Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

er dort sein, damit Haeften seinen Bericht noch hörte, ehe Ludendorff am 
Vormittag Kühlmann und Michaelis sähe. 
Dem Scheidenden gab ich noch den Auftrag mit: „Sagen Sie Haeften, 
das Bessere ist der Feind des Guten; um Gottes willen, man warte nicht 
auf einen Kanzler, dessen Nase der Entente besser gefällt, sondern heraus 
mit der Erklärung über Belgien.“ 
Haeften erhielt die Haager Nachrichten noch rechtzeitig, aber es gelang 
ihm erst am Nachmittag, Ludendorff ausführlichen Vortrag zu halten, 
nachdem die Besprechung mit dem Kanzler und Kühlmann schon vorüber 
war. 
Als er am Abend Kreuznach verließ, hatte er das Gefühl, das Menschen- 
mögliche erreicht zu haben. Auf der Fahrt nach Berlin faßte er das Er- 
gebnis seiner Anterredung folgendermaßen zusammen: Es sei kein Zweifel, 
Ludendorff wolle keinen vierten Kriegswinter. Dem General werde es 
schwer, sich von Lüttich zu trennen; aber schließlich habe er sich überzeugen 
lassen, daß nur die uneingeschränkte Erklärung über die Freigabe Bel- 
giens die gewünschte Wirkung erzielen würde. Ludendorff hätte vor, wo- 
möglich noch heute in diesem Sinne mit dem Kanzler zu sprechen.: Der 
General stehe zu Michaelis, den er für eine Führernatur halte. Michaelis 
imponiere ihm, weil er ihm bei einer Gelegenheit energisch widersprochen 
habe. 
III. Die Streitfrage: Soll Michaelis gestützt oder gestürzt 
werden? 
Mitte August wurde die Friedensnote des Papstes veröffentlicht. Die 
belgische Frage war darin als Zentralproblem behandelt: 
„Infolgedessen müßte von seiten Deutschlands Belgien vollständig geräumt 
werden und seine politische, militärische und wirtschaftliche Anabhängigkeit gegen- 
über jeder in Betracht kommenden Macht gesichert werden.“ 
Ich höre, daß der neugebildete Siebener-Ausschuß darauf besteht, sich 
die Antwort vorlegen zu lassen, welche die Regierung erteilt. Werden die 
Herren der Anregung aus dem Haag entsprechen und die Klärung der 
belgischen Frage fordern und durchsetzen? Ich erfahre, daß in Kreisen der 
Zentrumsabgeordeneten das Schwergewicht auf ein erneutes Bekenntnis 
zur Friedensresolution, womöglich in detaillierter Form, gelegt wird. 
über die Lage des Ministeriums Michaelis erhielt ich Mitte August 
den folgenden pessimistischen Bericht: 
1 Aussage Haeftens vor dem Zweiten Untersuchungsausschuß am 2. März 1922. 
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