Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Füllung der Rücklage, für die Verwaltungskosten 
und für allgemeine Zwecke der Krankheitsverhütung 
erfolgen. Die Rücklage muß auf der Durch- 
schnitlshöhe der Jahresausgabe der letzten drei 
Jahre gehalten werden. Art und Form der Rech- 
nungsführung bestimmt der Bundesrat. Dem 
Versicherungsamt ist nach Maßgabe des Gesetzes 
ein Rechnungsabschluß einzureichen. 
Die Beziehungen zu den Arzten werden durch 
schriftlichen Vertrag geregelt. Die Bezahlung an- 
derer Arzte kann die Kasse, von dringenden Fällen 
abgesehen, ablehnen. Ohne erhebliche Mehr- 
belastung der Kasse darf der Versicherte unter min- 
destens zwei Arzten wählen. Wenn der Ver- 
sicherte die Mehrkosten selbst übernimmt, steht ihm 
die Auswahl unter den von der Kasse bestellten 
Arzten frei. Die Satzung kann aber den Wechsel 
des Arztes während desselben Versicherungsfalls 
oder Geschäftsjahrs untersagen. Wird die ärztliche 
Versorgung dadurch ernstlich gefährdet, daß die 
Kasse zu angemessenen Bedingungen genügend 
Arzte nicht schaffen kann, so darf sie auf Antrag 
statt der Krankenpflege bis zu 2/ des Kranken- 
gelds gewähren. Die Satzung kann den Vorstand 
ermächtigen, die Krankenhausbehandlung nur durch 
bestimmte Krankenhäuser zu gewähren. Wohl- 
tätigen oder öffentlichen Zwecken dienende Häuser 
dürfen nur aus wichtigen Gründen ausgeschlossen 
werden. Die Apotheken haben den Kassen 
einen von der obersten Verwaltungsbehörde zu be- 
stimmenden Abschlag von den Preisen der Arznei- 
taxe zu gewähren. Der Vorstand darf wegen 
Lieferung der Arzneien und freigegebenen Arznei- 
mittel Vorzugspreise vereinbaren. Die Aufsicht 
über die Krankenkassen führt das Versicherungs- 
amt. Sie erstreckt sich auf Beobachtung der 
Dienst= und Krankenordnung. Solange die Wahl- 
berechtigten sich weigern, zu den Kassenorganen 
zu wählen, bestellt der Beschlußausschuß des Ver- 
sicherungsamts die Mitglieder oder Vertreter. 
Solange der Vorstand oder sein Vorsitzender oder 
der Ausschuß sich weigern, die Geschäfte zu führen, 
nimmt sie das Versicherungsamt selbst oder durch 
Beauftragte auf Kosten der Kasse wahr. Die 
Aufbringung der Mittel erfolgt durch 
Beiträge zu 5⅜/ der Versicherten und ½ der Ar- 
beitgeber. Bei Innungskrankenkassen ist Hälfte- 
lung der Beiträge zulässig. Dann haben beide 
Gruppen des Vorstands und Ausschusses gleiches 
Stimmrecht. Versicherungsberechtigte haben die 
Beiträge allein zu tragen. Während der Arbeits- 
unfähigkeit sind für die Dauer der Krankenhilfe, 
während des Bezugs des Wochen= und Schwanger- 
schaftsgelds keine Beiträge zu zahlen. Die Satzung 
kann die Beiträge nach Erwerbszweigen und Be- 
rufsarten der Versicherten abstusen und eine höhere 
Bemessung der Beitrogsteile des Arbeitgebers für 
einzelne Betriebe zulassen, soweit die Erkrankungs- 
gefahr erheblich höher ist. Beschwerde ist zulässig. 
Die Beiträge dürfen bei Errichtung der Kasse über 
4½ % des Grundlohns nur festgesetzt werden, 
Sozialversicherung. 
  
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wenn es zur Deckung der Regelleistungen erforder- 
lich ist. Decken die Einnahmen die Ausgaben und 
Rücklagen nicht, so sind die Leistungen bis auf die 
Regelleistungen zu mindern oder die Beiträge zu 
erhöhen. Decken bei einer Ortskrankenkasse auch 
6% des Grundlohns als Beiträge die Regel- 
leistungen nicht, so dürfen die Beiträge nur auf 
übereinstimmenden Beschluß der Arbeitgeber und 
Versicherten im Ausschuß weiter erhöht werden. 
Andernfalls erfolgt Vereinigung der Kasse mit 
andern Ortekrankenkassen. In letzter Linie hat der 
Gemeindeverband die erforderliche Beihilfe zu 
leisten. Entsprechendes gilt bei den andern Kassen- 
arten. Zu andern als zulässigen Kassenzwecken 
dürsen Beiträge nicht erhoben werden. Die 
Zahlung der Beiträge erfolgt an den 
satzungsmäßigen Tagen, die höchstens einen Mo- 
nat auseinander liegen dürfen. Die Beiträge der 
Versicherten werden vom Lohn abgezogen. Bei 
Dienstboten gelten Abschlagszahlungen nicht als 
Lohnzahlungen. Mehrere gleichzeitige Arbeitgeber 
haften als Gesamtschuldner. Lohnabzüge dürfen 
nur bei der nächsten Zahlung nachgeholt werden. 
Bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers gelten 
besondere Bestimmungen. Streitigkeiten zwischen 
Arbeitgebern und Versicherten aus der Versiche- 
rung entscheidet das Versicherungsamt, endgültig 
das Oberversicherungsamt. « 
Die Krankenkassen im Bezirk eines Versiche- 
rungsamts können sich zu einem Kassenverband 
vereinigen, mit Genehmigung des Oberversiche- 
rungsamts auch die Kassen mehrerer Versicherungs- 
ämter. Sie bilden nach Maßgabe der besondern 
gesetzlichen Bestimmungen eine Verwaltungsge- 
meinschaft mit besondern Satzungen. Mit Zu- 
stimmung des Oberversicherungsamts dürfen 
Krankenkassen für bestimmte Mitgliedergruppen 
oder Bezirke Sektionen bilden, denen ein Teil der 
Kassenleistungen und Einnahmen zuzuweisen ist. 
Über die besondern Berufszweige sei 
bemerkt, daß die in der Landwirtschaft und ihren 
Nebenbetrieben Beschäftigten auf Antrag des Ar- 
beitgebers von der Versicherungepflicht befreit 
werden können, wenn sie an ihn bei Erkrankung 
einen gesicherten Rechtsanspruch auf den gesetzlichen 
gleichwertige Leistungen haben. Voraussetzung 
ist, daß der Arbeitgeber die Unterstützung aus 
eignen Mitteln sicher leistet und allen seinen regel- 
mäßig landwirtschaftlich Beschäftigten gewährt. 
Unter ähnlichen Voraussetzungen können unter 
Wegfall des Anspruchs auf Krankengeld die Kassen- 
beiträge entsprechend ermäßigt werden. Ist der 
Versicherte über die Dauer des Arbeitsvertrags 
hinaus krank und arbeitsfähig, so tritt sein An- 
spruch auf Krankengeld wieder in Kraft. Die 
Satung einer Landkrankenkosse kann bestimmen, 
daß Versicherte kein Krankengeld erhalten, die eine 
dauernde reichsgesetzliche Jahresrente im minde- 
stens 300fachen Betrag des satzungsmäßigen 
Krankengelds erhalten. Die Satzung kann mit Zu- 
stimmung des Oberversicherungsamts für Beschäf-
	        
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