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deckender Kommunalverwaltungsbezirke versteht,
die Regel, während das Prinzip der reinen Real-
teilung naturgemäß auf die wenigen höchsten
Staatsbehörden, denen eine sich über das ganze
Staatsgebiet erstreckende Kompetenz zusteht, be-
schränkt ist, wobei eine zentrale Kommunalver=
waltungsbehörde jedenfalls begrifflich nicht aus-
geschlossen ist. Es sei noch erwähnt, daß man die
Gliedstaaten eines Bundesstaats im Verhältnis
zu diesem auch als Selbstverwaltungskörper be-
zeichnet. Dies trifft jedoch nur insoweit zu, als
der Bundesstaat ihnen bestimmte Aufgaben zur
Durchführung zuweist. Soweit es sich um Akte
handelt, die der Kompetenz des Bundesstaats nicht
unterliegen, fehlt das der Selbst verwaltung
charakteristische Moment, daß statt der Verwaltung
durch möglichst Unbeteiligte eine solche durch die
in besonderer Weise Beteiligten selbst (also hier
die Bundesstaaten) vorgenommen wird. Dies
gilt auch dann, wenn der Bundesstaat im Ver-
hältnis zu den Gliedstaaten die Kompetenz-kom-
petenz hat, in Bezug auf die dieser unterliegenden
Gegenstände, solange der Bundesstaat nicht eine
Erweiterung seines Zuständigkeitsumfangs vor-
genommen und die Durchführung der betreffenden
Aufgaben den Gliedstaaten übertragen hat.
Die Tätigkeit der kommunalen Organe kann
lediglich in einer Beihilfe bei der Auffindung
dessen, was in concreto Recht ist, bestehen. Im
wesentlichen wurden in dieser Weise z. B. tätig
die auf Grund der kaiserlichen Verordnung vom
3. Sept. 1899 vom Reichskanzler durch die Ver-
ordnung, betreffend die Schaffung kommunaler
Verbände in Deutsch-Ostafrika (vom 29. März
1901), für einzelne Verbände aus den Angehörigen
derselben gebildeten Bezirksräte. Sie haben fast
nur beratende Stimme, d. h. die Aufgabe, dem
beschließenden Organ bei seiner dezisiven Tätig-
keit zu helfen. Auch diese Bezirksräte werden in
Angelegenheiten tätig, bei denen sie selbst und die
übrigen Angehörigen des Bezirks in besonderer
Weise beteiligt sind, und zwar ist ihre Berufung
vorgeschrieben zur Begutachtung des alljährlichen
Wirtschaftsplans für den Bezirk und zur Prüfung
der Rechnung über sämtliche Einnahmen und
UAusgaben des verflossenen Rechnungsjahrs. Eine
Eigentümlichkeitdieser S lbst liungsorgane im
Gegensatz zu den gewöhnlichen Kommunalbeamten
besteht darin, daß sie nicht, wie diese, von den
Beteiligten gewählt werden, sondern direkt von
der Staatsgewalt mit der Wahrnehmung gewisser
ihnen und den übrigen Angehörigen des Bezirks
gemeinsamer Angelegenheiten betraut werden.
Im Gegensatz hierzu ist z. B. die Gemeinde ein
Selbstverwaltungskörper mit außerordentlich weit-
gehender Verwaltung. Sie hat die Erfüllung eines
sehr großen Teils staatlicher Aufgaben in einem
örtlich beschränkten Staatsteil zur Aufgabe (s. d.
Art. Gemeinde). Die Gemeinde stellt im allge-
meinen einen ursprünglichen Verband dar, den
der Staat für seine Zwecke nicht neu zu schaffen,
Staatsverwaltung ufw.
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sondern zur Schaffung eines staatlichen Selbst-
verwaltungsverbands nur zu benutzen brauchte,
indem er die bisher von ihm geführte Verwaltung
nicht mehr gleich sonstiger, durch das Recht nicht
gebotener oder verbotener Untertanentätigkeit dul-
dete, sondern sie — wenn auch mit gewissen von
Zeit zu Zeit erneut vorgenommenen Modifi-
kationen — kraft neu geschaffenen objektiven Rechts
verlangte. Daneben hat der Staat aber noch
Gemeindeverbände höherer Ordnung (Distrikte,
Kreise, Bezirke, Provinzen usw.) ohne Benutzung
vorhandener Institutionen geschaffen, denen nur
einzelne wenige Aufgaben, hauptsächlich solche
finanzieller Art, zur Erledigung überwiesen sind,
und deren Kompetenz nicht wie die der Gemeinden,
allgemein umgrenzt, sondern ganz speziell nor-
miert ist. Sie nähern sich, da wegen der größeren
Ausdehnung ihres Bezirks der Gegensatz der Ver-
waltung durch in besonderer Weise beteiligte
(Selbstverwaltung) und durch möglichst Unbe-
teiligte (gewöhnliche Staatsverwaltung) nicht so
sehr hervortritt, der Staatsverwaltung, die nicht
als Selbstverwaltung zu bezeichnen ist.
Einen weiteren Gegensatz innerhalb der Selbst-
verwaltung stellt man mitunter auch dadurch auf,
daß man die den Gemeinden überlassene Kom-
munalverwaltung als wirtschaftliche Selbstverwal-
tung, diejenige Selbstverwaltung dagegen, bei der
die Mitwirkung der Interessierten nur in der Wahl
der betreffenden Organe besteht, als „übertragene
staatliche Selbstverwaltung“ bezeichnet. Diese
Unterscheidung hat, da sie an den größeren bzw.
geringeren Einfluß derjenigen, deren Angelegen-
heiten verwaltet werden, auf diese Verwaltung
anknüpft, nur relativen Wert.
Als Korrelat für die weitgehende Berücksich-
tigung des intellektualistischen Moments in Bezug
auf die Selbstverwaltung dienen als Ausflüsse des
voluntaristischen Prinzips die „staatlichen Auf-
sichtsrechte“ gegenüber den Organen der Selbst-
verwaltung, d. h. gewisse Amtskompetenzen, die
Personen übertragen sind, welche, wie die Staats-
beamten im allgemeinen, an der Verwaltung nicht
in besonderer Weise interessiert sind. Diese Kom-
petenzen haben auf denjenigen Gebieten einen ver-
hältnismäßig geringen Umfang, in denen ursprüng-
lich vorhandene und vom Staat für die Zwecke
seiner Organisation benutzte Verbände tätig wer-
den; daher haben sie in Bezug auf die Gemeinde-
verwaltung in der Hauptsache nur das Be-
stätigungs- oder Ablehnungsrecht gegenüber den
von der Gemeinde gewählten Personen zum In-
halt. Auf andern Gebieten, z. B. dem der Polizei-
verwaltung, die gleichfalls wii in den Händen
der Gemeindeorgane liegt, äußert dieses Staats-
aussichtsrecht viel weiter gehende Wirkungen; es
erstreckt sich hier z. B. auf den Inhalt einer jeden
polizeilichen Maßregel, die die zuständigen Be-
hörden zu ändern oder aufzuheben befugt sind.
Der Unterschied in der Behördenorganisation
ist also nicht nur der Haupt-, sondern im Grund