Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Dieses Ziel kann erreicht werden durch eine unzweideutige Erklärung über die 
zukünftige Wiederherstellung der Souveränität und Integrität Belgiens. Das ist 
das Postulat der englischen und amerikanischen Friedenspartei. Lloyd Georges 
ganzes Ziel ist die Kriegsverlängerung, weil er ihre Folgen für uns kennt. Für 
ihn wäre unsere Erklärung über Belgien der Zwang, öffentlich zu erklären, daß 
er um Elsaß-Lothringens willen den Krieg fortsetzen will. Solange noch Zwei- 
deutigkeit in der belgischen Frage besteht, gelingt es ihm immer noch, den Massen 
glaubhaft zu machen, dieser Krieg würde eigentlich noch um Belgien geführt. 
So täuscht er den Verteidigungscharakter des englischen Krieges vor. 
Diese Erklärung über Belgien würde die Geschlossenheit der Heimatfront in 
Feindesland zerstören und bei uns neu schaffen. 
..Auch deshalb ist dieser Schritt nötig, weil eine politische Offensive der 
Feinde im Werk ist, die Berantwortung für die Fortsetzung des Krieges vor den 
deutschen Massen der deutschen Regierung anzuheften. Lloyd George hat das 
Wort „reconsideration" bezüglich Elsaß-Lothringens natürlich durchaus unehrlich 
gebraucht. Er will die Abtrennung, nicht etwa die Autonomie innerhalb des Deut- 
schen Reichs. Seine Worte waren aber so gewählt, daß in Deutschland geglaubt 
werden sollte, er hätte innerlich schon auf Elsaß-Lothringen verzichtet. Falls also 
unsere Gegenaktion ausbleibt, so kann es leicht dahin kommen, daß die Feinde 
unsere Kräfte sprengen und ihre Kräfte sammeln und damit die Vorbedingung 
für den deutschen Sieg in dem kommenden Entscheidungskampfe zerstören. 
Wir fassen die möglichen Resultate der vorgeschlagenen politischen Aktion 
folgendermaßen zusammen: 
1. Entweder es gelingt den Friedensparteien in England, auf Grund unserer 
unzweideutigen Erklärung über Belgien die Kriegsregierung zu stürzen und ein 
Friedensministerium an ihre Stelle zu setzen; 
2. oder es gelingt der Kriegsregierung Lloyd Georges noch einmal, ein neues 
chauvinistisches Ministerium im Gegensatz zum Volkswillen zu bilden. 
Beide Alternativen sind uns günstig. 
Zu 1: Ein Friedensschluß heute würde ein staatsfrohes deutsches Volk in 
den Frieden hineinführen, das der Armee gegenüber jene Gesinnung bewahren 
würde, wie sie notwendig ist, um in der Zukunft stark zu bleiben. Diese Gesinnung 
muß unrettbar verloren gehen, wenn die Suggestion weiterfrißt, daß die Oberste 
Heeresleitung, und unter ihrem Druck die deutsche Regierung, die Verantwortung 
für die Fortsetzung des Krieges trägt. Die Widerstandskraft unseres Volkes gegen 
die revolutionäre Unruhe müßte schließlich zusammenbrechen. 
Zu 2: Eine Lloyd Georgesche Militärdiktatur wäre die denkbar schwerste Be- 
binderung des englischen Krieges. Der englische Volkskrieg wäre mit einem Male 
ein Regierungskrieg geworden und müßte mit einer entscheidenden Niederlage 
Englands endigen. Die Stimmung der Arbeitermassen würde schließlich auch auf 
die Front Üübergreifen, und unsere Soldaten hätten leichtere Arbeit. 
Deutschland aber wäre gegen jede innere Unruhe geschützt, denn unser Krieg 
wäre wieder zum GVolkskrieg geworden.“ 
Die Warmung schloß mit den Worten, die „wahrhaft prophetisch“ 1 ge- 
nannt worden sind: 
1 Vgl. Schwertfeger, a. a. O., S. 80. 
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