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des Berechtigten nacheinander in Anspruch nehmen:
der Ehegatte, die Kinder, der Vater, die Mutter,
die Geschwister, wenn sie zur Zeit des Tods mit
dem Berechtigten in häuslicher Gemeinschaft
lebten. Die Rente wird bei Wegfall der In-
validität entzogen. Behufs Herbeiführung
der Erwerbsfähigkeit kann die Anstalt ein Heil-
verfahren einleiten. Die Zeit früheren Renten-
bezugs wird bei neuem Bezug wie eine Krank-
heitszeit angerechnet. Die Rente ruht neben einer
reichsgesetzlichen Unfallrente, soweit beide den 7⅛.=
fachen Grundbetrag der Invalidenrente, bei
Witwen- und Witwerrenten den 3 ½ fachen, bei
Waisenrenten den 3fachen Grundbetrag der In-
validenrente des Ernährers übersteigen würden.
Sie ruht ferner aus den gleichen Gründen wie die
Unfallrente. Ausländer können abgefunden wer-
den. Zu Unrecht abgelehnte, entzogene oder zu
niedrig festgestellte Renten können neu festgestellt,
überhobene Renten brauchen nicht eingezogen zu
werden. Treffen mehrere Renten auf Grund der
Invaliden= und Hinterbliebenenversicherung zu-
sammen, so ruht von da ab die niedrigere. Fa-
brik-, Seemanns= und ähnliche Kassen können ihre
Leistungen gleicher Art höchstens um den Wert
der reichsgesetzlichen Bezüge unter entsprechender
Herabsetzung der Beiträge ermäßigen.
Träger der Versicherung sind die Versiche-
rungsanstalten und die Sonderanstalten. Die
Versicherungsanstalten werden nach Be-
stimmung der Landesregierungen mit Genehmi-
gung des Bundesrats errichtet. Die Anstalt um-
faßt alle in ihrem Bezirk Beschäftigten, soweit sie
nicht Sonderanstalten angehören. Die Anstalts-
bezirke können mit Genehmigung des Bundesrats
geändert werden. Die innere Verfassung
regelt der Ausschuß durch die Satzung, deren
wesentlichen Inhalt das Gesetz vorschreibt. Wegen
der Genehmigung gelten die Vorschriften für die
Unfallversicherung. Die Organe der Anstalten
sind der Vorstand und der Ausschuß. Der Vor-
stand verwaltet die Anstalt nach Gesetz und
Satung mit der Eigenschaft einer öffentlichen
Behörde. Seine Geschäfte führen Berufsbeamte.
Als nichtbeamtete Mitglieder gehören dem Vor-
stand Vertreter der Arbeitgeber und Versicherten
des Anstaltsbezirks an (ugl. oben Abschn. „Auf-
bau der Wahlen"). Dem Ausschuß, be-
stehend aus Vertretern der Arbeitgeber und Ver-
sicherten, sind vorbehalten die Wahl der nicht-
beamteten Vorstandsmitglieder, die Festsetzung
des Voranschlags, Abnahme der Jahresrechnung
und Anderung der Satzung. Der Voranschlag
muß der Aussichtsbehörde vorgelegt werden, die
ihn beanstandet, wenn er gegen Gesetz oder Satzung
verstößt oder die Leistungsfähigkeit der Anstalt zur
Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gefährdet.
Berücksichtigt der Ausschuß die Anstände nicht,
so entscheidet der Beschlußsenat der Aussichts.
behörde. Bei Erwerb, Veräußerung oder Be-
lastung von Grundstücken über 1000 M Wert
Sozialversicherung.
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wird die Anstalt vom Vorstand und Ausschuß
vertreten. Vom Vermögen der Anstalt muß
mindestens ¼ in Anleihen des Reichs oder der
Bundesstaaten angelegt werden. Für die Ver-
mögensverwaltung gelten auch im übrigen im
wesentlichen die Vorschriften für die Berufsge-
nossenschaften. Anstalten des Reichs, der Staaten
oder Gemeinden kann der Bundesrat als Sonder-
anstalten zulassen. Ihre Leistungen müssen
denen der Versicherungsanstalten mindestens gleich-
wertig sein. An ihrer Verwaltung müssen die ge-
heim gewählten Arbeitervertreter beteiligt sein.
Für den reichsgesetzlichen Anspruch muß die bei
andern Sonderanstalten und bei Versicherungs-
anstalten zurückgelegte Beitragszeit angerechnet
werden. Das Verfahren über die Ansprüche gegen
die Sonderanstalten muß dem reichsgesetzlichen ent-
sprechen. Die Sonderanstalten erhalten zu ihren
reichsgesetzlichen Leistungen den Reichszuschuß.
Statt der Beitragserhebung kann ein Bescheini-
gungsverfahren eintreten. Die Seeberufsgenossen-
schaft kann unter eigner Haftung für die bei ihren
Mitgliedern Beschäftigten und für die Mit-
glieder, die gleichzeitig der Unfall= und der In-
validen= und Hinterbliebenenversicherung unter-
liegen, eine Sonderanstalt einrichten. Sie be-
steht bereits. Die Aufsicht über die Versiche-
rungsanstalten führt das Reichsversicherungsamt,
sofern nicht ein Landesversicherungsamt besteht,
das eintritt, wenn die Anstalt über seinen Bezirk
nicht hinausreicht. Für die Rentenauszah-
lung durch die Post gelten im wesentlichen die
Bestimmungen für die Unfallversicherung. Zur
Aufbringung der Mittel leistet das Reich
die oben erwähnten Zuschüsse, die Arbeitgeber und
Versicherten Wochenbeiträge, die der Bundesrat
erstmalig bis Ende des Jahrs 1920 und dann
alle 10 Jahre festsetzt. Die Beiträge werden so
bemessen, daß der Wert aller künftigen Beiträge
und das Vermögen den Betrag decken, der nach
der Wahrscheinlichkeitsberechnung mit Zins und
Zinseszins erforderlich ist, um alle Aufwendungen
der Versicherungsanstalten zu bestreiten. Zunächst
werden als Wochenbeitrag nach den Lohnklassen
ansteigend erhoben 16, 24, 32, 40, 48 Pf.
Militärdienst und Krankheitszeiten werden regel-
mäßig als Beitragswochen II. Lohnklasse angesetzt.
Die Gemeinlast die alle Versicherungsanstalten
gemeinsam tragen, bilden die Grundbeträge der
Invaliden= und die Zuschüsse für Kinderrenten, die
Anteile der Anstalten an den andern Renten, dem
Witwengeld und der Waisenaussteuer, die Renten-
steigerung aus Militärdienst- und Krankheits-
wochen, die Rentenaufrundungen und die Ausgaben
für Zusatzrenten. Alle übrigen Verpflichtungen trägt
jede Anstalt für sich als Sonderlast. Mehrere
Versicherungsanstalten können Rückversiche-
rungsverbände zur gemeinsamen Tragung
der Lasten der Invaliden= und Hinterbliebenen-
versicherung vereinbaren. Für die Verbindlichkeiten
der Anstalten haftet der Gemeindeverband, in