Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

neuerung sein. Nicht nur bei uns, auch in Feindesland. Auch dort fallen 
gerade die Besten. Wer möchte darüber frohlocken? Es kann dazu 
kommen, daß Europa nicht mehr die Heilkraft wird aufbringen können, 
die notwendig ist, um seine furchtbaren Wunden zu schließen. 
„Heute hat es den Anschein, als ob der Krieg bis zur äußersten Er- 
schöpfung Europas durchgefochten werden muß. Das ist Amerikas Wille 
und auch der Wille der französischen und englischen Regierung. Sie 
stoßen dreist jene allgemeinen Menschheitsziele ab, weil sie in ihnen die 
Pfeiler sehen, auf denen die große Brücke zwischen den Bölkern gebaut 
werden könnte. 
„Hloyd George will nichts von einem Handelsfrieden wissen. Er stellt 
die Zerstörung des deutschen Handels als englisches Kriegsziel in den 
Vordergrund und lehnt die Freiheit der Meere ab. Clemenceau 
sagt sich von der „Oiga der Nationen“ zur Vermeidung künftiger 
Kriege los, ohne Rücksicht auf das alte amerikanische Drogramm, und 
Lord Northcliffe beruft sich auf Präsident Wilson als auf seinen nächsten 
Gesinnungsgenossen. Präsident Wilson will nicht unser Gebiet, wohl 
aber unsere Seelen amerikanisieren. 
„Das sind Kundgebungen, an denen es nichts zu deuteln gibt. Aber wir 
dürfen uns nicht von Clemenceau und Lloyd George täuschen lassen. Die 
Einigkeit hinter ihren Fronten, von der sie sprechen, existiert nicht. Sowohl 
in Frankreich wie in England sind Kräfte am Werk, die keinen Gewalt- 
frieden wollen, sondern nur einen Frieden, der sich mit der Ehre und 
Sicherheit ihres Landes vereinigen läßt. Erst die feindlichen Minister 
haben uns verraten, wie stark diese Kräfte sind. Warum bedroht sonst 
Clemenceau alle Anhänger eines Verständigungsfriedens mit dem 
Kriegsgericht? Warum führt sonst Lloyd George den Terrorismus 
der Zensur selbst in das englische Darlament ein? Darüber kann kein 
Zweifel sein: es ist im Feindesland eine Gesinnung im Wachsen, vor der 
die Kriegshetzer sich fürchten. Ihre Vertreter sind mögliche Träger der 
Macht. Aber wir dürfen uns auch keine Illusionen machen: heute sind 
sie noch zur politischen Ohnmacht verurteilt, und sie mögen es noch lange 
bleiben. 
„Aus dieser Tatbestandaufnahme ergibt sich eine doppelte flicht: 
daß wir einmal unsere ganzen nationalen Kräfte zusammenraffen für 
den schweren Kampf, der uns noch bevorsteht, und daß wir zugleich da- 
nach streben, Klarheit zu schaffen, mit welcher Gesinnung wir im Gegen- 
satz zu den feindlichen Regierungen an die Ordnung der Dinge heran- 
zutreten entschlossen sind. Wollen wir diese Klarheit schaffen, so dürfen 
wir allerdings nicht den Kampf der Meinungen in Deutsch- 
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