wendig erachtet hatte, um das Wesen der Kolonialmacht moralisch zu
rechtfertigen. Sir Harry Johnston schrieb vor dem Kriege:
„Nur, weil die britische Handelspolitik bisher so prächtig fair und frei gewesen
ist aller Welt gegenüber, in allen britischen Besitzungen, hat die übrige Welt ohne
ungebührliches Murren erlaubt, daß eine Bevölkerung von nur einigen vierzig
Millionen in Nordwesteuropa sich die Beherrschung der besten Teile Afrikas,
Asiens, Australiens und Amerikas angemaßt hat. Aber eine Umkehrung dieser
Politik würde meiner Meinung nach gelegentlich alle die anderen großen handel.
treibenden Mächte der Welt zu einer Liga gegen uns vereinigen.“
„So weit ist es jetzt gekommen! Die britische Handelspolitik hat sich
in der Tat umgekehrt. Das England, dessen Söhne so stolze Sätze aus-
sprechen konnten, ist heute ohnmächtig. Bisher galt die englische Ober-
hoheit in einem überseeischen Gebiete auf der ganzen Welt als Garantie
für die Rechtssicherheit der Person und des Eigentums. Besonders der
deutsche Kaufmann steckte seinen Fleiß, seine Intelligenz und sein Kapital
fast ebenso gern in Kolonialunternehmungen auf englischem Hoheits-
gebiet wie auf deutschem, im Vertrauen auf Englands Kaufmannsehre
und auf die Billigkeit seiner Rechtsprechung. Noch zu Anfang des
Krieges war mancher unserer Kaufleute bereit, zu schwören, daß sein
Vermögen während des Krieges in Englands Schug sicher aufbewahrt
wäre. Es ist anders gekommen. Der deutsche Kaufmann, die ganze
Welt hat in diesem Punkt gewaltig umlernen müssen. Die Liquida-
tionen des deutschen Besitzes in den Kolonien Englands sind mit uner-
hörter Rücksichtslosigkeit unter Bernichtung großer Werte vor sich ge-
gangen: die Ausnutzung des „Trading with the Enem)y“--Gesetzes, um
sich geschäftlichen Verpflichtungen zu entziehen, die Vernichtung von
Geschäftsbüchern nach gründlicher Durchstöberung zum Zwecke des Auf-
spürens von Geschäftsgeheimnissen, alles unter der Maske einer behörd-
lichen Aufsichtsführung, das hat gezeigt, wie die Regierung, die heute
in England an der Macht ist, diesen Krieg in der Tat zur Vernichtung
des deutschen Handels führt. Llopd George hat es kürzlich in seiner
großen Offenherzigkeit selbst eingestanden.
„Ich bin mir dessen voll bewußt: mit dieser Gesinnung bei unseren
Feinden bleibt der Wunsch und die Hoffnmung nach dem gemeinsamen
Aufbau der kolonialen Zukunft, auf die Neuschaffung der verlorenen
ideellen Werte eine Acopie! Es bleibt der Krieg im Frieden, d. h. auf
Afrika angewandt, es bleibt das bisherige System eifersüchtigen Wett-
bewerbs der Kolonialmächte, unter dem die Entfaltung der produktiven
Kräfte des Landes und der Aufstieg der Eingeborenen naturnotwendig
gelähmt wird. Anter diesen Voraussetzungen wird Afrika nicht den all-
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