Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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wird vielmehr relativ wenig eintragen, wenn er 
seinen Hauptzweck erreichen soll. Dieser besteht 
aber in der Abschwächung der ausländischen Kon- 
kurrenz zugunsten der inländischen Produktion. 
Der Schutzzoll wird zum Prohibitivzoll, 
wenn seine Sätze so hoch sind, daß dadurch die 
ausländische Konkurrenz ganz fern gehalten wird; 
ein solcher Einfuhrverboten gleichkommender Zoll 
bringt natürlich gar kein Erträgnis in die Staats- 
kasse. In einzelnen Fällen ist es übrigens frag- 
lich, ob ein Finanz= oder ein Schutzzoll vorliegt, 
z. B. bei nicht zu hohen Getreidezöllen, wenn das 
Land der Getreidezufuhr bedarf. Über die Be- 
rechtigung von Schutzzoll oder Freihandel vgl. d. 
Art. Handel und Handelspolitik. 
Zolltarif heißt das vom Staat im Weg der 
Gesetzgebung, in Verbindung mit einem besondern 
Zolltarifgesetz, herausgegebene Verzeichnis der 
Zollsätze auf die einzelnen Warengattungen. Die 
Zolltarife der einzelnen Staaten sind teils sachlich 
teils alphabetisch geordnet, teils sind beide Sy- 
steme miteinander verbunden. Ein autonomer 
Zolltarif (Generaltarif) wird unter alleiniger Be- 
rücksichtigung der eignen staatlichen Verhältnisse 
zusammengestellt. Neben diesem allgemeinen Tarif 
können noch Vertragstarife (Konventio- 
naltarife) vorhanden sein, die bestimmten Län- 
dern für bestimmte Artikel Zollermäßigungen oder 
Zollfreiheit zugestehen. Wenn im Weg der Gesetz- 
gebung das Höchstmaß dieser Zugeständnisse von 
vornherein festgesetzt wird, so kommt ein Doppel- 
tarif zustande, der einen Maximal= und einen 
Minimaltarif aufweist. Infolge der Verhand- 
lungen mit den einzelnen Staaten werden dann 
unter Berücksichtigung der gegenseitigen Zugeständ- 
nisse mit den einzelnen Ländern für diese in Be- 
tracht kommenden Vertragstarife aufgestellt. Der 
Doppeltarif wurde 1892 von Frankreich zuerst 
eingeführt. Das Deutsche Reich besitzt einen solchen 
nur für Getreide. Die Abmachungen zwischen 
zwei oder mehreren Staaten über die Grundsätze 
der Zollpolitik und andere handelspolitische Ver- 
einbarungen heißen Handelsverträge; sie 
Zollwesen. 
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die Zölle dem Staatsschatz große Summen ein. 
Ebenso wurden schon im 6. und 7. Jahrh. in 
Attika und Korinth von allen aus= und eingehen- 
den Waren Zölle erhoben, überhaupt bestand in 
Attika ein ausgebildetes Zollwesen. Auch gab es 
Zollpachtgesetze, welche die rechtlichen Verhältnisse 
der Zollpächter dem Staat gegenüber regelten. 
Die Erhebung der Zölle geschah durch General- 
pächter, an welche die Zölle verkauft wurden. Die 
Römer führten im 5. Jahrh. verschiedene neue 
Grenz= und Hafenzölle ein; 487 v. Chr. wurde 
das römische Staatsgebiet behufs Beaufsichtigung 
und Erhebung der Einkünfte unter vier Quästoren 
verteilt. Namentlich zur Zeit der römischen Re- 
publik lieferten die zahlreichen Hafen= und Land- 
zölle bedeutende Erträgnisse. Die Zölle wurden 
ursprünglich durch die Zensoren, und als diese 
verschwanden, durch die Konsuln an Zollpächter 
überlassen, welche wieder ihre Unterpächter hatten. 
Im fränkischen Reich hatte schon unter den Mero- 
wingern das Zollrecht die Bedeutung eines Re- 
gals. Nur der König durfte Zollstätten er- 
richten, Zollfreiheiten gewähren, Zollgesetze geben 
usw. Die Kapitularien gestatteten nur eine Zoll- 
erhebung von Handelswaren; nur der Kaufmann 
war gesetzlich zollpflichtig und dieser nur bezüglich 
der für den Markt bestimmten Waren. Es gab 
Land= und Wasserzölle. Zollverpachtungen kannte 
das fränkische Recht nicht. Anfänglich kam dem 
Zoll nur der Charakter einer Gebühr, eines Ent- 
gelts für die Benutzung einer öffentlichen Einrich- 
tung oder für die Leistung beim Warentransport 
zu; er war Wegezoll, Passierzoll, nicht Gebiets- 
oder Grenzzoll wie später; er mußte nur beim 
Passieren der Handelsstraße, die an der Zollstätte 
lag, entrichtet werden. Später bildete sich der 
Begriff des Zollgebiets aus, die Gebühr wurde 
zur Steuer, der Passierzoll zum Ein= und Durch- 
gangszoll. Allmählich gewannen die Reichsfür- 
sten, welche schon seit dem 11. Jahrh. Zoll- 
rechte ausübten, immer mehr Einfluß auf das 
Zollwesen, und Kaiser Friedrich II. versetzte 
durch das den geistlichen Fürsten im Jahr 1220 
  
enthalten entweder Vertragstarife oder nur die verliehene Zollprivilegium sowie durch eine im 
Meistbegünstigung, d. h. das Recht auf Jahr 1235 erlassene Verordnung, gemäß welcher 
alle handelspolitischen Vorteile, welche der Ver= künftig alle Veränderungen im Reichszollwesen 
tragsstaat dritten Nationen gewährt (ogl. des wei= vom Reichsoberhaupt und der Zustimmung des 
teren d. Art. Handelsverträge). Fürstenrats abhängen sollten, dem alten Reichs- 
Zollkartelle sind Staatsverträge zwischen grundgesetz, wonach das Recht der Errichtung, 
aneinander grenzenden Staaten über gegenseitige Aufhebung, Erhöhung oder Herabsetzung von 
Beistandgewährung in Zollsachen, namentlich Zöllen nur dem Kaiser zustand, sozusagen den 
durch Mulwirkung in der Aussicht, durch Beihilfe Todesstoß. Unter Kaiser Ludwig dem Bayer, 
in der Verfolgung und durch das Recht, das Zoll- unter welchem insbesondere auch das städtische 
gesetz verletzende Personen (Schmuggler) in das Zollwesen einen immer größeren Ausschwung ge- 
fremde Staatsgebiet zu verfolgen. Ein solches wonnen hatte, gingen die Reichszölle mehr und 
Zollkartell (vom 6. Dez. 1891) „zur Erleichterung mehr in die Hände der geistlichen und weltlichen 
des Grenzverkehrs und Unterdrückung des Schmug- Landesherren über, und Ende des 15. und An- 
gels“ besteht z. B. zwischen dem Deutschen Reich fang des 16. Jahrh. konnte man von einem Reichs- 
und Osterreich= Ungarn. zoll als einem freien Ausfluß und Bestandteil der 
II. Geschichtliches. Zölle kannte schon das kaiserlichen Macht und Hoheit überhaupt nicht 
Altertum. In Persien brachten unter Darius I. mehr sprechen. Die von Karl V. und Maxi-
	        
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