Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

gebots in Zweifel zu ziehen und ablehnend oder hinauszögernd zu ant- 
worten. Kein Mensch wußte damals, ob Wilson genügend starken oder 
guten Willens war, um gegen die öffentliche Meinung Amerikas an seinen 
Grundsätzen festzuhalten. Vielleicht wartete er nur auf einen Vorwand, 
um zu schwenken, zumal die Kongreßwahlen bevorstanden. 
Ob wir in der Lage waren, das Räumungsverlangen abzulehnen, darüber 
mußte das militärische Gutachten Klarheit schaffen. 
G eneral Ludendorff war am 9. Oktober eingetroffen. Ich sah ihn kurz 
vor der Sictzung. Er machte nicht den Eindruck, in seiner Gesundbeit er- 
schüttert zu sein. 
Ich hielt es für nötig, an die Entstehung des Angebots zu erinnern; 
wurde doch damals schon der „paziftstische“ Drinz für die Bitte um Waffen- 
stillstand verantwortlich gemacht. Ich sagte dem General: Um unsere 
Schwäche nicht noch weiter zu enthüllen, sei ich nicht in der Lage, in der 
Offentlichkeit die wahren Zusammenhänge aufzuklären. Ich müsse jetzt das 
Angebot mit meinem Namen decken. Darauf erwiderte der General: „Ich 
danke Euer Großherzoglichen Hoheit im Namen der Obersten Heeres- 
leitung und im Namen der Armee.“ 
Im Verlaufe der Sitzungt beantwortete der General Ludendorff die 
ihm am 8. Oktober übersandten Fragen mündlich: 
Frage: Wie lange kann die Armee den Feind jenseits der deutschen 
Grenzen halten, sei es in den jetzigen Stellungen, sei es in allmählicher 
Rückwärtsbewegung? 
Antwort: Grenze der Westfront weit ab, können wir lange schüzzen. 
Angriffe in Lothringen möglich, Gefahr für lothringische Grenze sehe 
ich nicht. Wegen Holland sehe ich keine Gefahr, da Truppen, die etwa 
übertreten, interniert werden würden. 
Frage: Muß auch heute noch mit der Möglichkeit eines 
militärischen Zusammenbruchs vor dem Frühjahr gerechnet 
werden und, bejahendenfalls, besteht diese Gefahr schon 
für die nächsten drei bis vier Wochen? 
Antwort: Gefahr des Durchbruchs besteht immer. Engländer hätten 
beim ersten Tankangriff durchbrechen können. 
Frage: Wie lange wird der augenblickliche kritische Zustand voraus- 
sichtlich noch dauern? Ist der Gefahrpunkt überschritten, wenn der Feind 
sich zur Einstellung seiner Großangriffe genötigt sieht, und wann wird 
dies voraussichtlich der Fall sein? 
Antwort: Ja, nur Großangriffe gefährlich. 
1 Vgl. Amtliche Urkunden Nr. 38. 
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