Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Daher beabsichtigte ich, General v. Loßberg nach Berlin zu zitieren, 
und gab Auftrag, eine Konferenz der führenden Botschafter nach Berlin 
zu berufen. Rosen (Haag) und Graf Rantzau (Kopenhagen) waren sofort 
abkömmlich, Graf Metternich weilte sowieso in Berlin, Graf Bernstorff 
war noch nicht in Konstantinopel entbehrlich. 
Der Wunsch, neuen militärischen Rat einzuholen, rief sofort ärgerlichen 
Protest seitens der Obersten Heeresleitung hervor. General Ludendorff 
erklärte, in den nächsten Tagen nach Berlin kommen zu wollen und zu 
jeder militärischen Auskunft zur Verfügung zu stehen. 
Ich wollte naturgemäß die mündliche Auseinandersetzung mit Luden- 
dorff abwarten, aber ich war nicht beruhigt, ebensowenig mein Kabinett. 
Gerüchte über die Gesundheit des Generals OLudendorff vermehrten 
unsere Besorgnis. Oberst Bauer war dienstlich in Berlin und hatte sich 
mehreren Chefs gegenüber sehr pessimistisch über den Zustand des Generals 
ausgesprochen. 
Da drang mit einem Male der Alarmruf: Ludendorff muß fort; er hat 
die Nerven verloren — in die Offentlichkeit, aller Kriegszucht zum Trot, 
der sich die Hresse vier Jahre lang so geduldig unterworfen hatte. Walter 
AMathenau schrieb in der „BVossischen Zeitung“ (vom 7. Oktober 1918) 
unter dem Titel: 
„Ein dunkler Tag“: 
„Der Schritt war übereilt. 
Wir alle wollen Frieden. Wir, die wenigen, haben gemahnt und gewarnt, 
als keine Regierung daran dachte, der Wahrheit ins Auge zu blicken. 
Nun hat man sich hinreißen lassen, im unreifen Augenblick, im unreifen Entschluß. 
c) über den Zustand an den feindlichen Fronten, besonders aber hinter den feind- 
lichen Fronten; über die Auffasfung hierüber in neutralen militärischen Kreisen. 
Hieraus leite ich die folgende Forderung ab: 
Für die Sitzungen der Militärs und des Reichskanzlers, die Ende nächster Woche 
darüber abgehalten werden müssen, welche Antwort auf die Wilsons zu geben ist, 
muß der Reichskanzler diesmal in der Lage sein, auf Grund eines klaren Tatbestandes 
seine Entscheidung zu treffen. Hieraus ergeben sich die folgenden Vorschläge: 
1. Die sofortige Herberufung des Generals v. Loßberg. 
2. Die sofortige Herberufung Hermann Stegemanns. 
3. Der Vortrag eines Frontoffiziers sollte entgegengenommen werden, der die 
Kräfte der Freiwilligkeit, die heute noch im Volksheer stecken, miterlebt hat. 
Es hat sich ergeben, daß bei den Dienstag-Donnerstag-Konferenzen ebenfalls 
ganz unzureichende Informationen über die internationale politische Situation vor- 
lagen. Die Frage: Ist der Weg über Wilson besser oder über England? Soll man 
die Antwort auf die Mentalität der englischen Arbeiter abstimmen oder auf die Eitel- 
keit Wilsons 7 Auch diese Frage wurde gar nicht oder höchst oberflächlich diskutiert.“ 
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