines maiores
nach kanonischem Recht (1908). LEbers.)
Jollverein. Unter einem Zollverein versteht
man die vertragsmäßige Vereinigung mehrerer
souveräner Staaten zu einem gemeinschaftlichen
Grenzzollsystem und zur Teilung des Ertrags
der Zölle, womit die Herstellung der freien Ein-,
Aus= und Durchfuhr von Waren aus jedem der
Vertragsstaaten nach den andern und durch die-
Zollverein.
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selben verbunden ist, soweit nicht wegen innerer
Verbrauchsabgaben oder vorbehaltener Monopole
einzelne Ausnahmen bestehen bleiben. Durch
gänzliche oder teilweise Ausdehnung dieser Ge-
meinschaft und des freien Verkehrs bezüglich der
betreffenden Gegenstände auch auf die innern
Verbrauchsabgaben erweitert sich der Zollverein
zu einem Zoll= und Steuerverein.
Derartige Vereinigungen von größerer Be-
deutung haben bis jetzt nur in Deutschland statt-
gefunden und sind hier aus den politischen Ver-
hältnissen nach den Befreiungskriegen und aus
dem wirtschaftlichen und finanziellen Bedürfnis
der meisten Einzelstaaten mit innerer Notwendig-
keit hervorgegangen. Mit dem alten Zollsystem,
wie es anfangs des 19. Jahrh. in Deutschland
bestand und sich immer unerträglicher gestaltete,
das Deutschland mit einem förmlichen Zollnetz
überspannte und den Verkehr von Stadt zu Stadt
und Land zu Land auf das äußerste beschränkte
und erschwerte, räumte zuerst Preußen auf.
Dieses beseitigte im Jahr 1816 die Binnenzölle
in seinen alten Provinzen und führte durch das
Gesetz vom 26. Mai 1818 in seinen sämtlichen
Landen ein zweckmäßiges Grenzzollsystem ein an
Stelle der verschiedenen, höchst verkehrshinderlichen
Zoll= und Akziseeinrichtungen. Die Beschrän-
kungen des freien Verkehrs zwischen den einzelnen
Provinzen des Staats wurden aufgehoben, die
Zollinien allenthalben an die Grenzen des Staats
vorgerückt, durch eine angemessene Besteuerung des
äußern Handels und des Verbrauchs fremder
Waren die inländische gewerbliche Entwicklung
geschützt und dem Staat das Einkommen, welches
Handel und Luxus ohne Erschwerung des Ver-
kehrs gewähren können, gesichert. Die Eingangs-
zölle waren mäßig, Rohprodukte blieben in der
Regel abgabenfrei. Um so höhere Lasten wurden
dafür dem Durchfuhrverkehr auferlegt, sowohl zur
Erschwerung des Schmuggels als auch um die
kleinen von preußischem Gebiet ganz umschlossenen
Territorien zum Anschluß an das preußische Zoll-
gebiet zu zwingen. Für ihre in Preußen liegenden
Exklaven schlossen sich an das preußische Zollsystem
an die beiden Schwarzburg (1819 bzw. 1822),
Sachsen-Weimar (1823), Anhalt-Bernburg
(1823), Lippe (1826) und Mecklenburg-Schwe-
rin. Preußen übernahm die Zollverwaltung und
zahlte einen der Bevölkerungszahl entsprechenden
Teil des Reinertrags heraus.
Die deutschen Mittel= und Kleinstaaten sahen
in dem preußischen Vorgehen eine Gefährdung
ihrer politischen Selbständigkeit und suchten, da
der Versuch, die preußische Zollpolitik in einen
Gegensatz zum Bundesrecht zu bringen, fehlschlug,
durch Zusammenschluß ein Gegengewicht zu schaf-
fen. Am 19. Mai 1820 fand zwischen Bayern,
Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt, Sachsen-
Weimar, den sächsischen Herzogtümern, Nassau und
den beiden Reuß eine Vereinbarung statt, auf
Grund der über den Abschluß eines Vertrags über