Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

1457 
wirkung von besondern Beamten, den Synodal- 
(Prosynodal-) Examinatoren und der Konsultoren 
gebunden. Sie werden bestellt (nach Trid. sess. 
XXIV, c. 18 de reform.) auf der Dihzesan- 
synode oder durch Ernennung seitens des Bischofs 
unter Zustimmung des Domkapitels. Ihre Amts- 
dauer beträgt 5 Jahre. Die Ordnung nach dem 
Alter und die Reihenfolge der aktiven Mitwirkung 
der Examinatoren und Konsultoren ist ganz genau 
geregelt; jedoch machte ein Irrtum in der Fest- 
stellung der Ordnung das Verfahren nicht un- 
gültig. Der Bischof bestimmt, wieviel Examina- 
toren und Konsultoren für die Diözese zu bestellen 
find; weil jedoch eine Ablehnung der zur Mit- 
wirkung berufenen Examinatoren (Konsultoren) 
im Einzelfall möglich ist, dürfen nicht zu wenig 
bestellt werden. Die Examinatoren werden aus- 
gewählt nach den geltenden Vorschriften; die 
Konsultoren werden aus den Pfarrern der Diözese 
genommen. Erstere wirken mit bis zum Erlaß 
des Amotionsdekrets, letztere im Revisionsver- 
fahren. Es treten nur je zwei der Examinatoren 
(Konsultoren) nach der Altersordnung in aktive 
Mitwirkung. In den genau angegebenen Fällen 
müssen sie ihre Zustimmung aussprechen; die Be- 
schlüsse werden hier in geheimer Abstimmung ge- 
faßt. In andern Fällen hat der Bischof nur ihren 
Rat einzuholen. 
Das Verfahren wird regelmäßig eröffnet 
mit der Aufforderung an den Pfarrer, sein Amt 
freiwillig niederzulegen; eine solche Resignierung 
liegt vielfach im Interesse des Pfarrers und das 
Hauptverfahren würde durch sie überflüssig. Die 
Aufforderung geschieht auf den geheimen Mehr- 
heitsbeschluß des Ordinarius und der zwei Exami- 
natoren; die entsprechende Mitteilung an den 
Pfarrer muß, falls nicht ein geheimes Vergehen 
vorliegt, bemerken, welche Gründe für die Amts- 
enthebung vorliegen, welche Beweise für die Gründe 
vorhanden sind, und betonen, daß die Examina- 
toren über den Erlaß der Aufforderung mit ab- 
gestimmt haben. Binnen 10 Tagen hat der 
Pfarrer nun zu resignieren oder zu beweisen, daß 
die für die Entfernung angeführten Gründe falsch 
sind. Geschieht weder das eine noch das andere, 
und steht fest, daß der Pfarrer die Aufforderung 
zur Verzichtleistung erhalten hat und an einer 
Antwort nicht rechtmäßig verhindert war, so wird 
zum eigentlichen Verfahren der Amtsenthebung 
geschritten. Innerhalb einer angemessenen Frist 
hat dabei der Pfarrer die mit der Aufforderung 
genannten Gründe zu entkräften. Dazu stehen 
ihm genügend Rechtsmittel zu Gebote: die Ein- 
reichung einer Gegenschrift, die Beibringung von 
2 oder 3 Zeugen und die mündliche Verteidigung. 
Zu der mündlichen Verhandlung hätte er in der 
Regel selbst zu erscheinen. Ist alles zum gerechten 
Schutz des Pfarrers geschehen und das Beweis- 
verfahren erschöpft, dann schreitet der Ordinarius 
mit den beiden Examinatoren zur geheimen Ab- 
stimmung über die Amtsenthebung. Für diese 
Pfarrer. 
  
1458 
darf nur derjenige stimmen, dem es zweifellos 
feststeht, daß der angeführte gesetzliche Amotions- 
grund tatsächlich vorliegt. Das Urteil muß 
darauf hinweisen, daß die wichtigsten Formali- 
täten des Verfahrens (Aufforderung zum Ver- 
zicht, Vorbringen der Verteidigungsgründe, Vor- 
nahme der Abstimmung) erfüllt sind und zugleich 
die Amtsenthebung begründen. Unter Umständen 
könnte sie allgemein mit dem „Interesse der Seel- 
sorge“ begründet werden. Indessen wird der 
Ordinarius auf eine spezielle Begründung be- 
sonderes Gewicht legen sowohl dem Pfarrer wie 
bestimmten staatsrechtlichen Forderungen gegen- 
über. 
Gegen das Urteil auf Amtsentsetzung kann der 
Pfarrer innerhalb 10 Tagen bei demselben Ordi- 
narius Berufung auf Revision einlegen und 
innerhalb 10 weiteren Tagen seine neuen Ver- 
teidigungsgründe vorbringen. Die im Revisions- 
verfahren beizuziehenden 2 Konsultoren prüfen 
(eventuell durch neue Erhebungen), ob durch die 
Gegengründe die für die Entfernung angeführten 
Beweisgründe entkräftet sind, und ob das bisherige 
Verfahren keine wesentlichen Formfehler enthält. 
Erfolgte dann im Urteil Zurückweisung des Re- 
kurses, so ist damit jedes ordentliche Rechtsmittel 
gegen das Urteil auf Amtsenthebung ausgeschlossen. 
Das Dekret selbst hat keine Bestimmungen für 
den Fall, daß bei der Revision das erstinstanzliche 
Urteil aufgehoben würde. Konsequenterweise wäre 
für den Fall der Aufhebung wegen eines Form- 
fehlers das Verfahren vom Bischof mit der Auf- 
sorderung zur Amtsniederlegung wieder aufzu- 
nehmen; wäre die Begründung des ersten Urteils 
entkräftet worden, müßte der Pfarrer im Amt 
belassen werden. 
Die Frage der Versorgung des Pfarrers 
darf keinen sachlichen Einfluß gewinnen auf die 
Durchführung des Verfahrens; wohl kann der 
Ordinarius schon bei der Aufforderung zur Resi- 
gnation eine Versorgung anbieten. Diese hat der 
Bischof klug und gerecht zu ermessen; er kann dem 
Pfarrer eine neue, bessere, gleichwertige oder auch 
geringere Pfarrei oder ein anderes kirchliches Amt 
übertragen oder eine Pension gewähren. Die be- 
stehenden kanonischen Bestimmungen müssen dabeie 
beachtet werden. Die Ausführung des Urteils 
hätte sobald als möglich zu geschehen unter bil- 
liger Rücksichtnahme auf etwa kranke Priester 
Geltung hat das neue Verfahren für alle 
Inhaber einer Pfarrei, welche eigentliche Pfarr- 
rektoren (rectores proprü) derselben sind, auch 
für die vicaril perpetui (bei inkorporierten 
Kirchen) und die Desservants, nicht jedoch für die 
Pfarrverweser oder Vikare, welche wegen Krank- 
heit des Pfarrers oder Vakanz der Pfründe vom 
Ordinarius zeitweilig zur Leitung der Pfarrei 
bestellt sind. Räumlich gilt es für die ganze 
Kirche, auch für England und Amerika, wo kano- 
nisch Pfarreien nicht errichtet sind, und auch für 
das Propagandagebiet.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.