same Selbsterhaltungstrieb des britischen Imperiums nunmehr die Freiheit
der Meere in das englische Programm aufnehmen würde.
Es unterlag keinem Zweifel, daß Lansdowne die überwältigende Mehr-
heit der Arbeiter unter Henderson, beinahe die gesamte Asquith-Gruppe
und eine Reihe von älteren Staatsmännern, die zwischen der konservativen
und der liberalen Partei standen, auf sein Drogramm vereinen konnte.
Der parlamentarische Korrespondent der „Westminster Gazette“ (vom
30. November 1917) gab wohl die beste Antwort auf die Frage: Was
steht hinter Lansdowne?
„Mitglieder des Parlaments weigern sich, daran zu glauben, daß Lansdowne
nur sein eigenes Gewissen entlastet. In dem Brief steckt ohne Zweifel mehr, als so-
fort ins Auge fällt. Der Brief kommt in einem Augenblick, wo er, wie ein parla-
mentarisches Mitglied sagt, einer großen Masse öffentlicher Meinung Ausdruck
verleiht, die sich bisher stumm verhalten hat, um der Regierung keine Schwierig-=
keiten zu machen. Diese Stimmung war da, und sie wird jetzt den Mut finden, Lord
1 Der damals in unseren Erwägungen mehrfach aufgetauchte Gedanke findet eine
Bestätigung in den Intimate Papers of Colonel House. So in der Aufzeichnung
vom 2. Februar 1915, Band I1, S.376: „Ich speiste heute mit Sir William Tyrrell
[Privatsekretär Greys ], und wir hatten eine höchst interessante Unterhaltung. Er
sprach mit vollkommener Offenheit .. Tyrrell glaubt, daß Großbritannien in der von
mir gestern vorgeschlagenen Konvention — für den Fall, daß ein Abkommen zwischen
allen Mächten, neutralen und kriegführenden, getroffen würde zur Aufstellung von
Regeln für die künftige Kriegführung — der absoluten Freiheit der Handelsschiffe
aller Nationen, in Kriegszeiten unbehelligt die Meere zu befahren, zustimmen
würde. Das kam in unserer gestrigen Konferenz zum Ausdruck, aber Tyrrell ent-
wickelte heute in seiner Unterhaltung: Großbritanmien erkenne an, daß das U.Boot
die RKechtsgrundlage der Seekriegführung gewandelt habe, und Großbritannien in
Zukunft durch eine solche Politik besser geschützt sein würde als in der Bergangen-
heit durch die Erhaltung einer überwältigend starken Flotte.“ Dann geht House nach
Berlin und stellt, wie er Grey schreibt, den deutschen Staatsmännern die großen
Vorteile vor, die Deutschland von der Anerkennung der „Freiheit der Meere“
seitens Englands haben würde. Er findet starken Widerhall beim Kanzler und bei
Zimmermann. „Aus meinen Unterhaltungen mit Ihnen wußte ich, daß Sie eine
größere und prächtigere Zukunft für England in dieser neuen Richtung als in der
alten voraussehen. Ich ließ mir nichts davon merken und überließ sie der Uberlegung,
was für Zugeständnisse sie machen könnten, um ein so vielversprechendes Ziel zu er-
reichen.“ (S. 428.) Ebenso bespricht er die Sache mit Lord Loreburn; dieser sieht
den Vorteil für England klar ein: „Er sagte mir, er glaubte, daß wenn wir die Frei-
heit der Meere zuwege bringen könnten, es der größte Akt der Staatskunst wäre,
der in Jahrhunderten vollbracht wäre. Er meinte, sie würde für die anderen Nationen
100 Prozent wert sein und 120 Prozent für England, obgleich es schwer halten
würde, dies der englischen Einsicht klarzumachen ...Ich sagte ihm, ich hätte in
Berlin gezittert, als ich dem Kanzler und dem Auswärtigen Amt dieses vorschlug,
aus Angst, sie würden sehen, daß es mehr in Englands Vorteil als in ihrem eigenen
sei, und deshalb nicht bereit sein, dafür Konzessionen zu machen.“ (S. 432.)
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