das liberale Kriegskomitee setzt eine geheime Sitzung durch; Churchill
scheint die treibende Kraft zu sein. Hinter der Tagesordnung: „Mann-
schaftsersatz“ verbirgt sich deutlich der Plan, die Dolitik des General-
stabs einer Kritik zu unterziehen, die bis auf die Fundamente reicht. Selbst
in der Offentlichkeit wird der Generalskab in die Defensive gedrängt. Am
ihn zu entlasten, deutet Repington auf Geheimpapiere aus dieser „tragi-
schen“ Zeit, die beweisen, daß der französische Generalstab dem Nat des
englischen zuwidergehandelt hat. Repington räumt eine entscheidende Posi-
tion. Er gibt seinen Gegnern zu, daß die Alliierten den großen Schlag ver-
tagen müssen, bis sie ihn mit überwältigender Aberlegenheit führen können,
aber er entwertet diese Konzession durch die Forderung: England und
Amerika haben diese Abermacht noch in diesem Jahr herzustellen. 200000
amerikanische Rekruten will er bis zum Herbst an der französischen Front
haben: Frankreich könne nicht bis zum nächsten Jahr warten. Es habe seine
letzten Reserven im Feld.
Die Antwort kommt aus der liberalen Dresse mit aller Deutlichkeit
zurück: England und Amerika können und dürfen die Forderung des Gene-
ralstabs nicht erfüllen. Amerika muß sich in diesem Jahre auf die einzig
rettende Aufgabe konzentrieren: die Deblockierung Englands. Keine Kraft-
anstrengung — so heißt es mit fühlbarer Eifersucht — zugunsten der ameri-
kanischen Flotte und Armee, solange der englische Schiffsraum in tödlicher
Gefahr ist. Ebensowenig kann England den verlangten Mannschaftsersatz
aufbringen, ehe es die Bedürfnisse der Landwirtschaft und des Schiff-
baues befriedigt und die U. Bootgefahr gemeistert hat.
Daran kann kein Zweifel sein: sie ist noch nicht überstan-
den. „Die deutschen Versenkungsziffern sind annähernd wahr,“ so erklärt
im Unterhaus am 24. April 1917 ein Führer der englischen Opposition,
MRunciman, hinter dem starke Schiffahrtsinteressen stehen. Allenthalben
wird der Ton ernsthafter Sorge laut, nicht nur auf den Bänken der Oppo-
sition, auch am Regierungstisch, besonders aber unter den Sachverstän-
digen, die in der Presse schreiben. Sie warnen vor einer Herabminderung
der Vitalität der arbeitenden Klassen, sie sprechen von drohendem ernsten
Mangel und beschimpfen die „indolente“ Regierung, die 5 Minuten vor 12
die Warnungen noch nicht beherzigen wolle.
Aber die Männer, die Alarm schlagen, weisen gleichzeitig auf Abwehr-
mittel hin, an deren Erfolg sie glauben, und die man unmöglich schon als
Maßnahmen der äußersten Not bezeichnen kann. Im Gegenteil: sie sind
milde, gemessen an dem Zwang, unter dem das deutsche Wirtschaftsleben
steht. Wenn in Wahrheit der U. Bootkrieg für England die Niederlage
bis zum Juli herbeiführen würde, so wäre die Nichtanwendung der vor-
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