Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

im Vorzimmer. Seyda kam zuerst heraus, strahlend. Haase stürzte dem 
Abgeordneten Ledebour mit den Worten entgegen: „Jetzt haben wir sie!“1 
So führte der Abgesandte der Obersten Heeresleitung, ohne daß er es 
wollte, den entscheidenden Schlag gegen mich und mein Vorhaben. Die 
innere Front stand bis zu diesem Augenblick noch aufrecht. Eine über- 
mächtige Suggestion hatte sie gehalten, die von den beiden Feldherren 
ausgegangen war: Nur durchhalten, nicht verzagen! — Jetzt sprang der 
Funke der Panik auf die Heimat über. Ich sollte das schon bei meinen 
Verhandlungen mit den Parteiführern spüren. 
Im Perlauf des Morgens ging ich in das Reichsamt des Innern zum 
Bizekanzler. Von dort aus wurde ich mit dem Großherzog telephonisch 
verbunden. Ich mußte sorgenvolle Worte hören; der Großherzog haßte 
den Gedanken, daß ein badischer Prinz mit der Liquidierung des verlorenen 
Krieges beauftragt würde. Er warnte vor den bösen Folgen für mich und 
unser Haus. Ich konnte nur erwidern, daß nach meiner Aberzeugung das 
Opfer gebracht werden müsse. 
Später empfing ich die Abgeordneten Fischbeck und Stresemann. Strese- 
mann war betroffen durch meine Erklärung, daß ich ihn und seine Gesin- 
mungsgenossen in der Opposition brauche, aber nicht in der Regierung. 
Ich hielt den Augenblick für gekommen, um Herrn v. Payer zu unter- 
breiten, wen und wen nicht ich mir als Mitarbeiter wünschte. Aber ich 
mußte feststellen, daß ich auch hier vor vollendete Tatsachen gestellt werden 
sollte.s3 Der Freikonservative Kardorff als Chef der Reichskanzlei sei in der 
gegenwärtigen Situation nicht mehr tragbar. Payer hielt Erzberger für 
unvermeidlich; Haußmann sei von der eigenen Partei nicht nominiert 
worden, überdies würden Sozialdemokraten und Zentrum geltend machen, 
daß die Fortschrittliche Volkspartei ihrer numerischen Stärke entsprechend 
keine weiteren Vertreter in der Regierung beanspruchen könnte. Der Vize- 
kanzler versprach mir, noch einen Versuch zu machen, Ebert statt Scheide- 
mann als Mitarbeiter zu gewinnen, aber er hatte wenig Hoffnung, daß es 
gelingen werde; die Parteien hätten schon bestimmt, wen sie entsenden 
wollten. 
So rächte es sich, daß der Auftrag des Kaisers zur Regierungsbildung 
in die Hände eines zurücktretenden und nicht eines neu berufenen Kanzlers 
gelegt worden war. 
1 UGgl. Bericht Haeftens, a. a. O., S. 376. 
: Ludendorff bezeichnete es bald darauf selbst als einen schweren Fehler, daß er 
damals nicht in Berlin war. VBgl. Haeftens Bericht, a. a. O., S. 377, ferner Luden- 
dorff, Das Friedens- und Waffenstillstandsangebot, Berlin 1919, S. 44. 
2* Vgl. Payer, a. a. O., S. 104 ff. 
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