Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

„So sei die letzte Woche durch Numäniens Eintritt und Hindenburgs Über- 
nahme des Oberbefehls die politisch und militärisch wichtigste seit der Schlacht 
an der Marne.“ 1 
So bieß es damals in der englischen Presse. 
Nach unserem raschen Siegeszug in Rumänien trat in der Stimmung 
der alliierten BVölker der natürliche Rückschlag ein. Die Kampagne des 
Jahres 1916 endete in einer bitteren Enttäuschung auf allen Seiten. Bestes 
Blut war bei uns und bei den Feinden in Strömen geflossen und weder 
wir noch die anderen waren dem Sieg um einen Schritt näher gekommen. 
Das Wort „Toter Punkt“ („deadlock“) war auf aller Lippen. Auch in 
Deutschland wurde die Anmöglichkeit einer rein militärischen Entscheidung 
von vielen eingesehen, in deren Gegenwart man bisher das Wort „Ver- 
ständigungsfrieden“ nicht hatte aussprechen dürfen. Man blickte mit einer 
gewissen fordernden Erwartung auf die leitenden Staatsmänner: was 
werdet ihr tun, um diesen Krieg zu beenden, der bei dem scheinbar er- 
starrten Gleichgewicht der Kräfte sinnlos werden muß? 
Da traten im Herbst 1916 nicht nur vereinzelte Menschen an mich heran, 
die von der bangen und unbestimmten Sorge erfüllt waren: es geht nicht 
gut mit dem Krieg; sondern mir wurde eine wohlinformierte und wohldurch- 
dachte Kritik entgegengebracht, die das Wesen unserer Kriegspolitik angriff 
und die mit gewichtigen Gründen zu beweisen unternahm: wir verlieren den 
Krieg, wenn es so weitergeht. 
Ich kam mit Jakob Noeggerath durch die Großherzogin Luise in 
Verbindung, an die ihn Herr v. Jagow empfohlen hatte. Noeggerath war 
Amerikaner deutscher Abstammung, Enkel eines namhaften Bergmanns 
und Sohn eines berühmten Arztes. Bei Ausbruch des Krieges war er als 
Ingenieur in Deutschland tätig. Er war von Anfang an durchdrungen davon, 
daß deutsches und europäisches Interesse die rechtzeitige Beendigung des Krie- 
ges forderten, und zwar durch eine Verständigung unter den Protagonisten. 
Die Mission der Vereinigten Staaten sah er darin, ihr ungeheures Schwer- 
gewicht in die Wagschale des Friedens und nicht des Krieges zu werfen. 
Zimmermann lernte ihn kennen und schägte ihn besonders wegen seiner 
Kenntnis der angelsächsischen Pspche. Er holte häufig seinen Nat in 
amerikanischen Fragen ein. Noeggerath stand in keinerlei Beziehung zu 
dem deutschen Botschafter in Amerika. Aber ohne sich im einzelnen dessen 
bewußt zu sein, unterstützte er den verzweifelten Kampf, den Graf Bern- 
storff nun schon jahrelang gegen die Erklärung des verschärften U. Boot- 
krieges führte. Immer wieder und mit immer neuen Gründen bestärkte er 
1 „Manchester Guardian“ 31. August 1916. 
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