Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Am 22. sprach ich in der badischen Kammer über den Völkerbund. Der 
Aufbau beider Reden war mit Haeften besprochen. Solf wie ich be- 
kannten uns zum Perständigungsfrieden und zu den Menschheitszielen, 
aber wir riefen, soweit wir konnten, das Volk zum Kampf auf Leben und 
Tod gegen die feindlichen Machthaber, die uns vernichten und nichts von 
Verhandlungen wissen wollten. Unsere Reden sollten für die Oppositions- 
parteien in den feindlichen Ländern versöhnlich klingen, gegen Lloyd 
George und Clemenceau aber als Fanfaren wirken. 
Solf gab eine Erklärung über Belgien ab. Die Worte Souveränität 
und Integrität standen in seinem Manuskript, auf Grund der Ermäch- 
tigung, die General Ludendorff Oberst v. Haeften am 13. August gegeben 
hatte. Das Auswärtige Amt aber war päpstlicher als der Papst und pro- 
testierte im letzten Augenblick, weil die Oberste Heeresleitung mit diesen 
Worten nicht einverstanden sein würde. So wurde die Stelle abgeschwächt 
und die folgende Fassung gewählt: 
  
„Der Herr Reichskanzler hat im vorigen Monat im Reichstag für jeden, der 
es hören wollte, erklärt, „daß wir nicht beabsichtigen, Belgien in irgend- 
einer Form zu behalten“. Belgien solle nach dem Krieg als selbständiges 
Staatswesen, keinem als Gasall unterworfen, wieder erstehen. Meine 
Herren! Der Wiederherstellung Belgiens steht nichts im Wege als 
der Kriegswille unserer Feinde.“ # 
Der Staatssekretär bereinigte den Brest-Litowsker Frieden: 
„.. Der Friede von Brest-Litowsk kam zustande auf Grund der einen großen 
bereinstimmung zwischen der russischen und der deutschen Regierung, daß die 
jahrhundertelang unterdrückten Fremdvölker Rußlands das von ihnen erstrebte 
nationale Eigendasein erhalten sollten. Diese Ubereinstimmung über das Schicksal 
der Randvölker ist eine weltbedeutende Tatsache, die sich aus der Geschichte nicht 
mehr auslöschen läßt. Nicht über das Ziel, wohl aber über die Methoden und über 
die Wege, die zu dem Eigendasein der Bölker führen sollten, gingen die russische 
und die deutsche Auffassung auseinander. Unsere Auffassung ist nach wie vor die, 
daß der Weg zur Freiheit nicht über Anarchie und Massenmord führen darf. 
Zwischen der ersten Sprengung der Fesseln und der vollen Selbstbestimmungs- 
fähigkeit der Randvölker liegt das natürliche AQbergangsstadium. Bis sich die 
ordnenden Kräfte in den verschiedenen Ländern zusammenfinden, fühlt sich Deutsch. 
land zum Schutg dieser Gemeinwesen berufen, im eigenen wie im allgemeinen 
Interesse, wie denn auch tatsächlich Deutschland von den nationalen Mehrheiten 
und nationalen Minderheiten gerufen worden ist. Der Brest- Litowsker Friede 
ist ein Rahmen, das Bild, das darin entstehen wird, ist erst in seinen ersten An- 
fängen entworfen. Die deutsche Regierung ist entschlossen, den erbetenen und ge- 
gebenen Schutz nicht zu einer gewaltsamen Annexion zu mißbrauchen, 
1 Von mir gesperrt. 
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