Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Niemand wagt von einem Friedensangebot zu sprechen. Der Abgeord- 
nete Fischbeck sagt: 
„Wir müssen den entscheidenden Wert auf eine starke Regierung legen; 
die bekommen wir nur, wenn die Arbeitervertreter in der Regierung sind.“ 
Die Sozialdemokraten, Parteiausschuß und Reichstagsfraktion, tagten 
am 23. September und beschlossen, in eine neu zu bildende NRegierung 
unter bestimmten Bedingungen einzutreten; es sind dies sechs Punkte, 
und sie verdienen eine sorgfältige Analyse: 
Uneingeschränktes Bekenntnis zu der Entschließung des Reichstags vom 
19. Juli 1917 mit der Bereitschaftserklärung, einem Völkerbund beizutreten, 
der auf der Grundlage der friedlichen Verhandlung aller Streitfälle und der all- 
gemeinen Abrüstung beruht. 
Dieser Schritt war in unserer Lage unvermeidlich. 
Gollkommen einwandfreie Erklärung über die belgische Frage, Wiederherstel- 
lung Belgiens, Verständigung über Entschädigung, ebenso Wiederherstellung 
Serbiens und Montenegros. 
Punke 2 bleibt noch hinter der Bechmann Hollwegschen Erklärung vom 
4. August 1914 zurück: „Wir haben ein Unrecht getan und wollen es 
wieder gutmachen.“ 
Die Friedensschlüsse von Brest- Litowsk Iund Bukarest dürfen kein Hindernis 
für den allgemeinen Friedensschluß sein; sofortige Einführung der Zivilverwal. 
tung in allen besetzten Gebieten, demokratische Volksvertretungen sind alsbald 
zu begründen. 
Solfs Erklärung: „Der Brest-Litowsker Friede ist nur ein Nahmen“ 
hatte unserer Politik bereits diese Richtung gewiesen. 
Autonomie Elsaß-Lothringens, f ür alle deutschen Bundesstaaten all. 
gemeines, gleiches, geheimes und unmittelbares Wahlrecht. Der 
preußische Landtag ist aufzulösen, wenn nicht das gleiche Wahlrecht unver- 
züglich aus den Beratungen des Herrenhausausschusses hervorgeht. 
Die Forderung nach der Auflösung des Landtages ist maßvoll formu- 
liert; dem Herrenhaus soll eine Chance gegeben werden, die Auflösung zu 
vermeiden. 
Sofortige Aufhebung aller Bestimmungen, durch die die Bersammlungs- und 
ressefreiheit eingeschränkt wurde; die Zensur darf nur auf rein militärische 
Fragen angewandt werden, Fragen der Kriegsstrategie und Taktik, Truppen- 
bewegungen, Herstellung von Kriegsmaterial. Einrichtung einer politischen 
Kontrollstelle für alle Mußnahmen, die auf Grund des Belagerungszustandes 
verhängt werden, Beseitigung aller militärischen Institutionen, die der poli- 
tischen Beeinflussung dienen. 
Prinz Max von Baden 21 321
	        
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