suchen. Ludendorff fragte: Wie solle der kommen? Haeften: Nur über
England — dort ist der Angelpunkt. Paris ist unversöhnlich. And dann
entwickelte Haeften den Gedanken der politischen Offensive gegen die eng-
lische Heimatfront. Ludendorff hörte aufmerksam zu — am Schlusse war
er gepackt. Nun erklärte Haeften: Diese Aktion setzt eine Ambildung der
Regierung voraus. Eine starke Volksbewegung muß hinter den Kanzler
gebracht werden. Er regte die Bildung eines Ministeriums der inneren
Sammlung an mit einer breiten Front von rechts bis links: führende Per-
sönlichkeiten der öffentlichen Lebens, aus gesucht nach ihrer Tüchtigkeit, ohne
Rücksicht auf Partei und Konfession, sollten ihr angehören. Von geeig-
neten Parlamentariern nannte er unter anderen Graf Westarp, Naumann,
Ebert oder David. Der Feldmarschall und General Ludendorff hörten diese
Vorschläge mit deutlichen Zeichen ihrer grundsätzlichen Zustimmung an.
Nicht viel später wurden ähnliche Erwägungen in der Umgebung des
Kaisers angestellt. Man glaubte auch dort, die Position der Reichsregie-
rung durch die Aufnahme von Parlamentariern stärken zu können, nach
innen wie nach außen. Der Kanzler beauftragte Paver, Vorverhandlungen
einzuleiten. Leider blieben alle diese guten, vorbeugenden Hläne in den ersten
Ansähen stecken. Ansere Regierungsmaschine war wie gelähmt. Die Ur—
sache — so hörte ich später — war die Entfremdung zwischen dem General
Oudendorff und Herrn v. Bethmann. Man mißtraute einander, ja
man orientierte sich nicht einmal mehr. Es waren weniger sachliche Gegen-
sätze, die die beiden Männer trennten; vielmehr könnte man sagen, daß
die persönliche Gegnerschaft eine unsachliche Stellungnahme verursachte.
Die Frage der Wablrechtsreform und der Heranziehung von Parlamen-=
tariern hätte eine raschere Erledigung finden können, wenn nicht die Oberste
Heeresleitung gefürchtet hätte, durch eine Einigung mit Bethmann über
diese großen Fragen seinen Abgang zu verzögern, den sie für eine Staats-
notwendigkeit hielt. Der General Ludendorff glaubte, daß nur eine Kampf-
natur die öffentliche Meinung und das Parlament meistern könnte. And
im Grunde — so meinten seine Freunde — verlangte der General nach
einem Kanzler, der auch ihn meistern könnte. Tiefgehende Temperaments-
unterschiede lagen zwischen dem Denker Bethmann und dem Tatmenschen
Ludendorff; keiner verstand die Sprache des anderen. Es war, als ob die
unselige Spaltung im deutschen Wesen, auf der unser Versagen in der Ge-
schichte so häufig beruht, sich in diesen beiden Männern in tragischer Weise
verkörpert hätte. Anfang Juli schien ein Kompromiß im Bereich der Mög-
lichkeit, falls der Kanzler sich von Zimmermann, vor allem aber von
Helfferich trennte, den damals die Oberste Heeresleitung als Bethmanns
bösen Geist ansah. Von Solf angeregt sollte eine Aussprache von Mann
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