Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

teten Offensive, als später, da die Waffenbrüder das Schlimmste gemein- 
sam ausgestanden hätten. Entscheidend war: beide Herren behandelten 
die Offensive als ein noli me tangere. 
Oberstleutnant v. Haeften fühlte sein Gewissen entlastet: General Luden- 
dorff stellte in diesem Augenblick die ganze Kraft seines Willens und seiner 
Nerven auf die kommende Waffenentscheidung ein. Haeften glaubte nun 
nicht mehr vor seinen Herrn hintreten zu müssen mit der heroischen Zu- 
mutung, noch einmal die Berechtigung der Offensive nachzuprüfen und 
unter Umständen auf sie zu verzichten. „Ich werde dem General Ludendorff 
berichten, daß jetzt ein ehrenvoller Friede nicht zu haben ist.“ Herr von der 
Heydt und vor allem Schweinigß hatten ihn davon überzeugt, daß die Ver- 
ständigung mit England erst nach der Offensive möglich sei. Fast wider- 
strebend nahm er das letzte Kapitel des Ethischen Imperialismus½ mit, als 
er am 8. März früh nach Spa reiste. 
Am gleichen Tage wurde ein neuer Brief Lord Lansdownes im Haag 
bekannt und bildete das Tagesgespräch. Er war im „Daily Telegraph“ 
vom 15. März 1918 erschienen. Was bedeuteten alle die geheimen Infor- 
mationen und Auslegungen gegenüber dem Gewicht dieser öffentlichen 
Kundgebung. Lord Lansdowne fragt den Grafen Hertling, wie er seine 
Erklärung über Belgien gemeint habe, und bittet ihn geradezu, ihm eine 
Antwort zur Verfügung zu stellen, wie er sie in England brauchen könne. 
Ja, er geht so weit, dem Reichskanzler eine zweckentsprechende Interpre- 
tation seiner Forderung vorzuschlagen: „Deutschland muß dagegen sicher- 
gestellt werden, daß Belgien zum Sprungbrett feindlicher Machination 
gemacht werde.“: Lansdowone schreibt: 
„Oiese Ausdrucksweise ist ungünstig ausgelegt worden, und sicherlich läßt sie, be- 
sonders wenn man sie im Licht anderer deutscher Außerungen über den gleichen 
Gegenstand betrachtet, den Schluß zu, daß Graf Hertling im Sinne hat, Be- 
dingungen aufzuerlegen, die Belgien drückenden territorialen, kommerziellen oder 
militärischen Verpflichtungen unterwerfen und dadurch verhindern, eine unab- 
hängige Stellung unter den Nationen Europas einzunehmen. 
Es ist deshalb wohl der Mühe wert, den Wortlaut der Papstnote vom 1. August 
1917 zu prüfen, auf welchen offenbar Graf Hertling sich beruft als eine Beschrei- 
bung der Schritte, die zu geschehen hätten, um die Verwendung Belgiens als 
„Sprungbrett“ zu verhüten. Die wesentliche Stelle lautet folgendermaßen: 
„Offenbar muß seitens Deutschlands eine vollkommene Räumung Gelgiens 
stattfinden mit der Garantie seiner vollen politischen, militärischen und 
wirtschaftlichen Anabhängigkeit gegenüber sämtlichen Mächten.“: 
1 Siehe oben S. 239 und II. Kapitel 5. 
: Wegen des genauen Wortlauts bei Hertling siehe oben S. 237. 
3 Von mir gesperrt. 
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