Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

gebot an Wilson herausgehen zu lassen; es handle sich jetzt nur noch um die 
Ausführung. Einen Entwurf zur Note hatte er mitgebracht. 
Ich erklärte demgegenüber: die neue Reichsleitung wäre berechtigt und 
verpflichtet, die Notwendigkeit des Angebots zu prüfen, das sie mit ihrem 
Namen decken sollte. 
Herr v. Payer stimmte mir aus staatsrechtlichen Gründen zu, praktisch 
aber hielt er es für unmöglich, die Verantwortung für eine Verzögerung 
zu übernehmen. 
Einen Augenblick war ich versucht, einen Ausweg darin zu sehen, daß die 
alte Regierung unterzeichnete. Herr v. Payer fürchtete zwar, das Angebot 
würde um alle Wirkung gebracht werden, wenn nicht ein neuer, unbelasteter 
Mann es herausbrächte; aber er fügte Worte hinzu, die mich beschämten: 
„Im äußersten Fall würde ich es tun und meinen guten Namen für die 
Armee hergeben, aber dann würde ich sofort zurücktreten.“ 
Ich sah mich vor die Wahl gestellt, abzureisen oder den Versuch einer 
Regierungsbildung zu unternehmen und zugleich den Kampf gegen das 
Wasffenstillstandsangebot weiterzuführen. Mir war klar, daß meine Ab- 
reise sofort die Anterzeichnung durch Herrn v. Dayer zur Folge haben 
müßte. 
Ich entschloß mich, zu bleiben. Freilich wußte ich damals noch nicht, wie 
weit Herr v. Hingze in der Ausführung seiner Instruktionen gegangen war: 
in der Nacht vom 29. auf den 30. September hatte das Auswärtige Amt 
Wien und Konstantinopel von der in Spa getroffenen Entscheidung unter- 
richtet. · 
Herr v. Haeften begleitete mich in mein Quartier. Ich fühlte immer 
stärker, wie er nur befehlsgemäß den ihm gewordenen Auftrag ausführte; 
innerlich mußte er auf meiner Seite stehen. Hatten wir doch lange genug 
gemeinsam gekämpft gegen politische Aktionen, die die Hybris oder die 
Depression eingab. Ich machte Oberst v. Haeften deutlich: 
Ich würde die Verantwortung dafür übernehmen, daß wir warteten, 
ob wir im Felde geschlagen würden. Das wäre immer noch besser, als jetzt 
den Feind um Waffenstillstand zu bitten. 
Herr v. Haeften versprach mir, meine Auffassung noch in der Nacht 
zur Kenntnis des Generals Ludendorff zu bringen. 
Am 11 Uhr abends hörte ich, daß Haußmann angerufen hätte: man 
spräche von einem Wettlauf mit Bulgarien? — das wäre ja der vollendete 
Wahnsinn. 
1 Bgl. Amtliche AUrkunden Nr. 14. 
: Bulgarien hatte am 26. September um Waffenstillstand gebeten, die Unter- 
zeichnung erfolgte am 29. September nachts. 
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