Teilung der bisher den militärischen Instanzen zugewiesenen Auf-
gaben zwischen „diesen und den in Friedenszeiten berufenen bürger-
lichen Behörden“ — oder
„die Einfügung ausreichender bürgerlicher Elemente in die letztlich
zur Entscheidung berufenen militärischen Stellen“.
Die Majoritätsparteien wurden durch dieses Entgegenkommen in Ver-
legenheit gebracht. Das Zentrum fühlte sich außerstande, gegen Hertling
etwas zu unternehmen, nachdem seine Absicht, zu bleiben, deutlich ge-
worden war.
Oa schlug am gleichen Tage die Nachricht ein: Bulgarien hat sich an
den Feind gewandt. Anter dem Eindruck der schweren militärischen Be-
drängnis zwischen Wardar und Czerna ermächtigte Malinow den Gene-
ralissimus des Feldheeres, dem Oberbefehlshaber der Ententeheere in
Saloniki die Einstellung der Feindseligkeiten vorzuschlagen und Verhand-
lungen mit dem Ziele des Waffenstillstands und eines Abschlusses des
Friedens einzuleiten.
Am Abend dieses Tages brachte der Heeresbericht die ersten Angaben
über die neue große Offensive Fochs:
„In der Champagne und zwischen den Argonnen und der Maas haben auf
breiter Front französisch-amerikanische Angriffe nach elfstündiger Feuervorbe-
reitung begonnen. Der Durchbruch des Feindes ist vereitelt. Der Kampf um
unsere Stellung dauert an.“ (Tagesbericht vom 26. September 1918.)
Haußmann erkannte, daß keine Minute mehr verloren werden durfte.
In dieser Situation wollte er weniger denn je eine vom Parlament ertrotzte
Oösung; auch wußte er, daß die Parteien sich nicht rasch genug einigten,
wenn es galt, blitzschnell zu handeln. So schrieb er am 26. September 1918
in seiner Verzweiflung an Oberst v. Haeften:
„„Kostbare Zeit“ ist verronnen. Was heute geschieht, geschieht unter dem Druck
des Abfalls der Bundesgenossen, der dem Vorläufer Burian folgt und sein
Schrittmacher ist. Die Wirkung auf unsere Heimat und Front wird tief sein. Die
Resignation und der Radikalismus wird Grundstimmung, fassungsloser Sieges-
jubel der Entente wird sich noch steigern.
Soll nicht das Schlimmste — Kopflosigkeit — eintreten, so muß die furchtbare
Ara der Bedenklichkeiten aufhören, vom politischen Handeln abzuhalten. Es muß
versucht werden, nach einheitlichem Hlan zu arbeiten. Weder die Oberste Heeres-
leitung noch die Krone dient den wichtigsten Interessen durch die Sorge vor „Par-
lamentarisierung“ — denn diese ist vielleicht der letzte Wall.
Graf Hertling war seit Wochen keine Kraftquelle; es wird keine Spur von
Hoffnung ausgehen von der Fortdauer seiner Kanzlerschaft.
Drinz Max war gestern, wie vor einem Jahr, eine große Chance und ein Aus-
gleich. Ob er es morgen noch ist, weiß ich nicht. Heute kann er retten, was zu
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