„So haben sich denn Lloyd George und Clemenceau für die Kam-
pagne von 1918 entschieden. Das Verantwortungsgefühl gegenüber
der Menschheit hätte gefordert, daß man die Hölle dieses Jahr nicht
noch einmal losläßt, bevor der ehrliche Versuch gemacht wurde, ob nicht
die Differenzen zwischen den Kriegführenden schon so weit geschwunden
sind, daß Verhandlungen sie überbrücken können. Ich halte es für mög-
lich, ja für sehr möglich, daß dieser Versuch gescheitert wäre, aber von
jedem gewissenhaften Menschen wäre eine ungeheure Last genommen;
man hätte Klarheit bekommen. In gewissem Sinne hat man auch jetzt
Klarheit. Die Menschheit soll in die Kampagne dieses Jahres eintreten,
welche die blutigste von allen werden muß, weil es in Versailles so be-
schlossen worden ist.“
Dr. Mantler fragte mich, ob mir die Lansdownesche Rede nicht
einen Ausweg zu weisen schiene.
Ich antwortete: „Das Wort vom „lauteren Frieden“ hat einen guten
Klang. Der Gedanke ist richtig, daß als Vorarbeit zum Frieden eine
Einigung über gewisse allgemeine Ziele erreicht werden muß, Ziele, die
sich aus der Fülle der Sonderbestrebungen herausheben;: die nicht irgend-
einer Nation gehören, sondern gewissermaßen allen Völkern. Jede öffent-
liche Diskussion ist bier förderlich.
„1. Ich will anfangen mit einer Forderung, die tief in der Ge-
schichte des deutschen Volkes wurzelt, der Freiheit der Meere. Das
Prinzip, das der Freiheit der Meere zugrunde liegt, besagt, daß
den Nichtkombattanten zu Wasser und zu Lande die Leiden des
Krieges erspart werden sollen: es darf kein neuer Hungerkrieg mehr
geführt werden. Die Sicherstellung der Freiheit der Meere würde
mehr bedeuten als eine humanere Gestaltung kommender Kriege — sie
wäre eine Friedensgarantie, denn die Aussicht, straflos die Seemacht
mißbrauchen zu können, ist eine der größten Versuchungen zum Kriege.
„2. Die Welt darf nicht in zwei Mächtegruppen zerrissen werden,
die sich mit Rüstungen überbieten. AUns muß das Ziel leiten, das der
Reichskanzler im November 1916 aufgenommen hat, das Ziel der
Zusammenarbeit der Völker zur Verhinderung künftiger Kriege. Aber
die moralischen Voraussetzungen sind hierfür erst gegeben, wenn ein
Gesinnungsumschwung im Leben der Nationen eingetreten ist, wenn
die Bölker aus dem Gegeneinander zu dem Miteinander streben.
„Z. Das erste Zeichen dieses Gesinnungsumschwunges wäre das
allseitige Bekenntnis zum Handelsfrieden. Der Friede darf nicht zu
einer Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln werden.
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