Schwergewicht seines Angriffs auf uns. Es hagelte Funksprüche und Flug-
blätter auf unsere Soldaten: die Heeresleitung und der deutsche Imperialis=
mus seien schuld an der Verlängerung des Kriegs. Die bolschewistischen.
Agenten in Deutschland erhielten verschärfte Instruktionen im Sinne des
Aktivismus. Zweifellos wurde Trotzki zur Verlegung seines Großangriffs
auch durch die optimistischen Situationsberichte der deutschen Anabhängigen
ermutigt. Der „Sozialistischen Korrespondenz“ zufolge ist um Weihnachten
die dringende Mahnung nach Detersburg lanciert worden, die Friedens-
verhandlungen zu verschleppen, weil die Entwicklung in Deutschland sich
in revolutionärem Sinne vollziehe; der Abschluß eines Separarfriedens
zwischen Deutschland und Rußland wäre verwerflich, weil er die erwähnte
Entwicklung beeinträchtige und die herrschenden Schichten stärke.
Auch Lloyd George war durch uns aus einer großen Verlegenheit befreit
worden. Er war bisher der Lansdowne-Bewegung nicht Herr geworden
trotz mehrfacher Vorstöße. Zunächst hatte er Bonar Oaw und seine konser-
vative Meute auf den alten Führer gehetzt, dann war er selbst am 14. De-
zember 1917 in voller Kriegsbemalung erschienen und hatte eine neue
Knock out-Mede gehalten. Aber der kriegsvergnügte Ton war verstummt,
Lloyd George hatte mit einer grimmen und verbissenen Wahrhaftigkeit den
Ernst der militärischen Situation geschildert: Amerika ist noch nicht drinnen
und Rußland ist draußen. Zum Schluß das Bekenntnis: Ich fürchte mich
weniger vor den extremen Dazifisten als vor dem Mann, der glaubt, daß
es eine Zwischenstation zwischen Sieg und Niederlage gibt. Und dann
war die Rede in den Schlachtruf ausgeklungen: Deutschkand müsse bestraft
werden, denn der Verbrecher dürfe nicht mächtiger sein als das Geseg.
Aber der Premierminister war nicht durchgedrungen.
Die liberale Opposition hatte sich der Forderung Lansdownes bemächtigt
nach Revision der im Januar 1917 proklamierten Kriegsziele.! Lansdownes
Bekenntnis zum Verständigungsfrieden hatte eine stürmische Zustimmung
bei den Gewerkschaften gefunden. Vor allem aber war der Widerhall in
Amerika bedenklich gewesen: Heraus mit einem neuen Friedensprogramm,
bevor die furchtbare Kraftprobe im Westen kommt.
In diese Stimmung fiel die Aufforderung der russischen Regierung, sich
an den Verhandlungen zu beteiligen. Schon wurde von verschiedenen Seiten
die Verantwortung für die Fortsetzung des Krieges Lloyd George an-
geheftet. Die Knock out-olitik hatte verspielt, wenn jetzt Deutschland
den ersten „demokratischen Frieden“ in die Scheuer brachte.
1 Note vom 10. Januar 1917, die gemeinsame Antwort der Entente auf die
amerikanische Friedensnote vom 21. Dezember 1916.
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