Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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Beamten- usw. Unfallfürsorgegesetz gilt, und 
Staats= und Gemeindebeamte mit festem Gehalt 
und Anspruch auf Ruhegehalt. 
Gegenstand der Versicherung ist der 
Ersatz des Schadens durch Körperverletzung oder 
Tod. Vorsätzliche Herbeiführung des Unfalls be- 
seitigt den Anipruch. Ebenso — ganz oder teil- 
weise — Herbeiführung durch Verbrechen oder 
vorsätzliches Vergehen. Bei Verletzung wird vom 
Beginn der 14. Woche nach dem Unfall ab ge- 
währt 1) Krankenbehandlung, d. h. ärztliche Be- 
handlung und Arznei und andere Hilfsmittel 
(Krücken usw.), 2) eine Rente für die Dauer der 
Erwerbsunfähigkeit. 
Die Rente beträgt während der völligen Er- 
werbsunsähigkeit ½ des Jahresarbeitsverdienstes, 
bei teilweiser einen entsprechenden Teil davon, 
bei Hilflosigkeit höchstens den vollen Jahres- 
verdienst. Infolge des Unfalls unverschuldet Ar- 
beitslose können auf Zeit Vollrente erhalten. Die 
Rente wird nach dem Jahresarbeitsverdienst im 
letzten Jahr berechnet. Für das volle Beschäf- 
tigungsjahr wird das 300fache des Durchschnitts- 
verdienstes für den vollen Arbeitslag eingesetzt, so- 
fern nicht die übliche Betriebsweise mehr oder 
weniger als 300 Arbeitstage ergibt. War der 
Verletzte vor dem Unfall noch kein volles Jahr 
beschäftigt, so wird die Zahl seiner Arbeitstage 
im Betrieb mit dem Tagesdurchschnittsverdienst 
vervielfältigt, für die übrigen betriebsüblichen 
Tage des Jahrs wird der Durchschnittsverdienst 
gleichartiger Arbeiter in demselben oder benach- 
barten gleichartigen Betrieb eingestellt. Ist diese 
Berechnung nicht möglich, so wird die betriebs- 
übliche Zahl der Arbeitstage im Jahr mit dem 
Tagesdurchschnittsverdienst des Verletzten während 
der Beschäftigung im Betrieb vervielfältigt. Bei 
sog. Soison= oder Kampagnebetrieben wird für 
die an 300 fehlenden Betriebstage der Ortslohn 
für Erwachsene zur Zeit des Unfalls zugezählt. War 
der Verletzte nur stundenweise beschäftigt, so darf 
höchstens der durchschnittliche Verdienst eines gleich- 
artigen Arbeiters während des ganzen Arbeitstags 
eingesetzt werden. Bei mindestens wochenweise 
bestimmten Beträgen gilt das Vorstehende ent- 
sprechend. Von mehr als 1800 M Jahresverdienst 
wird nur ½ angerechnet. Es wird mindestens 
das 300fache des Ortslohns für Erwachsene ein- 
gesetzt, bei schon Erwerbsunfähigen ein entsprechen- 
der Teil davon. Leistungen der Krankenkassen 
infolge eines Unfalls über ihre Pflicht hinaus 
hat von der 14. Woche nach dem Unfall die Be- 
rufsgenossenschaft zu erstatten, falls diese nicht 
einzutreten hat, der Unternehmer. Die Berufs- 
genossenschaft kann schon vor Ablauf der 13. Woche 
nach dem Unfall ein Heilverfahren eintreten lossen 
oder Auskunft über den Zustand des Verletzten 
verlangen. Fällt das Krankengeld vor Ablauf 
der 13. Woche fort, so ist von dem Fortfall ab 
die Rente zu gewähren. Ist das Krankengeld zu 
Unrecht eingestellt, so geht der Anspruch darauf 
Sozialversicherung. 
  
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auf die Berufsgenossenschaft über. Tritt der Tod 
ein, so sind außer den vorstehenden Leistungen als 
Sterbegeld der 15. Teil des Jahresarbeitsver- 
dienstes, mindestens 50 M, und vom Todestag ab 
eine Hinterbliebenenrente zu gewähren. Die Witwe 
erhält bis zum Tod oder ihrer Wiederverheiratung 
des Jahresarbeitsverdienstes; ebensoviel jedes 
Kind bis zum vollendeten 15. Lebensjahr; un- 
eheliche Kinder nur, wenn der Verstorbene sie nach 
gesetzlicher Pflicht unterhalten hat. Rente erhalten 
auch die Kinder einer unverheirateten Mutter. 
Der erwerbsunfähige bedürftige Witwer, welchen 
die Ehefrau unterhalten hat, erhält ½ ihres Ar- 
beitsverdienstes, ebenso jedes ihrer Kinder. Das- 
selbe gilt von Verwandten aufsteigender Linie und 
elternlosen Enkeln bis zum 15. Lebensjahr. Die 
Hinterbliebenenrenten dürfen zusammen ¾ des 
Arbeitsverdienstes des Verstorbenen nicht über- 
steigen. An Stelle der Krankenbehandlung und 
Rente kann freie Kur und Verpflegung in einem 
Krankenhaus nebst Angehörigenrente oder Haus- 
pflege treten. Erneute Heilbehandlung darf ge- 
währt werden, wenn sie Besserung der Erwerbs- 
fähigkeit erwarten läßt. Wird das Heilverfahren 
vom Verletzten schuldhaft vereitelt, so kann die 
Rente auf Zeit ganz oder teilweise entzogen wer- 
den. Anstatt der Rente kann auch Invalidenhaus= 
usw. Pflege treten. In den ersten 2 Jahren nach 
dem Unfall darf jederzeit bei Anderung des Zu- 
standes des Verletzten die Rente neu festgestellt 
werden, später, oder wenn vorher Dauerrente 
festgestellt worden ist, nur nach Ablauf je eines 
Jahres. Der Bescheid, der die Rente herabsetzt 
oder entzieht, wirkt vom Ablauf des auf die 
Zustellung folgenden Monats. Erhöhung oder 
Wiedergewährung der Rente kann nur für die 
Zeit nach Anmeldung des Anspruchs verlangt 
werden. Für den Monat, in dem der Anspruch 
abläuft, wird die Rente noch voll bezahlt. Hat 
der Verstorbene die Entschädigung noch nicht er- 
halten, so sind nacheinander der Ehegatte, die 
Kinder, der Vater, die Mutter und die Geschwister 
in häuslicher Gemeinschaft empfangsberechtigt. 
Die Rente ruht während der Verbüßung von 
Freiheitsstrafen, Aufenthalts in Besserungshäu- 
sern, im Ausland, wenn der Aufenthalt nicht ge- 
meldet wird, und bei strafrechtlich verurleilten und 
ausgewiesenen oder freiwillig im Ausland woh- 
nenden Ausländern. Renten bis zu / der Vollrente 
und Ausländerrenten können abgefunden werden. 
Die Berufsgenossenschaften als Träger der 
Versicherung umzfassen die Unternehmer der 
versicherten Betriebe ihrer Bezirke. Das Reich und 
die Bundesstaaten sind für ihre Post., Telegra- 
phen-, Marine= und Heeresverwaltungen, Eisen- 
bahnen einschließlich der Bauarbeiten und der 
Tätigkeiten bei nicht gewerbsmäßigem Holten von 
Reiltieren und Fahrzeugen selbst Träger der Ver- 
sicherung. Dasselbe gilt von Baggerei-, Binnen- 
schiffahrts-, Flößerei., Prahm- und Fährbetrieben 
des Reichs und der Staaten, sofern sie nicht den
	        
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