Ebert hat mich nicht enttäuscht. In einer der Sitzungen seiner Fraktion,
die an diesem Tage stattfanden, erklärte er: Pflicht der Partei ist es, dem
deutschen Volk in diesen unendlich schicksalsschweren Tagen seine Kraft in
jeder Beziehung zur Verfügung zu stellen; er drang mit dieser Auffassung
auch durch gegen Scheidemann, der davor warnte, in ein „bankrottes
Unternehmen“ einzutreten.
Vormittags bald nach 9 Ahr versammelte Herr v. Haper die Führer
der Parteien, um sie durch Major v. d. Bussche, den Vertreter der Ober-
sten Heeresleitung, über die militärische Lage orientieren zu lassen. Ich
wußte nichts von dieser Veranstaltung. Es waren alle Fraktionen ver-
treten. Herr v. Payer hielt es für richtig, auf diese Weise den Stoß ab-
zufangen, der sonst mit überwältigender Wucht des deutschen Volkes Hal-
tung zerbrechen würde.
Es fehlte nicht an ermahnenden Worten in dem Vortrags des Majors
v. d. Bussche:
Heer und Heimat dürften keine Schwäche erkennen lassen, der Gegner
müsse die geschlossene Front der Heimat und den unbeugsamen Willen,
den Krieg fortzusetzen, erkennen, wenn er keinen Frieden oder nur einen
demütigenden Frieden geben wolle.
Aber was bedeuteten diese Wendungen gegenüber seiner Erklärung:
Die Oberste Heeresleitung habe sich veranlaßt gesehen, Seiner Maje-
stät vorzuschlagen, zu versuchen, den Kampf abzubrechen, und es mußte
der Entschluß gefaßt werden, die Fortsetzung des Krieges als aussichts-
los aufzugeben. Jede 24 Stunden können die Lage verschlechtern und
den Feind unsere eigentliche Schwäche erkennen lassen.
Zeugen haben mir später den Eindruck geschildert: Die Abgeordneten
waren ganz gebrochen; Ebert wurde totenblaß und konnte kein Wort her-
ausbringen; der Abgeordnete Stresemann sah aus, als ob ihm etwas zu-
stoßen würde; einzig und allein Graf Westarp begehrte auf gegen die vorbe-
haltlose Annahme der 14 Hunkte. Der Minister v. Waldow soll den Saal
mit den Worten verlassen haben: Jetzt bliebe ja nur übrig, sich eine Kugel
durch den Kopf zu schießen.
Der Pole Seyda und der Anabhängige Haase waren Zeugen des Vor-
trages. Haeften hatte nicht zugegen sein dürfen, sondern wartete draußen
1 Bgl. Scheidemann, Der Zusammenbruch, Berlin 1921, S. 174 ff.
* Bgl. Hayer, a. a. O., S. 101 ff.; Ludendorff, Kriegserinnerungen, S. 585ff.
:* Gedruckt: Ludendorff, Urkunden, S. 535 ff.
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