Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Ein sofortiges Waffenstillstandsangebot ist unwirksam und schädlich; 
es wird in der ganzen Welt als das Eingeständnis der deutschen 
Niederlage wirken; 
es wird den Chauvinismus in Feindesland so stärken, daß Wilson da- 
gegen machtlos sein wird; 
die ganze friedenfördernde Wirkung der neuen Regierungsbildung 
wird unter der Sensation des Waffenstillstandsangebotes verloren gehen. 
Ich schlug dann folgenden Weg vor: 
Keine Absendung einer diplomatischen Note, aber in meiner Antrittsrede: 
Verkündigung eines detaillierten Kriegszielprogramms in „enger, 
aber nicht würdeloser Anlehnung“ an die Wilsonschen Punkte; 
Aufforderung an alle kriegführenden Regierungen, auf dieser Basis 
zu verhandeln. 
Eine ARede könne die psychologische Wirkung eines solchen Angebots 
anders abstimmen als eine diplomatische Note. 
Die verlesene Erklärung schloß mit den Worten: 
„Nur unter einer Voraussecthung bin ich bereit, mich für ein sofortiges 
Absenden einer Note, aber allerdings nicht nur an Wilson, sondern an 
sämtliche Feinde zu erklären. Nämlich für den Fall, daß die Oberste 
Heeresleitung schriftlich erklärt— so daß ich imstande bin, diese Mitteilung 
heute im Kabinett, später öffentlich weiterzugeben —, daß die militärische 
Lage an der Westfront eine Verzögerung der Absendung der Note bis 
zu meiner Rede oder richtiger bis zum Eintreffen der Abermittlung der 
Rede am Sonnabend (5. Oktober) an die Feinde nicht mehr erträgt. 
Hierbei ist aber seitens der Obersten Heeresleitung nur über die mili- 
tärische Lage ein Arteil abzugeben — die Frage, welcher Schritt wirk- 
samer ist, die öffentliche Rede oder Note von Regierung zu Regierung, 
ist nicht Sache des militärischen Gutachtens.“ 
Die Antwort erhielt ich in dem folgenden Brief des Generalfeldmar- 
schalls vom 3. Oktober, nach dessen Anlaß und Zweck ich oft gefragt 
worden bin: 
Berlin, den 3. Oktober 1918.1 
„Die Oberste Heeresleitung bleibt auf ihrer am Sonntag, 
dem 29. September d. J., gestellten Forderung der sofortigen 
1 Amtl. Ark. Nr. 33. Dort wird dieses Schreiben irrtümlich als Antwort auf 
den S. 349 f. angeführten Fragebogen bezeichnet. 
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