Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

nachdem die eine Hälfte des Volkes erklärt hat: „Wir wollen Frieden 
haben" und die Regierung, der Opposition zum Trog, die Fortsetzung 
des Krieges erzwungen hat. 
„.. Alles kommt auf den Zeitpunkt an, in dem wir in die Verhand- 
lungen eintreten. Ob wir unsere Forderungen durchsetzen, hängt in erster 
Linie ab von unserer militärischen Kraft in dem Augenblick, wo wir die 
Verhandlungen beginnen können. Sind wir imstande, nein zu sagen und 
nochmals zu schlagen, so setzen wir unsere Forderungen durch. Tritt 
aber ein Deutschland an den Verhandlungstisch, zermürbt und aus- 
geblutet, wenn auch auf dem Höhepunkt seiner militärischen Triumphe, 
so können uns die Feinde diplomatisch lahmlegen, nachdem es ihnen 
militärisch nicht gelungen ist. Die deutsche Offensi ve im Westen 
ist eine mächtigere politische Waffe heute in der Erwar- 
tung, als nachdem sie vorüber ist.: 
„Es ist von der größten Bedeutung für unsere gesamte innerpolitische 
Entwicklung, daß der Friede zustande kommt auf Grund einer Mäßi- 
gung unserer Militärs. Soll unser Volk militärfreudig bleiben, so darf 
niemals gesagt werden, daß eine diplomatisch für den Frieden reife 
Situation vorüberging, weil die Militärs erst restlos alle ihre Trümpfe 
ausspielen wollten. Auch der genialste Feldherr, auch Moltke, brauchte 
das Gegengewicht des politischen Maßhaltens. Heute haben wir keinen 
Bismarck als Gegengewicht. Das legt unseren Feldbherren die 
große, die ungeheure, die übermenschliche Verantwortung 
auf, selbst das Gegengewicht gegen die rein militärischen 
Forderungen zu bilden.“1 (11. Dezember 1917.) 
Ich weiß nicht, ob diese Warnung General Ludendorff je erreichte. 
In jedem Falle war die Stimmung bei der Obersten Heeresleitung nicht 
mehr aufnahmefähig. Im August 1917 vor die Wahl gestellt: Kampagne 
von 1918 oder Verständigungsfriede 1917, hätte General Ludendorff 
auch in die unzweideutige Erklärung über Belgien gewilligt, um den Ver- 
ständigungsfrieden herbeizuführen. Jetzt aber rang man mit dem großen 
Entschluß zur Offensive 1918. Und gleichzeitig gewann eine Vorstellung 
in der Amgebung der Generale an Boden, die im Januar 1918 gar den 
Weg in die Presse fand:? „Wenn wir noch einmal schlagen, so muß sich 
wenigstens der zu schließende Friede lohnen — kein Verzichtfriede, son- 
dern Sicherungsfriede.“ Ich nahm damals an, daß die Reichsleitung zwar 
diesen Trugschluß nicht bekämpft, zum mindesten aber auch nicht ermutigt 
1 Von mir gesperrt. 
: „Tag“ vom 25. Jamr#ar 1918. 
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