Dieses Vertrauen der Massen war ein einzigartiger Trumpf, den der
konservative Staatsmann zu gegebener Zeit ausspielen konnte, wenn es
sich einmal darum handeln würde, die industrielle Gefahr durch einen Ver-
ständigungsfrieden zu bannen.
In der großen Pause der Offensive während des Mai wagen sich auch
die altliberalen Führer vor. Bei der Debatte über den Brief Kaiser Karls!
wird die Neuorientierung Asquiths viel bemerkt.
Aber es fehlt der Opposition die zwingende Dersönlichkeit.
Da tritt General Smuts auf den Plans und setzt sich in klarer Sprache
für den Verständigungsfrieden ein.
„Es scheint mir, wenn dieser Krieg zu Ende kommen soll, wird es für die Kämpfer
von Zeit zu Zeit notwendig sein, zu versuchen, inoffiziell miteinander in Fühlung
zu kommen.“
Die britischen Kriegsziele seien gemäßigt und begrenzt.
„Wir wollen von niemandem Entschädigungen haben. Wir wollen keine Länder,
keine Annexionen.“
OLloyd George selbst steht noch auf dem Standpunkt des Knock-out--
Blows und trifft seine Gegenmaßnahmen.
Die großen Kraftquellen des englischen Krieges werden aufs neue
gespeist:
Einmal das Bewußtsein, mit reiner Hand in den Krieg
gegangen zu sein.“ Dieses Bewußtsein war in letzter Zeit stark durch-
löchert worden. Morels Buch „Truth about the War“ hatte Ein-
druck gemacht, vor allem aber der Suchomlinow-rozeß.
So war es in den letzten Monaten in der englischen Presse über die
Schuldfrage ziemlich still geworden, da kamen die „Enthüllungen“ von
Mühlon und Lichnowsky. Drei Millionen Exemplare werden unter
1 Bom 31. März 1917 an DPrinz Sixtus von Parma, Schwager des Kaisers.
VBgl. Helfferich, a. a. O., S. 65 ff.
: Rede in Glasgow („Manchester Guardian“ 18. Mai 1918).
* Rede in Fairfield Bard, Govan.
4 Auch den englischen Soldaten wurde immer wieder eingeprägt, daß England
die Schlachten der Welt schlüge. Bezeichnend ist der Armeebefehl Haigs, den „Man-
chester Guardian“ am 13. April 1918 veröffentlicht: „Jede Stellung muß bis zum
letzten Mann gehalten werden. Es darf keinen Rückzug geben. Mit dem Rücken
gegen die Mauer, und üÜberzeugt von der Gerechtigkeit unserer Sache, muß jeder
von uns bis zum Ende kämpfen. Die Sicherheit unserer Heimstätten und die Frei-
beit des Menschengeschlechtes hängen gleichermaßen von dem Betragen eines jeden
von uns in diesem kritischen Augenblick ab.“
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