Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

„Der Brite und der Franzose dürfen nicht glauben, daß die neuen Blut- 
opfer, die sie uns aufgezwungen haben, umsonst gebracht sein sollen. Mit 
der Armee weiß ich, daß der Reichstag diesen Wunsch der Tapferen hier 
vorn, der besten Söhne des Volkes, versteht und auch seinerseits für einen 
kraftvollen deutschen Frieden eintreten wird, der allein uns fortan vor 
dem Kriege verschonen kann.“ 
Ende März erhielt ich den folgenden Situationsbericht: 
„Oberstleutnant v. Haeften reiste, unerwartet hingerufen, Sonntag 
abend zum General Ludendorff, der an einem stillen Ort dicht an der 
Front die Operationen leitet 
„Ich möchte zum Schluß noch einmal ein Wort über die Notwen- 
digkeit des Eingreifens sagen. Es geht gegenwärtig eine chauvinistische 
Welle durchs Land. Nahe Freunde von mir werden mit fortgerissen. 
Es liegt natürlich darin das berechtigte Sich-Wieder-Aufrichten eines 
stolzen Volkes, das sich durch die Frechheit der Feinde ebenso gedemütigt 
fühlte wie durch die Hilferufe an das feindliche Ausland, die Erzberger 
versandte. Kühlmann als Exponent des Verzichtprogramms wird sicher 
früher oder später ersetzt werden . Seine Gegners arbeiten mit Kriegs- 
entschädigung, Niederkämpfung Englands usw. Demgegenüber segze ich 
zwei Bemerkungen her: 
a) Haeften: Ich habe soeben einem Freunde gesagt, ich bin pessimistisch 
trotz des über Erwarten glänzenden militärischen Verlaufs, weil nur 
eine vor Abschluß des Verlaufs einsetzende große ethisch-politische 
Offensive unsere Erfolge fruktifizieren können wird, und die Männer 
zu einer solchen sind nicht da. 
b) Professor [Alfred Weber: Uberläßt man der öffentlichen Meinung, 
dem Druck der widerstreitenden Strömungen, die Lösung der Kühl- 
mann-Krisis, so kommt automatisch Helfferich und dann später die 
Militärdiktatur. Ich sehe nur die einzige Rettung . in der Erwei- 
terung der Macht des Kaisers. Wenn er nur die Kraft bätte, un- 
abhängig von der öffentlichen Meinung zu handeln. 
„Wir dürfen der öffentlichen Meinung keine Schuld geben. Bis heute 
kennt sie nur Verzichtprogramm oder Machtprogramm. Da fällt ihr 
die Wahl nicht schwer in Augenblicken, wo unsere Waffen so glücklich 
sind. Das Drirte, der ethisch fundierte Imperialismus, ist heute eine 
Geheimreligion. Sie durch einen würdigen Mund auf der Höhe der 
militärischen Situation dem erstaunten deutschen Volke und der noch 
mehr überraschten Welt verkünden zu lassen, das ist die große Gelegen- 
heit für den Kaiser, sich seine verlorene Macht wieder zu holen. Wir 
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