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Freiwerden der Stelle zu kümmern hat, ist es viel-
fach üblich geworden, wenn auch rechtlich nicht
notwendig, daß die bischöfliche Behörde den Pa-
tron von der Erledigung der Stelle in Kenntnis
setzt. Dieses Verfahren ist bei einer Amtsent-
hebung des Pfarrers auf Grund des Dekrets be-
sonders empfehlenswert. Im Fall einer Resi-
gnierung des Pfarrers infolge der Aufforderung
bleibt es bei den bestehenden Vorschriften.
IV. Zur Beurteilung des Amotions--
verfahrens. Wenn auch bei Ausfstellung der
Gründe für die Amtsenthebung und entsprechend
für das Verfahren hätte schärfer geschieden wer-
den können zwischen eigentlichen Disziplinar-
fällen und einfachen Defekten, auch eine Appel-
lationsinstanz von dem Revisionsurteil wünschens-
wert wäre, so bietet das Amotionsverfahren
zweifellos viele rechtliche und praktische Vor-
züge. Sein höchster und ausgesprochener Zweck ist
es, die Gemeinden von einem untauglichen und
schädlich wirkenden Pfarrer rasch zu befreien. Unter
Berücksichtigung dieses Grundsatzes ist zu sagen,
daß das Dekret auch den Rechten des Pfarrers
keinen Abbruch tut. Das früher unbestimmte Ver-
fahren der amotio oeconomica ist jetzt rechtlich
genau fixiert. Die vordem freie Verfügungsge-
walt des Bischofs ist durch die gesetzlich bestimmt
geordnete Mitwirkung der Examinatoren und Kon-
sultoren mit einer längeren Amtsperiode eingeengt.
Die Konsultoren sind Standesgenossen der Pfarrer.
Wenn auch der Rekurs an denselben Bischof geht,
der an der ersten Entscheidung mitwirkte, ist doch
das Urteilerkollegium in beiden Instanzen ver-
schieden. Die Amotionsgründe sind genau fixiert,
und ihr tatsächliches Vorliegen muß zweifellos
erwiesen sein. Bei seiner Verteidigung hat der
Pfarrer vollen Rechtsschutz. Die Versorgungs-
frage darf mit der Amtsenthebung nicht verquickt
werden. Das alles sind Vorzüge des Verfahrens,
die den Pfarrer günstiger stellen als die weltlichen
Beamten gegenüber den staatlichen Disziplinar-
gesetzen. Dem Bischof wird die Ausübung seines
Amtes durch das Gesetz wesentlich erleichtert; ist
direkt durch das Dekret eine Mehrung seiner Be-
fugnisse durch das Gesetz auch nicht intendiert, so
ist sie doch eine Folgeerscheinung desselben (vol.
Apostolisches Schreiben vom 31. Dez. 1910 an
den Erzbischof von Köln, Kardinal Fischer, und
vom 7. Jan. 1911 an die österreichischen Bischöfe.
Act. Apost. Sed. III (19111 18 u. 20). Die
Fälle für das administrative Eingreifen des Bi-
schofs zur Absetzung eines Pfarrers sind vermehrt.
Die Mitwirkung des Bischofs beim Verfahren ist
entsprechend seiner Verantwortung von überwie-
gender Bedeutung: die Bestellung der mitwirken-
den Beamten geht auf ihn zurück; er verbleibt im
Richterkollegium für den Rekurs; das von ihm
gefertigte Endurteil ist inappellabel. Für die Art
der Versorgung ist das gerechte Ermessen des Bi-
schofs entscheidend und damit der Einfluß auf das
fernere Verhalten des Pfarrers. Das Amotions=
Portugal.
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verfahren ist den Interessen der Kirche und des
Staates dienlich, ohne staatlichen Rechten zu
widersprechen.
Literatur. Das Dekret ist publiziert: Acta
Apostolicae Sedis II (1910) 636 ff; dazu die Reso-
lutionen der S. C. Consistorialis vom 5. Okt. 1910
a. ua. O. 854, u. vom 28. Febr. 1911 a. a. O. III
(1911) 133. — Die autorisierte Ausgabe für
Deutschland (latein. u. deutscher Text, Freib. 1911).
— Die am 14. Dez. 1910 von den in Fulda ver-
sammelten (preußischen) Erzbischöfen u. Bischöfen
festgestellten „Erläuterungen zu dem Dekret“ in
den kirchlichen Amtsblättern 1911. — Serafino
de Gennaro, La rimozione dei parroci in disci-
plinare secondo il recentissimo decreto „Maxima
cura“ (Neapel 1910); R. Parayre, Le déplace-
ment administratif des curés d’apres le droit
nouveau (Lyon 1911); Felix M. Capello, De ad-
ministrativa amotione parochorum seu commen-
tarium in decretum „Maxima cura“ (Rom 1911);
Joseph Schmelcher, Das Dekret der S. C. Consi-
storialis „De amotione administrativa ab officio
et beneficio curato“ (1911); N. Hilling, Die
Amtsenthebung der P. im Verwaltungsweg (1911).
[Linneborn.)
Portugal. Seit langem hatte Portugal
unter einer korrupten Verwaltung und einem nicht
minder korrupten Parlamentarismus gelitten; die
Reformversuche des Ministerpräsidenten Joaos
Francos, die er im Einverständnis mit dem König
Carlos als Diktator unter Beiseitesetzung des
Parlaments unternommen hatte, waren an dem
Widerstand fast aller politischen Parteien ge-
scheitert: der König und der Kronprinz mußten
den Versuch mit dem Leben büßen (1. Febr. 1908),
Franco wurde flüchtig. Zwar verbanden sich zum
Schutz der durch die Katastrophe schwer geschä-
digten, durch den jungen, unerfahrenen König
Manuel vertretenen Monarchie die maßgebenden
Parteien der Regeneradores und Progressisten
und bildeten eine gemeinsame Regierung. Bald
jedoch gerieten die Parteien wieder in Streit mit-
einander, der um so gefährlicher wurde, als sie
durch verschiedene Skandale in der öffentlichen
Meinung diskreditiert und durch Absplitterung
dissentierender Elemente geschwächt wurden. Die
Ministerien folgten in raschem Wechsel aufeinan-
der, und keines vermochte, ob es den Regenera-
dores oder den Progressisten angehörte, sich länger
als ein paar Monate im Amt zu halten. Auch
die zweimalige Auflösung und Neuwahl der Kam-
mer brachte keine Besserung der Zustände. So
konnte an die Durchführung der notwendigsten
Reformen nicht herangetreten werden und die Agi-
tation der umstürzlerischen Parteien, namentlich
der Republikaner, fand im Volk einen fruchtbaren,
wohl vorbereiteten Nährboden. Hatten die Re-
publikaner bei den Wahlen im Aug. 1906 erst
4 Mandate gewonnen, so stieg deren Zahl im
Febr. 1908 auf 7, bei den Wahlen im Aug. 1910
auf 14. Neben der öffentlichen Agitation der
Republikaner in der Presse und in Versammlungen
ging eine intensive geheime einher, die in allen