Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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reich und Italien) des Studentenduells, aus dem 
sich das Mensurenwesen entwickelte. Das älteste 
Duellmandat an deutschen Universitäten wurde 
1570 in Wittenberg erlassen. Vom Adel, der zu- 
nächst der Träger des Duellwesens war, wurde 
das Duell zu einer Einrichtung des lange aus- 
schließlich aus Adligen gebildeten Osffizierstandes 
und damit wurde die Bedeutung der Duellfrage 
zu einer in erster Linie militärischen verschoben, 
als welche sie heute erscheint. England hat den 
Weg gezeigt zur Beseitigung der Sitte. Nachdem 
das Duell noch im 18. und in den ersten Jahr- 
zehnten des 19. Jahrh. in den vornehmen Kreisen 
eine große Verbreitung aufzuweisen hatte, wurde 
es um die Mitte des 19. Jahrh. gänzlich abge- 
schafft. Ein am 3. Juli 1843 zwischen dem Leut- 
nant Munro und seinem Schwager Oberst Faw- 
cett ausgefochtenes Duell, bei dem letzterer fiel, 
erregte allgemeinen Widerspruch. Prinz Albert, 
der Gemahl der Königin Viktoria, stellte sich an 
die Spitze der Bewegung und setzte eine Anderung 
der Articles of War durch, von denen Artikel 17 
nunmehr erklärte, daß es Ehrensache sei, bei einem 
Ehrenhandel eine Entschuldigung als Genug- 
tuung abzugeben oder anzunehmen, und Artikel 
101 einen Offizier, der eine Herausforderung 
erläßt oder annimmt oder an einem Zweikampf 
teilnimmt oder ihn nicht verhindert, mit der 
Kassation bestraft. Gleichzeitig wurde eine Ver- 
einigung zur Bekämpfung des Duells gebildet. 
Der Erfolg war, daß schon in den nächsten 
Jahren nurmehr ganz vereinzelte Duelle, die 
letzten in England, stattfanden und nun dort schon 
die dritte Generation heranwächst, der das Duell 
als gesellschaftliche oder militärische Sitte un- 
bekannt ist. 
7. Die Kirche ist von ihrem Standpunkt als 
Wächterin des christlichen Sittengesetzes gegen das 
Duell mit scharfen geistlichen Strafen eingeschritten. 
Das Trienter Konzil (Sess. 25, c. 19 de ref.) 
hat die Duellanten sowohl wie die Sekundanten 
und alle, die an dem Duell irgendwie teilnehmen 
oder dabei mitwirken, mit der Exkommunikation 
belegt und den Duellanten das kirchliche Begräb- 
nis verweigert. In neuerer Zeit hat Papst 
Pius IX durch die Konstitution Apostolicae 
sedis moderationi vom 12. Olt. 1869 die Ex- 
kommunikation erneuert und die Absolution der 
Schuldigen dem Papst selbst vorbehalten. In 
dieser Konstitution wird die Exkommunikation 
verhängt über alle duellum perpetrantes aut 
simpliciter ad illum provocantes vel ipsum 
acceptantes ct quoslibet complices vel 
qduantum in illis est non prohibentes, cuius- 
cunque dignitatis sint, etiam regalis vel im- 
perialis. — Auch die protestantische Konfession 
hält an der Verwerfung des Duells fest; so haben, 
nachdem zahlreiche Kreis= und Provinzialsynoden 
es getan, die Berliner Generalsynoden von 1897 
und 1903 sich in diesem Sinn ausgesprochen. 
„Die gänzliche Beseitigung des Duells“, erklärt 
Zweikampf. 
  
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die letztere, „auf dem Weg der Verbreitung und 
Vertiefung christlicher Erkenntnis und Schärfung 
des christlichen Gewissens zu erstreben, bleibt nach 
wie vor unserer Kirche heilige Pflicht.“ Auch der in 
allen preußischen Kadeltenanstalten und Militär- 
gemeinden eingeführte Katechismus, den der evan- 
gelische Feldpropst Dr Richter herausgegeben hat, 
behandelt das Duell als eine „Übertretung des 
götilichen Gebots“, die durch nichts entschuldigt 
werden könne. 
Die weltliche Autorität hat, wie wir 
schon teilweise gesehen haben, von jeher den Zwei- 
kampf mit Strafen bedroht. Dabei wurde aller- 
dings vielfach das Maß des Ausführbaren über- 
schritten und ließ nicht zuletzt aus diesem Grund 
die Staatsgewalt es an dem nötigen Ernst und an 
Folgerichtigkeit fehlen. Vom staatlichen Gesichts- 
punkt erscheint der Zweikampf nicht bloß als straf- 
barer Angriff auf die körperliche Sicherheit und 
das Leben, sondern auch als ein Akt unberechligter 
Selbsthilfe, durch den die Beteiligten gegen die 
staatliche Rechtsordnung verstoßen, indem sie in 
ihrer Ehrenstreitigkeit eigenmächtig ihr Recht suchen. 
Aus den oben erwähnten Verordnungen der Lan- 
desfürsten entwickelten sich die Bestimmungen, 
welche die heutigen Strafgesetzbücher fast aller 
europäischen Länder und selbst Amerikas enthalten. 
Im deutschen Strafgesetzbuch (68§ 201/210) wird 
sowohl der Zweikampf als die ihn einleitenden 
oder unterstützenden Handlungen mit Festungshaft 
bedroht, deren Dauer je nach der Art der Ver- 
abredung und dem eingetretenen Erfolg abgestuft 
ist. Die Herausforderung oder ihre Annahme und 
das Kartelltragen wird bis zu sechs Monaten, der 
Zweikampf mit drei Monaten bis fünf Jahren, 
die Tötung im Zweikampf nicht unter zwei Jahren, 
wenn aber die Verabredung eine solche war, daß 
der Tod eines Gegners herbeigeführt werden sollte, 
nicht unter drei Jahren bestraft. Die Anreizung 
zum Zweikampf besonders durch Bezeigung von 
Verachtung wird, falls der Zweikampf stattge- 
funden hat, mit mindestens dreimonatiger Ge- 
sfängnisstrafe bedroht. In dem nun fertig gestellten 
Entwurf für ein neues deutsches Strafgesetzbuch 
erscheint die Festungshaft zwar beseitigt und durch 
Gefängnis= oder Haftstrase ersetzt, allein die Straf- 
sätze werden eher herabgemildert; so soll die Strafe 
für Zweikampf ohne tödlichen Ausgang künftig 
auf drei Monate bis drei Jahre und die Mindest- 
strase für 15dlichen Zweikampf auf ein Jahr herab- 
gesetzt werden. Das aus dem Jahr 1852 stam- 
mende österreichische Strafgesetzbuch enthält beson- 
ders strenge Strafen: für den unblutig verlaufenen 
Zweikampf oder die Herausforderung oder den 
Sekundantendienst sechs Monate bis ein Jahr 
Kerker, für die Verwundung im Zweikampf eine 
Kerkerstrafe von einem bis zu fünf bzw. zehn 
Jahren und für die Tötung eine zehn= bis zwanzig- 
jäbrige schwere Kerkerstrafe. Da diese Strafen 
infolge Einschreitens der Gnadeninstanz nicht zur 
Ausführung gelangten, sollen sie bei der ebenfalls
	        
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