Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

schaft zu veranstalten. Über das Ergebnis bin ich so sicher wie über den 
Ausfall eines Referendums in Ostindien und in Singapore, wo wäh- 
rend des Krieges auch ein furchtbares Blutregiment an der Arbeit war. 
Daß wir es hier nicht mit Einzelerscheinungen zu tun haben, sondern 
daß eine grundsätliche Wandlung in Englands Auffassung seiner koloni- 
satorischen Pflichten und Methoden gegenüber Farbigen und Weißen 
vorliegt, beweisen grundlegende Beschlüsse, die in Westminster gefaßt 
worden sind. Ich erinnere nur an die skrupellose Verwendung farbiger 
Truppen auf dem europäischen Kriegsschauplaßz. England ist hier immer 
mehr in das Fahrwasser der Franzosen geraten. Noch hat England 
nicht die Wehrpflicht für seine farbigen Antertanen eingeführt, aber schon 
finden Zwangsaushebungen statt, und eine der ausschlaggebenden Vi- 
guren des Lloyd Georgeschen Kabinetts, der „Stratege“ Winston 
Churchill, erhofft noch immer die Entscheidung auf dem europäischen 
Kriegsschauplatz von einer rücksichtslosen Versklavung der farbigen Be- 
völkerung für die militärischen Zwecke Englands. Wie ein furchtbarer 
Hohn auf die Gesinnung des heutigen England klingt das Wort, das 
vor einigen Monaten General Smuts sprach:, Nur fair play, Gerechtig- 
keit und die gewöhnlichen christlichen Tugenden dürfen die Grundlage 
unserer Beziehungen zu der schwarzen Bevölkerung bilden.“ 
„Die Engländer legten ehedem, und, wie ich glaube, mit Recht, noch 
einen zweiten Prüfstein an das moralische Recht einer Nation, Ko- 
lonialmacht zu sein: das war die Auffassung von der Stellung des 
Weißen gegenüber den Eingeborenen und von den Dflichten gegenüber 
den weißen Schwesternationen. Auch diese Probe fällt für das heu- 
tige England moralisch vernichtend aus. Mit einem Zynismus ohne- 
gleichen wurde das Ansehen der weißen Nasse in Afrika preisgegeben 
und damit alle Grundlagen des europäischen Missions- und Erzieher- 
berufes untergraben. Ich erinnere an die Auspeitschung von Deutschen 
vor Schwarzen und durch Schwarze und an die Austreibung unserer 
Missionen, die sich oft unter raffinierter Grausamkeit und Demütigung 
vollzog. Auch hier wiederum keine Einzelvergehen minderwertiger Der- 
sonen, die ohne Aufsicht handeln, sondern die methodische Ausführung 
einer Kriegspolitik mit dem Endzweck, auch nach dem Kriege zu wirken. 
„Zu demselben Endzweck wurde eine dritte Grundlage der zivilisierten 
Kolonialpolitik zerstört, eine Grundlage, die früher England als not. 
lichen Leiter dieser Menschenschlächtereien keinerlei Bestrafung außer der Enthebung 
aus ihrer Tätigkeit als Friedensrichter erlitten haben, trotz ihres "ekelhaften und 
abscheuerregenden Betragens“, wie es der GBericht nennt. 
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