Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

möchte ich sagen: Die Engländer wissen ganz genau, daß ihre Anklagen 
gegen unsere koloniale Vergangenheit auf trügerischem Boden gebaut 
sind, und sie wissen auch, wie viele Zeugen zu unseren Gunsten in Eng- 
land selbst vorhanden sind. Zwar ist es gelungen, diese Zeugen durch 
einen ungeheuren Terrorismus mundtot zu machen, aber hier und da 
haben sie sich doch mit einem schüchternen Protest ans Tageslicht ge- 
wagt, soweit sie nicht wie Morel wegen Wahrheitsagens im Gefängnis 
sitzen. 4 
„Sicher aber ist dieses Eine: Viele Engländer, die gegen unsere afri- 
kanischen Truppen gekämpft haben, schämen sich, daß man sich nicht 
scheut, ihren tapferen Gegner mit Schmutz zu bewerfen. Oft ist es ihnen 
schwer genug geworden, gegen ihre Kameraden von gestern, gegen ihre 
Mitarbeiter an einer großen Kulturaufgabe schwarze Armeen führen 
zu müssen. Ich vertraue, daß die Gestalt des Generals v. Lettow--Vorbeck 
in den feindlichen Annalen dieses Krieges dereinst eine ebenso sagenhafte 
Größe haben wird, wie in den unfrigen. 
„Wir haben das größte Interesse daran, nach dem Kriege die gesamten 
Greuelbehauptungen der Engländer einer internationalen Antersuchung 
und Aufklärung zuzuführen — aber auch heute dürfen wir nicht still. 
halten 
„Sollte die englische Regierung sich auf den Standpunkt stellen, das 
Selbstbestimmungsrecht der Eingeborenen in den deutschen Kolonien zu 
fordern, so möchte ich heute schon die Gegenforderung anmelden, eine 
Volksabstimmung in Ceylons über den Fortbestand der englischen Herr- 
1 Morel wurde unter dem Vorwand der Abertretung einer Zensurvorschrift am 
31. August 1917 verhaftet und zu sechs Monaten schweren Gefängnisses verurteilt 
(vgl. H. Lutz, E. D. Morel, der Mann und sein Werk, Berlin 1925, S. 48). Die 
dort verbrachte Leidenszeit hat sicher zu seinem frühen Tode beigetragen. 
*„ Der „Manchester Guardian“ vom 2. November 1917 veröffentlichte einen 
kurzen Auszug über die Maßnahmen der englischen Lokalbehörden zur Unterdrückung 
der AUnruhen in Ceylon im Frühling 1915. In Wahrheit aus religiösen Streitigkeiten 
zwischen Moors und Singhalesen entstanden, wurden diese Anruhen als Aufruhr 
gegen die britische Herrschaft umgefälscht, und ein erbarmungsloses Strafgericht 
wurde ins Werk gesetzt. Nachdem längst alles beruhigt war, wurden Singhalesen 
ohne irgendeine Art von Verhör erschossen. In keinem der untersuchten Fälle von 
Himichtung konnte selbst auf Grundlage des Kriegsrechts eine gesetzliche Berechtigung 
festgestellt werden. Strafexpeditionen zogen im Lande umher, überfielen kleine Ort- 
schaften und wüteten willkürlich unter der Bevölkerung, derart, daß der amttliche 
Bericht selbst erklärt, der Regierungskommissar schiene seinen Auftrag so aufgefaßt 
zu haben, daß er die Lynchjustiz in seinem Gebiete einführen und sich mit seiner 
Datrouille so betragen dürfe, wie man es in Schauerromanen aus dem Wilden 
Westen zu lesen pflege. Das Bezeichnende an der ganzen Sache ist, daß die amt- 
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