scheint, über die Maritzamündung gegen Konstantinopel. Soweit ich die
Lage nach den eingegangenen Nachrichten überhaupt einschätzen kann, ist
für die nächste Woche nichts zu besorgen.
Der Reichskanzler: Ich bitte das Auswärtige Amt, sich dazu zu
äußern.
Staatssekretär Solf: Ich bin nicht orientiert.
Graf Roedern: Kann die Donaufront forciert werden?
General Ludendorff: Wenn Konstantinopel fällt, kommt die englische
Flotte ins Schwarze Meer und dann ist Rumänien nicht zu halten. Es
ist aber doch vom Auswärtigen Amt alles getan, um Rumänien bei der
Stange zu halten?
Interstaatssekretär v. Stumm: Sobald die Entente militärisch an Ru-
mänien herankommt, können wir es nicht mehr halten.
General Ludendorff: Das ist auch meine Ansicht.
Der Reichskanzler: Ich komme nun zu einer weiteren Frage: Wie
steht es mit den Reserven der Entente?
Oberst Heye: Vorige Woche hatten die Franzosen 40, die Eng-
länder 25, die Amerikaner 18, die Italiener 1, dazu kommen noch Portu-
giesen, Polen und andere Hilfstruppen, im ganzen 87 Divisionen Reserven
von der Gesamtstärke von 220 Oivisionen.
General Ludendorff: Wir haben 191 Divisionen an der Westfront;
die Zahlen der Divisionen sind also nicht einmal so sehr verschieden, wohl
aber die Stärken. Die französische Division ist auch nur schwach, nicht wesent-
lich höher wie unsere, die englische ist stärker und die 40 amerikanischen sind
recht stark. Die Aberlegenheit an Menschen, über die die Entente gegen uns
verfügt, drückt sich also in den Zahlen der Divisionen nicht hinreichend aus.
Der Reichskanzler: Die elfte Frage lautet: Wie lange ist noch mit
Großangriffen an der Westfront zu rechnen?
General Ludendorff: Das kann weitergehen, kann aber aufhören, ich
weiß es nicht.
Der Reichskanzler: Besteht die Wahrscheinlichkeit einer Aberfüh.
rung weiterer Italiener an die Westfront?
General Ludendorff: Die Möglichkeit, aber nicht die Wahrscheinlich
keit. Die Kriegsmüdigkeit in Italien ist sehr groß.
Graf Roedern: Ist ein Angriff der Italiener über Osterreich gegen
Deutschland ausgeschlossen?
General Ludendorff: Pbhysisch unmöglich ist er nicht; sie können durch
Tirol, aber wir brauchen jetzt nicht damit zu rechnen. Sonst machen wir
uns noch mehr Angst, als wir schon haben. Wenn Italiener gegen Deutsche
fechten, so wird das wohl nur an der Westfront geschehen.
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