Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

1337 Zollverein. 1338 
Bezug auf Zollgesetze, Zollordnung und Zolltarif den beiderseitigen Gebieten völlig freigegeben 
wurde geschaffen, gleiche Berechtigung aller Ver= und nur Tabak, Salz, Schießpulver, Spielkarten 
einsangehörigen bezüglich des Meß= und Markt= und Kalender von der Zollbefreiung ausgenommen 
verkehrs und des Absatzes ihrer Produkte hergestellt waren. Der Deutsche Zollverein wurde wiederholt 
und Erleichterung der Schiffahrtsabgaben und nach langen und schwierigen Verhandlungen unter 
Festsetzung bestimmter Normen für Wegegelder verschiedenen Modifikationen, jedesmal auf die 
und ähnliche Abgaben herbeigeführt. Ausgenom-Dauer von zwölf Jahren, erneuert, und zwar am 
men von der Verkehrsfreiheit waren nur die zu 8. Mai 1841, am 4. April 1853 und am 16. Mai 
den Staatsmonopolen gehörigen Gegenstände, 1865. In diesem Jahr traten Bayern, Württem- 
namentlich Salz und Spielkarten, dann Gegen- 
stände, welche Ausgleichungs-(Ubergangs-) Ab- 
gaben unterlagen, wie Bier, Branntwein, Tabak, 
und alle Gegenstände, die ohne Eingriff in die 
von einem Vereinsstaat erteilten Erfindungspatente 
oder Privilegien nicht nachgemacht oder eingeführt 
werden konnten. Alle nach dem allgemeinen Ver- 
einstarif erhobenen Ein-, Aus= und Durchgangs- 
abgaben, also die eigentlichen Zolleinkünfte, waren 
gemeinschaftlich und wurden nach der Seelenzahl 
der einzelnen Vereinsstaaten verteilt. Die Organi- 
sation der Zollbehörden und deren Ernennung 
stand jedem Staat für sein Gebiet zu; er hatte 
aber auch für sämtliche diesbezüglichen Kosten auf- 
zukommen. Jedoch hatte jeder Staat das Recht, 
behufs gegenseitiger Kontrolle den Hauptzoll- 
ämtern an den Grenzen anderer Vereinsstaaten 
Kontrolleure (Vereins= oder Stationskontrolleure) 
beizuordnen und an die Zolldirektionen der andern 
Vereinsstaaten behufs Einsichtnahme von dem Ge- 
schäftsgang Beamte (Vereinsbevollmächtigte) abzu- 
ordnen. (Diese zollrechtlichen Grundlagen des Zoll- 
vereins sind im wesentlichen vom Deutschen Reich 
übernommen worden.) Das Recht, Verträge mit 
fremden Staaten zur Erleichterung des Handels 
und Verkehrs abzuschließen, blieb jedem Vereins- 
staat vorbehalten; jedoch durften dadurch die Be- 
stimmungen der Vereinsverträge nicht verletzt und 
sollte dabei auf die Interessen des ganzen Vereins 
Rücksicht genommen werden, weshalb vor Er- 
öffnung der Verhandlungen den übrigen Vereins- 
regierungen behufs Wahrung ihrer Interessen und 
vor der Ratifikation des Vertrags behufs ihrer Zu- 
stimmung Kenntnis gegeben werden sollte. Später 
machten namentlich Bayern und Württemberg 
auf den Zollkonferenzen die Forderung nach 
Schutzzöllen geltend. Die im Jahr 1842 ent- 
brannten Kämpfe zwischen den Anhängern des 
Schutzzolls und jenen des Freihandelssystems, 
welche 1845 den Höhepunkt erreicht hatten und 
sich namentlich um die Erhöhung des Einfuhr- 
zolls für Garn drehten, welche Erhöhung auch 
1846 zugestanden wurde, vermochten ebensowenig 
wie die politischen Stürme der Jahre 1848/51 
den Bestand des allgemein als wohltätig wirkend 
anerkannten Zollvereins zu gefährden. 
Osterreich erreichte statt der von ihm an- 
gestrebten Zolleinigung mit Deutschland, welcher 
Preußen entschieden entgegentrat, unter dem 
19. Febr. 1853 nur den Abschluß eines Zoll- 
und Handelsvertrags mit Preußen auf die Dauer 
von zwölf Jahren, demzufolge der Verkehr zwischen 
  
  
  
berg, Hessen-Darmstadt und Nassau auch dem 
zwischen Preußen und Frankreich 1862 abge- 
schlossenen Handelsvertrag bei. Am 11. April 
1865 wurde mit Osterreich gleichfalls ein neuer 
Zollvertrag abgeschlossen. 
Der französische Handelsvertrag hatte eine we- 
sentliche Anderung in den bisherigen Verhältnissen 
des Zollvereins sowohl hinsichtlich seiner innern 
Gesetzgebung als bezüglich seiner handelspolitischen 
Stellung zur Folge. Der Vereinstarif erhielt eine 
völlig neue Gestalt. Die an Frankreich zugestan- 
denen Zollbefreiungen und Ermäßigungen waren 
sehr bedeutend. Seit 1853 waren übrigens auf 
Veranlassung Preußens mit einer Reihe von 
außerdeutschen Staaten Handels-, Schiffahrts- 
und Freundschaftsverträge zustande gekommen, 
so 1855 mit Mexiko, 1857 mit Persien und der 
Argentinischen Konföderation, 1860 mit Para- 
guay, 1861 mit Japan und China, 1862 mit 
Chile, Siam und der Türkei und 1865 mit Bel- 
gien, Italien und Großbritannien. 
Entscheidend für die Umgestaltung der Zoll- 
vereinsverhältnisse waren die politischen Vorgänge 
des Jahres 1866, welches Preußen die Herrschaft 
im Zollverein brachte. Innerhalb des Norddeut- 
schen Bundes bestand ein Zollverein im bisherigen 
Sinn nicht mehr. Der Norddeutsche Bund bildete 
vielmehr ausschließlich der Hansestädte, aber ein- 
schließlich Schleswig-Holstein, Lauenburg und 
Mecklenburg, ein eignes Zollgebiet, dem jedoch 
auch das nicht zum Norddeutschen Bund gehörende 
Luxemburg angeschlossen war. Am 8. Juli 1867 
wurde jedoch, nachdem bereits durch Vertrag vom 
8. Mai 1867 eine gemeinschaftliche Besteuerung 
des Salzes herbeigeführt und das in den meisten 
Bundesstaaten bisher bestandene Salzmonopol 
aufgehoben worden war, auf der Grundlage des 
Zollvertrags vom 16. Mai 1865 zwischen dem 
Norddeutschen Bund und den süddeutschen Staa- 
ten ein neuer Zollvereinsvertrag geschlossen, welcher 
den seither vom Zollverein streng festgehaltenen 
und an die Spitze seiner Verfassung gestellten 
Grundsatz der Gleichberechtigung aller Vereins- 
staaten aufhob und Preußen den Vorsitz zugestand. 
An Stelle der an Einstimmigkeit gebundenen Ge- 
  
neralzollkonferenz trat ein Zollbundesrat aus den 
Regierungen und ein Zollparlament zur Beratung 
über Zoll= und Handelswesen und gemeinschaft- 
liche indirekte Steuern. Im Zollbundesrat war 
die Stimmenzahl und die Stimmenverteilung die 
gleiche, wie sie im Bundesrat des Deutschen Reichs 
ist. Das Zollparlament bestand aus Mitgliedern
	        
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