Wahl haben: Maschinengewehre oder parlamentarische Regierung, und an seiner
Wahl kann kein Zweifel sein..
Soll man wirklich die Dinge treiben lassen, bis wieder der Unglücksfall kommt ?.
Diese Warnungen kamen von Männern, deren Tätigkeitsgebiete denkbar
verschieden waren. Aber hinter den drei Briefen stand die gleiche Erkennt-
nis: läßt man die Dinge treiben, so ist Deutschland verloren. Noch ist
viel zu retten, aber nur durch eine entscheidende Wendung unserer Politik.
ch hielt es für gut, Fendrichs Brief dem Kaiser zur Kenntnis zu bringen
und begleitete ihn mit folgendem persönlichen Schreiben:
„Salem, 15. August 1918.
Mein allergnädigster Vetter.
Ich habe mir erlaubt, Freiherrn v. Grünau zu bitten, Dir den Brief Anton
Fendrichs vorzulegen. Der Hilferuf dieses wackeren Alemanmen traf mich in einer
Stimmung, die der seinen entspricht. Aus dieser Abereinstimmung heraus faßte
ich den Entschluß, Dir die Not unseres Volkes nahezubringen in besseren Worten
und aus tieferer Erkenntnis und Wissenschaft heraus als die, über die ich verfüge.
Ou kennst den Mann, dessen Brief den Stempel der Loyalität, der Wahrhaftigkeit
und der Vernunft trägt.
Das Golk sucht seinen Kaiser und muß ihn finden, soll schwerer Schaden nicht
entstehen. Ob mit Recht oder Unrecht, Datsache ist, daß es fürchtet, Ihm entfremdet
zu werden, während es bereit ist, Seiner Führerschaft zu folgen, wenn es die Ge-
wißheit haben darf, von Ihm verstanden zu werden.
VWürden die Millionen tapferer deutscher Soldaten und fleißiger Arbeiter in
den Werkstätten der Kriegsindustrie glauben müssen, daß ihr Kaiser die Kaiser-
treuen dort sucht, wo der „Bund der Kaisertreuen“ sich breit macht, so würde eine
Enttäuschung und eine Gerbitterung sich einstellen, die letzten Endes den Kampf
um die Monarchie auf die Straße trägt und die ersten Quellen verschütten würde,
aus denen der Deutsche bis heute seine Treue zu Kaiser und Reich und seinen Opfer-
mut getrunken hat.
Die Enrfesselung eines Bürgerkrieges, wie der „Reichsverband zur Bekämpfung
der Sozialdemokratie“ und der „Bund der Kaisertreuen“ es tun, ist heute, wo
eine Zusammenfassung aller Kräfte oberstes Gesetz ist, ein Staatsverbrechen und
eine Torheit sondergleichen. Es ist ein Unglück, daß solche Bünde nicht verhindert
werden konnten, es wäre ein noch größeres, würde der geringste Zweifel bestehen
können, daß der Kaiser damit einverstanden ist.
Fendrich hat recht, wenn er sagt, daß die Machenschaften der unabhängigen
Sozialisten Sache der Polizei sind; die Lösung der Frage des Sozialismus an
sich ist Sache der Staatskunst und nicht der Gewalt.
Auch ich sehe kein anderes Mittel zur Abwehr schwerster Schädigung des An-
sehens der Krone und der Schwächung der inneren Front, als einen „Aufruf an
das deutsche Bolk“, in dem erneut das Kaiserwort vom 1. August erhärtet und
auf den kommenden fünften Kriegswinter in Anwendung gebracht wird.
1 Der Abdruck erfolgt nach dem bei meinen Akten befindlichen Entwurf; ob er
wörtlich mit dem Original übereinstimmt, ist mir nicht mehr erinnerlich.
201